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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
seiner summarischen Darstellung auch nur übergangen sein
könnte. Befremdender ist, dass die Wächter zu der bei
der Strenge römischer Kriegszucht sehr gefährlichen Lüge,
sie haben ihren Dienst durch Schlafen versäumt, sich so
leicht hergaben, zumal sie bei dem gespannten Verhältniss
des Synedriums zum Procurator nicht wissen konnten,
wie viel ihnen die von dem ersteren zugesagte Vermittlung
nützen würde. Am undenkbarsten aber ist das angebliche
Benehmen der Synedristen. Zwar die Schwierigkeit, wel-
che darin liegt, dass sie am Sabbat zu dem heidnischen
Procurator giengen, sich am Grabe verunreinigten, und ei-
ne Wache ausrücken liessen, hat der Wolfenbüttler auf
die Spitze gestellt; aber ihr Benehmen, als die vom Grab
zurückgekehrte Wache die Auferstehung Jesu meldete, ist
in der That ein unmögliches. Sie glauben der Aussage
der Soldaten, dass Jesus auf wundervolle Weise aus sei-
nem Grabe auferstanden sei. Wie konnte diess der hohe
Rath, der eines guten Theils aus Sadducäern bestand,
glaublich finden? Nicht einmal die Pharisäer in demselben,
welche in thesi die Möglichkeit der Auferstehung behaup-
teten, konnten bei der geringen Meinung, die sie von Jesu
hatten, an die seinige zu glauben geneigt sein, zumal die
Aussage im Munde der weggelaufenen Wächter ganz wie
eine zur Entschuldigung eines Dienstfehlers ersonnene Lü-
ge lautete. Statt dass somit die wirklichen Synedristen bei
einer solchen Aussage der Soldaten erbittert gesagt haben
würden: ihr lügt! ihr habt geschlafen und ihn stehlen las-
sen, aber das werdet ihr theuer bezahlen müssen, wenn es
erst vom Procurator untersucht werden wird, -- statt des-
sen bitten sie dieselben noch schön: lügt doch, ihr habt
geschlafen und ihn stehlen lassen, bezahlen sie noch dazu
theuer für diese Lüge, und versprechen, sie bei'm Procura-

der Synedristen von unbeschreiblichen Gefühlen durchschau-
ert werden lässt, S. 505.

Dritter Abschnitt.
seiner summarischen Darstellung auch nur übergangen sein
könnte. Befremdender ist, daſs die Wächter zu der bei
der Strenge römischer Kriegszucht sehr gefährlichen Lüge,
sie haben ihren Dienst durch Schlafen versäumt, sich so
leicht hergaben, zumal sie bei dem gespannten Verhältniſs
des Synedriums zum Procurator nicht wissen konnten,
wie viel ihnen die von dem ersteren zugesagte Vermittlung
nützen würde. Am undenkbarsten aber ist das angebliche
Benehmen der Synedristen. Zwar die Schwierigkeit, wel-
che darin liegt, daſs sie am Sabbat zu dem heidnischen
Procurator giengen, sich am Grabe verunreinigten, und ei-
ne Wache ausrücken lieſsen, hat der Wolfenbüttler auf
die Spitze gestellt; aber ihr Benehmen, als die vom Grab
zurückgekehrte Wache die Auferstehung Jesu meldete, ist
in der That ein unmögliches. Sie glauben der Aussage
der Soldaten, daſs Jesus auf wundervolle Weise aus sei-
nem Grabe auferstanden sei. Wie konnte dieſs der hohe
Rath, der eines guten Theils aus Sadducäern bestand,
glaublich finden? Nicht einmal die Pharisäer in demselben,
welche in thesi die Möglichkeit der Auferstehung behaup-
teten, konnten bei der geringen Meinung, die sie von Jesu
hatten, an die seinige zu glauben geneigt sein, zumal die
Aussage im Munde der weggelaufenen Wächter ganz wie
eine zur Entschuldigung eines Dienstfehlers ersonnene Lü-
ge lautete. Statt daſs somit die wirklichen Synedristen bei
einer solchen Aussage der Soldaten erbittert gesagt haben
würden: ihr lügt! ihr habt geschlafen und ihn stehlen las-
sen, aber das werdet ihr theuer bezahlen müssen, wenn es
erst vom Procurator untersucht werden wird, — statt des-
sen bitten sie dieselben noch schön: lügt doch, ihr habt
geschlafen und ihn stehlen lassen, bezahlen sie noch dazu
theuer für diese Lüge, und versprechen, sie bei'm Procura-

der Synedristen von unbeschreiblichen Gefühlen durchschau-
ert werden lässt, S. 505.
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[586/0605] Dritter Abschnitt. seiner summarischen Darstellung auch nur übergangen sein könnte. Befremdender ist, daſs die Wächter zu der bei der Strenge römischer Kriegszucht sehr gefährlichen Lüge, sie haben ihren Dienst durch Schlafen versäumt, sich so leicht hergaben, zumal sie bei dem gespannten Verhältniſs des Synedriums zum Procurator nicht wissen konnten, wie viel ihnen die von dem ersteren zugesagte Vermittlung nützen würde. Am undenkbarsten aber ist das angebliche Benehmen der Synedristen. Zwar die Schwierigkeit, wel- che darin liegt, daſs sie am Sabbat zu dem heidnischen Procurator giengen, sich am Grabe verunreinigten, und ei- ne Wache ausrücken lieſsen, hat der Wolfenbüttler auf die Spitze gestellt; aber ihr Benehmen, als die vom Grab zurückgekehrte Wache die Auferstehung Jesu meldete, ist in der That ein unmögliches. Sie glauben der Aussage der Soldaten, daſs Jesus auf wundervolle Weise aus sei- nem Grabe auferstanden sei. Wie konnte dieſs der hohe Rath, der eines guten Theils aus Sadducäern bestand, glaublich finden? Nicht einmal die Pharisäer in demselben, welche in thesi die Möglichkeit der Auferstehung behaup- teten, konnten bei der geringen Meinung, die sie von Jesu hatten, an die seinige zu glauben geneigt sein, zumal die Aussage im Munde der weggelaufenen Wächter ganz wie eine zur Entschuldigung eines Dienstfehlers ersonnene Lü- ge lautete. Statt daſs somit die wirklichen Synedristen bei einer solchen Aussage der Soldaten erbittert gesagt haben würden: ihr lügt! ihr habt geschlafen und ihn stehlen las- sen, aber das werdet ihr theuer bezahlen müssen, wenn es erst vom Procurator untersucht werden wird, — statt des- sen bitten sie dieselben noch schön: lügt doch, ihr habt geschlafen und ihn stehlen lassen, bezahlen sie noch dazu theuer für diese Lüge, und versprechen, sie bei'm Procura- 6) 6) der Synedristen von unbeschreiblichen Gefühlen durchschau- ert werden lässt, S. 505.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/605>, abgerufen am 22.11.2024.