sich selbst als einer von höchster Schwierigkeit geschildert wurde, so dieser durch das Verhältniss, in welches die demselben gewachsene Kraft Jesu zu der, wenn auch sonst noch so grossen, doch hier nicht ausreichenden Kraft sei- ner Jünger gestellt wird.
Von den übrigen, kürzer erzählten Dämonenaustrei- bungen ist die Heilung eines dämonisch Stummen und ei- nes ebenso Blindstummen oben bei Gelegenheit des daran sich knüpfenden Vorwurfs eines höllischen Bündnisses, so wie die der zusammengebückten Frau in der allgemeinen Betrachtung über die Dämonischen bereits genügend zur Sprache gekommen; die der besessenen Tochter des kana- näischen Weibes aber (Matth. 15, 22 ff. Marc. 7, 25 ff.) hat nur das Eigenthümliche, dass sie von Jesu durch ein Wort aus der Entfernung bewirkt wird, wovon später.
Wenn nun den evangelischen Berichten zufolge in allen diesen Fällen die Austreibung des Dämons Jesu ge- lungen ist: so bemerkt Paulus, dass diese Art von Heilun- gen, unerachtet sie für das Ansehen Jesu bei der Menge das Meiste gewirkt habe, doch an sich die leichteste ge- wesen sei, und auch de Wette will für die Heilung der Dämonischen, aber auch nur für sie, eine psychologische Erklärung gelten lassen 48); Bemerkungen, welchen wir nicht werden umhin können beizutreten. Denn sehen wir als die wirkliche Grundlage des Zustands der Dämonischen bald eine Art von Verrückung, bald krampfhafte Stimmung des Nervensystems an, so wissen wir, dass auf psychische und Nervenkrankheiten am ehesten auch psychisch einzu- wirken ist, eine Einwirkung, zu welcher bei dem über- wiegenden Ansehen Jesu als Propheten und später selbst als des Messias alle Bedingungen vorhanden waren. Nun aber findet unter solchen Zuständen eine bedeutende Abstu-
48)Paulus, ex. Handb. 1, b, S. 438. L. J. 1, a, S. 223; de Wette, bibl. Dogm. §. 222, Anm. c.
Neuntes Kapitel. §. 89.
sich selbst als einer von höchster Schwierigkeit geschildert wurde, so dieser durch das Verhältniſs, in welches die demselben gewachsene Kraft Jesu zu der, wenn auch sonst noch so groſsen, doch hier nicht ausreichenden Kraft sei- ner Jünger gestellt wird.
Von den übrigen, kürzer erzählten Dämonenaustrei- bungen ist die Heilung eines dämonisch Stummen und ei- nes ebenso Blindstummen oben bei Gelegenheit des daran sich knüpfenden Vorwurfs eines höllischen Bündnisses, so wie die der zusammengebückten Frau in der allgemeinen Betrachtung über die Dämonischen bereits genügend zur Sprache gekommen; die der besessenen Tochter des kana- näischen Weibes aber (Matth. 15, 22 ff. Marc. 7, 25 ff.) hat nur das Eigenthümliche, daſs sie von Jesu durch ein Wort aus der Entfernung bewirkt wird, wovon später.
Wenn nun den evangelischen Berichten zufolge in allen diesen Fällen die Austreibung des Dämons Jesu ge- lungen ist: so bemerkt Paulus, daſs diese Art von Heilun- gen, unerachtet sie für das Ansehen Jesu bei der Menge das Meiste gewirkt habe, doch an sich die leichteste ge- wesen sei, und auch de Wette will für die Heilung der Dämonischen, aber auch nur für sie, eine psychologische Erklärung gelten lassen 48); Bemerkungen, welchen wir nicht werden umhin können beizutreten. Denn sehen wir als die wirkliche Grundlage des Zustands der Dämonischen bald eine Art von Verrückung, bald krampfhafte Stimmung des Nervensystems an, so wissen wir, daſs auf psychische und Nervenkrankheiten am ehesten auch psychisch einzu- wirken ist, eine Einwirkung, zu welcher bei dem über- wiegenden Ansehen Jesu als Propheten und später selbst als des Messias alle Bedingungen vorhanden waren. Nun aber findet unter solchen Zuständen eine bedeutende Abstu-
48)Paulus, ex. Handb. 1, b, S. 438. L. J. 1, a, S. 223; de Wette, bibl. Dogm. §. 222, Anm. c.
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Neuntes Kapitel. §. 89.
sich selbst als einer von höchster Schwierigkeit geschildert
wurde, so dieser durch das Verhältniſs, in welches die
demselben gewachsene Kraft Jesu zu der, wenn auch sonst
noch so groſsen, doch hier nicht ausreichenden Kraft sei-
ner Jünger gestellt wird.
Von den übrigen, kürzer erzählten Dämonenaustrei-
bungen ist die Heilung eines dämonisch Stummen und ei-
nes ebenso Blindstummen oben bei Gelegenheit des daran
sich knüpfenden Vorwurfs eines höllischen Bündnisses, so
wie die der zusammengebückten Frau in der allgemeinen
Betrachtung über die Dämonischen bereits genügend zur
Sprache gekommen; die der besessenen Tochter des kana-
näischen Weibes aber (Matth. 15, 22 ff. Marc. 7, 25 ff.)
hat nur das Eigenthümliche, daſs sie von Jesu durch ein
Wort aus der Entfernung bewirkt wird, wovon später.
Wenn nun den evangelischen Berichten zufolge in
allen diesen Fällen die Austreibung des Dämons Jesu ge-
lungen ist: so bemerkt Paulus, daſs diese Art von Heilun-
gen, unerachtet sie für das Ansehen Jesu bei der Menge
das Meiste gewirkt habe, doch an sich die leichteste ge-
wesen sei, und auch de Wette will für die Heilung der
Dämonischen, aber auch nur für sie, eine psychologische
Erklärung gelten lassen 48); Bemerkungen, welchen wir
nicht werden umhin können beizutreten. Denn sehen wir
als die wirkliche Grundlage des Zustands der Dämonischen
bald eine Art von Verrückung, bald krampfhafte Stimmung
des Nervensystems an, so wissen wir, daſs auf psychische
und Nervenkrankheiten am ehesten auch psychisch einzu-
wirken ist, eine Einwirkung, zu welcher bei dem über-
wiegenden Ansehen Jesu als Propheten und später selbst
als des Messias alle Bedingungen vorhanden waren. Nun
aber findet unter solchen Zuständen eine bedeutende Abstu-
48) Paulus, ex. Handb. 1, b, S. 438. L. J. 1, a, S. 223; de
Wette, bibl. Dogm. §. 222, Anm. c.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/66>, abgerufen am 22.11.2024.
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