eine befriedigende Vermittlung zwischen beiden Parteien zu Stande gekommen wäre.
Sehen wir von der an die Abweichungen der Begräb- nissgeschichte sich anschliessenden Differenz in Angabe des Zweckes ab, welchen die Frauen bei ihrem Gang zum Grabe hatten, indem sie nach den beiden mittleren Evan- gelisten eine Salbung mit dem Leichnam Jesu vorzuneh- men gedachten, nach den beiden andern nur einen Besuch am Grabe machen wollten, -- so findet zuerst in Bezug auf die Zahl der Frauen, welche diesen Gang machen, die manchfachste Abweichung statt. Nach Lukas sind es un- bestimmt viele, nämlich nicht allein diejenigen, welche er 23, 55. als suneleluthuiai to I. ek tes Galilaias bezeich- net, und von welchen er 24, 10. Maria Magdalena, Johan- na und Maria Jakobi namhaft macht, sondern auch noch tines sun autais (24, 1.). Bei Markus sind es bloss drei Frauen, nämlich zwei von denen, die auch Lukas nennt, die dritte aber, statt der Johanna, Salome (16, 1.). Mat- thäus hat diese dritte, über welche die zwei mittleren Evangelisten differiren, gar nicht, sondern bloss die beiden Marien, über welche sie einig sind (28, 1.). Johannes endlich hat nur die Eine von diesen, die Magdalenerin (20, 1.). -- Die Zeit, in welcher die Frauen zum Grabe gehen, wird gleichfalls nicht ganz gleichförmig bestimmt; denn wenn auch des Matthäus opse sabbaton, te epiphos- kouse eis mian sabbaton keine Differenz macht 1), so ist doch der Zusaz des Markus: anateilantos tou eliou mit dem johanneischen skotias eti ouses und dem orthrou batheos des Lukas im Widerspruch. -- Über den Zustand, in welchem die Frauen zuerst das Grab erblickten, scheint wenigstens zwischen Matthäus und den drei übrigen eine Abweichung stattzufinden. Nach diesen sehen sie, wie sie näher kom-
1) Vgl. Fritzsche z. d. St., und Kern, Tüb. Zeitschr. 1834, 2, S. 102 f.
Viertes Kapitel. §. 133.
eine befriedigende Vermittlung zwischen beiden Parteien zu Stande gekommen wäre.
Sehen wir von der an die Abweichungen der Begräb- niſsgeschichte sich anschlieſsenden Differenz in Angabe des Zweckes ab, welchen die Frauen bei ihrem Gang zum Grabe hatten, indem sie nach den beiden mittleren Evan- gelisten eine Salbung mit dem Leichnam Jesu vorzuneh- men gedachten, nach den beiden andern nur einen Besuch am Grabe machen wollten, — so findet zuerst in Bezug auf die Zahl der Frauen, welche diesen Gang machen, die manchfachste Abweichung statt. Nach Lukas sind es un- bestimmt viele, nämlich nicht allein diejenigen, welche er 23, 55. als συνεληλυϑυῖαι τῷ Ἰ. ἐκ τῆς Γαλιλαίας bezeich- net, und von welchen er 24, 10. Maria Magdalena, Johan- na und Maria Jakobi namhaft macht, sondern auch noch τινὲς σὺν αὐταῖς (24, 1.). Bei Markus sind es bloſs drei Frauen, nämlich zwei von denen, die auch Lukas nennt, die dritte aber, statt der Johanna, Salome (16, 1.). Mat- thäus hat diese dritte, über welche die zwei mittleren Evangelisten differiren, gar nicht, sondern bloſs die beiden Marien, über welche sie einig sind (28, 1.). Johannes endlich hat nur die Eine von diesen, die Magdalenerin (20, 1.). — Die Zeit, in welcher die Frauen zum Grabe gehen, wird gleichfalls nicht ganz gleichförmig bestimmt; denn wenn auch des Matthäus ὀψὲ σαββάτων, τῇ ἐπιφωσ- κου̍σῃ εἰς μίαν σαββάτων keine Differenz macht 1), so ist doch der Zusaz des Markus: ἀνατείλαντος τοῦ ἡλίου mit dem johanneischen σκοτίας ἔτι οὓσης und dem ὄρϑρου βαϑέως des Lukas im Widerspruch. — Über den Zustand, in welchem die Frauen zuerst das Grab erblickten, scheint wenigstens zwischen Matthäus und den drei übrigen eine Abweichung stattzufinden. Nach diesen sehen sie, wie sie näher kom-
1) Vgl. Fritzsche z. d. St., und Kern, Tüb. Zeitschr. 1834, 2, S. 102 f.
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Viertes Kapitel. §. 133.
eine befriedigende Vermittlung zwischen beiden Parteien
zu Stande gekommen wäre.
Sehen wir von der an die Abweichungen der Begräb-
niſsgeschichte sich anschlieſsenden Differenz in Angabe des
Zweckes ab, welchen die Frauen bei ihrem Gang zum
Grabe hatten, indem sie nach den beiden mittleren Evan-
gelisten eine Salbung mit dem Leichnam Jesu vorzuneh-
men gedachten, nach den beiden andern nur einen Besuch
am Grabe machen wollten, — so findet zuerst in Bezug
auf die Zahl der Frauen, welche diesen Gang machen, die
manchfachste Abweichung statt. Nach Lukas sind es un-
bestimmt viele, nämlich nicht allein diejenigen, welche er
23, 55. als συνεληλυϑυῖαι τῷ Ἰ. ἐκ τῆς Γαλιλαίας bezeich-
net, und von welchen er 24, 10. Maria Magdalena, Johan-
na und Maria Jakobi namhaft macht, sondern auch noch
τινὲς σὺν αὐταῖς (24, 1.). Bei Markus sind es bloſs drei
Frauen, nämlich zwei von denen, die auch Lukas nennt,
die dritte aber, statt der Johanna, Salome (16, 1.). Mat-
thäus hat diese dritte, über welche die zwei mittleren
Evangelisten differiren, gar nicht, sondern bloſs die beiden
Marien, über welche sie einig sind (28, 1.). Johannes
endlich hat nur die Eine von diesen, die Magdalenerin
(20, 1.). — Die Zeit, in welcher die Frauen zum Grabe
gehen, wird gleichfalls nicht ganz gleichförmig bestimmt;
denn wenn auch des Matthäus ὀψὲ σαββάτων, τῇ ἐπιφωσ-
κου̍σῃ εἰς μίαν σαββάτων keine Differenz macht 1), so ist
doch der Zusaz des Markus: ἀνατείλαντος τοῦ ἡλίου mit dem
johanneischen σκοτίας ἔτι οὓσης und dem ὄρϑρου βαϑέως des
Lukas im Widerspruch. — Über den Zustand, in welchem
die Frauen zuerst das Grab erblickten, scheint wenigstens
zwischen Matthäus und den drei übrigen eine Abweichung
stattzufinden. Nach diesen sehen sie, wie sie näher kom-
1) Vgl. Fritzsche z. d. St., und Kern, Tüb. Zeitschr. 1834, 2,
S. 102 f.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/610>, abgerufen am 22.11.2024.
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