Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Dritter Abschnitt. und ihn wirklich in todähnlichen Schlummer versinkenlassen, seinen Anhängern aber von vorn herein den Plan zugeschrieben, den durch einen Trank scheintodt gemach- ten und frühe vom Kreuz abgenommenen in das Leben zurückzurufen 4). Allein von allem dem deuten die Quel- len nichts an, und es zu vermuthen, haben wir keinen Grund. Verständige Freunde der natürlichen Erklärung, welchen dergleichen Ausgeburten eines zügellosen Prag- matisirens zuwider sind, haben daher zur Erklärung von Jesu Wiederbelebung, statt eines Rests von bewusstem Le- ben in ihm, mit der Lebenskraft sich begnügt, welche auch nach dem Schwinden des Bewusstseins im Innersten des jugendkräftigen Körpers Jesu zurückgeblieben war, und statt absichtlicher Pflege durch Menschenhände auf den wohlthätigen Einfluss aufmerksam gemacht, welchen die um seinen Leib gelegten zum Theil wohl öligten Substanzen auf Heilung seiner Wunden, und, zusammengenommen mit der von dem Dufte der Specereien geschwängerten Luft in der Höhle, auf Wiedererweckung des Gefühls und Bewusstseins Jesu gehabt haben müssen 5); wozu man wohl auch noch als entscheidendes Moment die Erschütterung und den Blizstrahl fügte, welcher am Auferstehungsmorgen das Grabmal Jesu eröffnet habe 6). Hiegegen haben jedoch Andere darauf aufmerksam gemacht, wie die kalte Luft in einer Höhle am wenigsten etwas Belebendes haben konnte; wie starke Arome in einem verschlossenen Raume vielmehr betäubend und erstickend wirken 7); die gleiche Wirkung müsste ein in die Gruft schlagender Blizstrahl 4) Xenodoxien (nicht Xenodochien, wie Winer und Hase citi- ren), in der Abh.: Joseph und Nikodemus. Vgl. dagegen Klaiber's Studien der würtemb. Geistlichkeit, 2, 2, S. 84 ff. 5) Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 785 ff. L. J. 1, b, S. 281 ff. 6) Schuster, in Eichhorn's a. Bibl. 9, S. 1053. 7) Winer, b. Realw. 1, S. 674.
Dritter Abschnitt. und ihn wirklich in todähnlichen Schlummer versinkenlassen, seinen Anhängern aber von vorn herein den Plan zugeschrieben, den durch einen Trank scheintodt gemach- ten und frühe vom Kreuz abgenommenen in das Leben zurückzurufen 4). Allein von allem dem deuten die Quel- len nichts an, und es zu vermuthen, haben wir keinen Grund. Verständige Freunde der natürlichen Erklärung, welchen dergleichen Ausgeburten eines zügellosen Prag- matisirens zuwider sind, haben daher zur Erklärung von Jesu Wiederbelebung, statt eines Rests von bewuſstem Le- ben in ihm, mit der Lebenskraft sich begnügt, welche auch nach dem Schwinden des Bewuſstseins im Innersten des jugendkräftigen Körpers Jesu zurückgeblieben war, und statt absichtlicher Pflege durch Menschenhände auf den wohlthätigen Einfluſs aufmerksam gemacht, welchen die um seinen Leib gelegten zum Theil wohl öligten Substanzen auf Heilung seiner Wunden, und, zusammengenommen mit der von dem Dufte der Specereien geschwängerten Luft in der Höhle, auf Wiedererweckung des Gefühls und Bewuſstseins Jesu gehabt haben müssen 5); wozu man wohl auch noch als entscheidendes Moment die Erschütterung und den Blizstrahl fügte, welcher am Auferstehungsmorgen das Grabmal Jesu eröffnet habe 6). Hiegegen haben jedoch Andere darauf aufmerksam gemacht, wie die kalte Luft in einer Höhle am wenigsten etwas Belebendes haben konnte; wie starke Arome in einem verschlossenen Raume vielmehr betäubend und erstickend wirken 7); die gleiche Wirkung müſste ein in die Gruft schlagender Blizstrahl 4) Xenodoxien (nicht Xenodochien, wie Winer und Hase citi- ren), in der Abh.: Joseph und Nikodemus. Vgl. dagegen Klaiber's Studien der würtemb. Geistlichkeit, 2, 2, S. 84 ff. 5) Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 785 ff. L. J. 1, b, S. 281 ff. 6) Schuster, in Eichhorn's a. Bibl. 9, S. 1053. 7) Winer, b. Realw. 1, S. 674.
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Dritter Abschnitt.
und ihn wirklich in todähnlichen Schlummer versinken
lassen, seinen Anhängern aber von vorn herein den Plan
zugeschrieben, den durch einen Trank scheintodt gemach-
ten und frühe vom Kreuz abgenommenen in das Leben
zurückzurufen 4). Allein von allem dem deuten die Quel-
len nichts an, und es zu vermuthen, haben wir keinen
Grund. Verständige Freunde der natürlichen Erklärung,
welchen dergleichen Ausgeburten eines zügellosen Prag-
matisirens zuwider sind, haben daher zur Erklärung von
Jesu Wiederbelebung, statt eines Rests von bewuſstem Le-
ben in ihm, mit der Lebenskraft sich begnügt, welche
auch nach dem Schwinden des Bewuſstseins im Innersten
des jugendkräftigen Körpers Jesu zurückgeblieben war,
und statt absichtlicher Pflege durch Menschenhände auf den
wohlthätigen Einfluſs aufmerksam gemacht, welchen die um
seinen Leib gelegten zum Theil wohl öligten Substanzen
auf Heilung seiner Wunden, und, zusammengenommen
mit der von dem Dufte der Specereien geschwängerten
Luft in der Höhle, auf Wiedererweckung des Gefühls und
Bewuſstseins Jesu gehabt haben müssen 5); wozu man wohl
auch noch als entscheidendes Moment die Erschütterung und
den Blizstrahl fügte, welcher am Auferstehungsmorgen das
Grabmal Jesu eröffnet habe 6). Hiegegen haben jedoch
Andere darauf aufmerksam gemacht, wie die kalte Luft
in einer Höhle am wenigsten etwas Belebendes haben
konnte; wie starke Arome in einem verschlossenen Raume
vielmehr betäubend und erstickend wirken 7); die gleiche
Wirkung müſste ein in die Gruft schlagender Blizstrahl
4) Xenodoxien (nicht Xenodochien, wie Winer und Hase citi-
ren), in der Abh.: Joseph und Nikodemus. Vgl. dagegen
Klaiber's Studien der würtemb. Geistlichkeit, 2, 2, S. 84 ff.
5) Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 785 ff. L. J. 1, b, S. 281 ff.
6) Schuster, in Eichhorn's a. Bibl. 9, S. 1053.
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