Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Viertes Kapitel. §. 134. Fünfhunderten später zu setzen, so dass nach jenem Ein-tritt Jesu in die Jüngerversammlung zunächst die Scene mit Thomas, nach dieser die am galiläischen See, und hier- auf erst der den Fünfhunderten gewährte Anblick folgen würde. Dann aber müsste, wenn doch die Erscheinung vor Thomas dieselbe sein soll mit der fünften bei'm Apo- stel Paulus, dieser die beiden lezten Erscheinungen, wel- che er aufzählt, umgestellt haben, wozu doch kein Grund vorhanden war: vielmehr lag es näher, die Erscheinung vor 500 Brüdern, als die gewichtigste, zulezt zu stellen. Es bliebe also nichts übrig, als zu sagen, Johannes habe unter den mathetais immer nur eine grössere oder kleine- re Versammlung von Aposteln verstanden, unter den Fünf- hunderten aber seien keine Apostel gewesen, desswegen habe er auch diese übergangen, und so mit Recht die Er- scheinung am See Tiberias als die dritte gezählt: wenn diese nämlich vor der auf dem galiläischen Berge stattge- funden haben könnte, was nach dem Obigen undenkbar ist. Es bleibt also nichts übrig, als zu bekennen, der vier- te Evangelist zähle nur diejenigen Erscheinungen Jesu vor seinen Jüngern, welche er selbst erzählt hatte, und davon wird der Grund schwerlich gewesen sein, dass ihm die übrigen aus irgend welchen Ursachen minder bedeu- tend schienen, sondern, dass er nichts von denselben wuss- te. Wie denn auch wiederum Matthäus mit seiner lez- ten galiläischen Erscheinung nichts von den jerusalemischen des Johannes gewusst haben kann; denn wenn sich in der ersten von diesen beiden zehn Apostel, in der zweiten aber selbst Thomas von der Realität der Auferstehung Jesu über- zeugt hatten: so konnten nicht bei jener späteren Erschei- nung auf dem galiläischen Berge noch einige von den Eil- fen Zweifel haben (oi de edisasan V. 17.). Endlich aber, wenn Jesus hier seinen Jüngern schon die lezten Befehle, lehrend und taufend in alle Welt zu gehen, und die Zusa- ge, alle Tage bis zum Ende des gegenwärtigen Äon bei ih- 40 *
Viertes Kapitel. §. 134. Fünfhunderten später zu setzen, so daſs nach jenem Ein-tritt Jesu in die Jüngerversammlung zunächst die Scene mit Thomas, nach dieser die am galiläischen See, und hier- auf erst der den Fünfhunderten gewährte Anblick folgen würde. Dann aber müſste, wenn doch die Erscheinung vor Thomas dieselbe sein soll mit der fünften bei'm Apo- stel Paulus, dieser die beiden lezten Erscheinungen, wel- che er aufzählt, umgestellt haben, wozu doch kein Grund vorhanden war: vielmehr lag es näher, die Erscheinung vor 500 Brüdern, als die gewichtigste, zulezt zu stellen. Es bliebe also nichts übrig, als zu sagen, Johannes habe unter den μαϑηταῖς immer nur eine gröſsere oder kleine- re Versammlung von Aposteln verstanden, unter den Fünf- hunderten aber seien keine Apostel gewesen, deſswegen habe er auch diese übergangen, und so mit Recht die Er- scheinung am See Tiberias als die dritte gezählt: wenn diese nämlich vor der auf dem galiläischen Berge stattge- funden haben könnte, was nach dem Obigen undenkbar ist. Es bleibt also nichts übrig, als zu bekennen, der vier- te Evangelist zähle nur diejenigen Erscheinungen Jesu vor seinen Jüngern, welche er selbst erzählt hatte, und davon wird der Grund schwerlich gewesen sein, daſs ihm die übrigen aus irgend welchen Ursachen minder bedeu- tend schienen, sondern, daſs er nichts von denselben wuſs- te. Wie denn auch wiederum Matthäus mit seiner lez- ten galiläischen Erscheinung nichts von den jerusalemischen des Johannes gewuſst haben kann; denn wenn sich in der ersten von diesen beiden zehn Apostel, in der zweiten aber selbst Thomas von der Realität der Auferstehung Jesu über- zeugt hatten: so konnten nicht bei jener späteren Erschei- nung auf dem galiläischen Berge noch einige von den Eil- fen Zweifel haben (οἱ δὲ ἐδίςασαν V. 17.). Endlich aber, wenn Jesus hier seinen Jüngern schon die lezten Befehle, lehrend und taufend in alle Welt zu gehen, und die Zusa- ge, alle Tage bis zum Ende des gegenwärtigen Äon bei ih- 40 *
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Viertes Kapitel. §. 134.
Fünfhunderten später zu setzen, so daſs nach jenem Ein-
tritt Jesu in die Jüngerversammlung zunächst die Scene
mit Thomas, nach dieser die am galiläischen See, und hier-
auf erst der den Fünfhunderten gewährte Anblick folgen
würde. Dann aber müſste, wenn doch die Erscheinung
vor Thomas dieselbe sein soll mit der fünften bei'm Apo-
stel Paulus, dieser die beiden lezten Erscheinungen, wel-
che er aufzählt, umgestellt haben, wozu doch kein Grund
vorhanden war: vielmehr lag es näher, die Erscheinung
vor 500 Brüdern, als die gewichtigste, zulezt zu stellen.
Es bliebe also nichts übrig, als zu sagen, Johannes habe
unter den μαϑηταῖς immer nur eine gröſsere oder kleine-
re Versammlung von Aposteln verstanden, unter den Fünf-
hunderten aber seien keine Apostel gewesen, deſswegen
habe er auch diese übergangen, und so mit Recht die Er-
scheinung am See Tiberias als die dritte gezählt: wenn
diese nämlich vor der auf dem galiläischen Berge stattge-
funden haben könnte, was nach dem Obigen undenkbar
ist. Es bleibt also nichts übrig, als zu bekennen, der vier-
te Evangelist zähle nur diejenigen Erscheinungen Jesu
vor seinen Jüngern, welche er selbst erzählt hatte, und
davon wird der Grund schwerlich gewesen sein, daſs ihm
die übrigen aus irgend welchen Ursachen minder bedeu-
tend schienen, sondern, daſs er nichts von denselben wuſs-
te. Wie denn auch wiederum Matthäus mit seiner lez-
ten galiläischen Erscheinung nichts von den jerusalemischen
des Johannes gewuſst haben kann; denn wenn sich in der
ersten von diesen beiden zehn Apostel, in der zweiten aber
selbst Thomas von der Realität der Auferstehung Jesu über-
zeugt hatten: so konnten nicht bei jener späteren Erschei-
nung auf dem galiläischen Berge noch einige von den Eil-
fen Zweifel haben (οἱ δὲ ἐδίςασαν V. 17.). Endlich aber,
wenn Jesus hier seinen Jüngern schon die lezten Befehle,
lehrend und taufend in alle Welt zu gehen, und die Zusa-
ge, alle Tage bis zum Ende des gegenwärtigen Äon bei ih-
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