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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
diese Worte den jüdischen Obern in den Mund legen, und
darin die Erfüllung einer Weissagung finden.

Dass von den Zwölfen einer bei der Kreuzigung Jesu
zugegen gewesen wäre, davon melden die zwei vorderen
Evangelisten nichts; sie erwähnen bloss mehrerer galiläischen
Frauen, von welchen sie drei namhaft machen, nämlich
Maria Magdalena, Maria, die Mutter des kleinen Jako-
bus und des Joses, und Matthäus die Mutter der Zebe-
daiden, nach der gewöhnlichen Ansicht dieselbe, welche
Markus Salome nennt (Matth. V. 55 f. Marc. V. 40 f.):
die Zwölfe scheinen sich nach ihnen von ihrer Flucht bei
Jesu Gefangennehmung noch nicht wieder gesammelt ge-
habt zu haben 34). Bei Lukas dagegen sind unter den
pantes oi gnosoi autou, welche er der Kreuzigung zusehen
lässt (V. 49.), wohl auch die Zwölfe mitzubegreifen: das
vierte Evangelium aber nennt von den Jüngern ausdrück-
lich denjenigen, on egapa o I., d. h. den Johannes, als
anwesend, und unter den Frauen, neben Maria Magdalena
und der von Klopas benannten, statt der Mutter der Ze-
bedaiden die eigene Mutter Jesu. Und zwar, während
nach allen übrigen Berichten die Bekannten Jesu makrothen
stehen, müssten dem vierten Evangelium zufolge Johannes
und die Mutter Jesu in der nächsten Nähe des Kreuzes
gestanden haben, da nach dessen Bericht Jesus vom Kreuz
herunter den Johannes zum Stellvertreter in dem kindlichen
Verhältniss zu seiner Mutter beruft (V. 25 ff.). Wenn Olshau-
sen
den Widerspruch, welcher zwischen der synoptischen
Angabe und der johanneischen Voraussetzung von der Stel-
lung der Bekannten Jesu zu seinem Kreuze stattfindet,
durch die Vermuthung zu heben meint, dass dieselben An-
fangs zwar ferne gestanden, späterhin aber einige nahe
an das Kreuz herangetreten seien: so ist hiegegen zu be-

34) Justin, Apol. I, 50. und sonst, spricht gar von Abfall und
Verleugnung aller Jünger nach der Kreuzigung Jesu.

Dritter Abschnitt.
diese Worte den jüdischen Obern in den Mund legen, und
darin die Erfüllung einer Weissagung finden.

Daſs von den Zwölfen einer bei der Kreuzigung Jesu
zugegen gewesen wäre, davon melden die zwei vorderen
Evangelisten nichts; sie erwähnen bloſs mehrerer galiläischen
Frauen, von welchen sie drei namhaft machen, nämlich
Maria Magdalena, Maria, die Mutter des kleinen Jako-
bus und des Joses, und Matthäus die Mutter der Zebe-
daiden, nach der gewöhnlichen Ansicht dieselbe, welche
Markus Salome nennt (Matth. V. 55 f. Marc. V. 40 f.):
die Zwölfe scheinen sich nach ihnen von ihrer Flucht bei
Jesu Gefangennehmung noch nicht wieder gesammelt ge-
habt zu haben 34). Bei Lukas dagegen sind unter den
πάντες οἱ γνωςοὶ αὐτοῦ, welche er der Kreuzigung zusehen
läſst (V. 49.), wohl auch die Zwölfe mitzubegreifen: das
vierte Evangelium aber nennt von den Jüngern ausdrück-
lich denjenigen, ὸν ἠγάπα ὁ Ἰ., d. h. den Johannes, als
anwesend, und unter den Frauen, neben Maria Magdalena
und der von Klopas benannten, statt der Mutter der Ze-
bedaiden die eigene Mutter Jesu. Und zwar, während
nach allen übrigen Berichten die Bekannten Jesu μακρόϑεν
stehen, müſsten dem vierten Evangelium zufolge Johannes
und die Mutter Jesu in der nächsten Nähe des Kreuzes
gestanden haben, da nach dessen Bericht Jesus vom Kreuz
herunter den Johannes zum Stellvertreter in dem kindlichen
Verhältniſs zu seiner Mutter beruft (V. 25 ff.). Wenn Olshau-
sen
den Widerspruch, welcher zwischen der synoptischen
Angabe und der johanneischen Voraussetzung von der Stel-
lung der Bekannten Jesu zu seinem Kreuze stattfindet,
durch die Vermuthung zu heben meint, daſs dieselben An-
fangs zwar ferne gestanden, späterhin aber einige nahe
an das Kreuz herangetreten seien: so ist hiegegen zu be-

34) Justin, Apol. I, 50. und sonst, spricht gar von Abfall und
Verleugnung aller Jünger nach der Kreuzigung Jesu.
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[546/0565] Dritter Abschnitt. diese Worte den jüdischen Obern in den Mund legen, und darin die Erfüllung einer Weissagung finden. Daſs von den Zwölfen einer bei der Kreuzigung Jesu zugegen gewesen wäre, davon melden die zwei vorderen Evangelisten nichts; sie erwähnen bloſs mehrerer galiläischen Frauen, von welchen sie drei namhaft machen, nämlich Maria Magdalena, Maria, die Mutter des kleinen Jako- bus und des Joses, und Matthäus die Mutter der Zebe- daiden, nach der gewöhnlichen Ansicht dieselbe, welche Markus Salome nennt (Matth. V. 55 f. Marc. V. 40 f.): die Zwölfe scheinen sich nach ihnen von ihrer Flucht bei Jesu Gefangennehmung noch nicht wieder gesammelt ge- habt zu haben 34). Bei Lukas dagegen sind unter den πάντες οἱ γνωςοὶ αὐτοῦ, welche er der Kreuzigung zusehen läſst (V. 49.), wohl auch die Zwölfe mitzubegreifen: das vierte Evangelium aber nennt von den Jüngern ausdrück- lich denjenigen, ὸν ἠγάπα ὁ Ἰ., d. h. den Johannes, als anwesend, und unter den Frauen, neben Maria Magdalena und der von Klopas benannten, statt der Mutter der Ze- bedaiden die eigene Mutter Jesu. Und zwar, während nach allen übrigen Berichten die Bekannten Jesu μακρόϑεν stehen, müſsten dem vierten Evangelium zufolge Johannes und die Mutter Jesu in der nächsten Nähe des Kreuzes gestanden haben, da nach dessen Bericht Jesus vom Kreuz herunter den Johannes zum Stellvertreter in dem kindlichen Verhältniſs zu seiner Mutter beruft (V. 25 ff.). Wenn Olshau- sen den Widerspruch, welcher zwischen der synoptischen Angabe und der johanneischen Voraussetzung von der Stel- lung der Bekannten Jesu zu seinem Kreuze stattfindet, durch die Vermuthung zu heben meint, daſs dieselben An- fangs zwar ferne gestanden, späterhin aber einige nahe an das Kreuz herangetreten seien: so ist hiegegen zu be- 34) Justin, Apol. I, 50. und sonst, spricht gar von Abfall und Verleugnung aller Jünger nach der Kreuzigung Jesu.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/565>, abgerufen am 22.11.2024.