Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Drittes Kapitel. §. 126. des Orakels von Jehova befohlen, das schlechte Geld, womiter abgelohnt worden war, in das Gotteshaus, und zwar elhay'vtser, zu werfen, und er bemerkt, dass er diess ge- than habe. Der Hinwerfende ist im Orakel dieselbe Per- son mit dem Sprechenden, also mit dem des geringen Prei- ses werth Geachteten, weil hier das Geld nicht Kaufpreiss, sondern Lohn ist, folglich eben von dem so schlecht Be- lohnten eingenommen wird, und nur von diesem wieder hingeworfen werden kann: in der Anwendung des Evan- gelisten dagegen, wo das Geld ein Kaufpreiss ist, war ein anderer als der so gering Angeschlagene als derjenige zu denken, welcher das Geld eingenommen und wieder hin- geworfen habe. War der um so geringen Preiss Verkaufte Jesus: so konnte der, welcher das Geld eingezogen hatte und wieder hinwarf, nur sein Verräther sein. Daher heisst es nun von diesem, er habe die argiria en to naio hinge- worfen, entsprechend dem vaash@lyk@ otv beyt y@hvah in der Pro- phetenstelle, obwohl gerade diese Worte in der höchst ent- stellenden Anführung des Matthäus fehlen. Nun aber stand neben dem beyt y@hvah, wohin das Geld geworfen worden war, noch der Beisaz: elhay'vtser Die LXX. übersezt: eis to khoneuterion, in den Schmelzofen; jezt vermuthet man mit Grund, es sei elhay'vtsar, in den Schatz, zu lesen 17); der Verfasser unsres Evangeliums blieb bei der wörtlichen Übersetzung durch kerameus. Was aber der Töpfer hier thun, warum ihm das Geld gegeben werden sollte, musste ihm zunächst ebenso unverständlich sein, wie uns, wenn wir bei der gewöhnlichen Lesart bleiben. Nun fiel ihm aber der Blutacker ein, welchem, wie wir aus der A. G. sehen, die christliche Sage eine Beziehung auf den Judas gegeben hatte, und so ergab sich die willkommene Combination, je- 17) Hitzig, in Ullmann's und Umbreit's Studien, 1830, 1, S. 35.
Gesenius, im Lex., vgl. Rosenmüller's Scholia in V. T. 7, 4, S. 320 ff. Drittes Kapitel. §. 126. des Orakels von Jehova befohlen, das schlechte Geld, womiter abgelohnt worden war, in das Gotteshaus, und zwar אֶל־הַיּוֺצֵר, zu werfen, und er bemerkt, daſs er dieſs ge- than habe. Der Hinwerfende ist im Orakel dieselbe Per- son mit dem Sprechenden, also mit dem des geringen Prei- ses werth Geachteten, weil hier das Geld nicht Kaufpreiſs, sondern Lohn ist, folglich eben von dem so schlecht Be- lohnten eingenommen wird, und nur von diesem wieder hingeworfen werden kann: in der Anwendung des Evan- gelisten dagegen, wo das Geld ein Kaufpreiſs ist, war ein anderer als der so gering Angeschlagene als derjenige zu denken, welcher das Geld eingenommen und wieder hin- geworfen habe. War der um so geringen Preiſs Verkaufte Jesus: so konnte der, welcher das Geld eingezogen hatte und wieder hinwarf, nur sein Verräther sein. Daher heiſst es nun von diesem, er habe die ἀργίρια ἐν τῷ ναιῷ hinge- worfen, entsprechend dem וָאַשְׁלׅיךְ אֹתוֺ בֵית יְהוָֺה in der Pro- phetenstelle, obwohl gerade diese Worte in der höchst ent- stellenden Anführung des Matthäus fehlen. Nun aber stand neben dem בֵית יְהוָֺה, wohin das Geld geworfen worden war, noch der Beisaz: אֶל־הַיּוֺצֵר Die LXX. übersezt: εἰς το χωνευτήριον, in den Schmelzofen; jezt vermuthet man mit Grund, es sei אֶל־הַיּוֺצָר, in den Schatz, zu lesen 17); der Verfasser unsres Evangeliums blieb bei der wörtlichen Übersetzung durch κεραμεύς. Was aber der Töpfer hier thun, warum ihm das Geld gegeben werden sollte, muſste ihm zunächst ebenso unverständlich sein, wie uns, wenn wir bei der gewöhnlichen Lesart bleiben. Nun fiel ihm aber der Blutacker ein, welchem, wie wir aus der A. G. sehen, die christliche Sage eine Beziehung auf den Judas gegeben hatte, und so ergab sich die willkommene Combination, je- 17) Hitzig, in Ullmann's und Umbreit's Studien, 1830, 1, S. 35.
Gesenius, im Lex., vgl. Rosenmüller's Scholia in V. T. 7, 4, S. 320 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0526" n="507"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Kapitel</hi>. §. 126.</fw><lb/> des Orakels von Jehova befohlen, das schlechte Geld, womit<lb/> er abgelohnt worden war, in das Gotteshaus, und zwar<lb/><foreign xml:lang="heb">אֶל־הַיּוֺצֵר</foreign>, zu werfen, und er bemerkt, daſs er dieſs ge-<lb/> than habe. Der Hinwerfende ist im Orakel dieselbe Per-<lb/> son mit dem Sprechenden, also mit dem des geringen Prei-<lb/> ses werth Geachteten, weil hier das Geld nicht Kaufpreiſs,<lb/> sondern Lohn ist, folglich eben von dem so schlecht Be-<lb/> lohnten eingenommen wird, und nur von diesem wieder<lb/> hingeworfen werden kann: in der Anwendung des Evan-<lb/> gelisten dagegen, wo das Geld ein Kaufpreiſs ist, war ein<lb/> anderer als der so gering Angeschlagene als derjenige zu<lb/> denken, welcher das Geld eingenommen und wieder hin-<lb/> geworfen habe. War der um so geringen Preiſs Verkaufte<lb/> Jesus: so konnte der, welcher das Geld eingezogen hatte<lb/> und wieder hinwarf, nur sein Verräther sein. Daher heiſst<lb/> es nun von diesem, er habe die <foreign xml:lang="ell">ἀργίρια ἐν τῷ ναιῷ</foreign> hinge-<lb/> worfen, entsprechend dem <foreign xml:lang="heb">וָאַשְׁלׅיךְ אֹתוֺ בֵית יְהוָֺה</foreign> in der Pro-<lb/> phetenstelle, obwohl gerade diese Worte in der höchst ent-<lb/> stellenden Anführung des Matthäus fehlen. Nun aber stand<lb/> neben dem <foreign xml:lang="heb">בֵית יְהוָֺה</foreign>, wohin das Geld geworfen worden<lb/> war, noch der Beisaz: <foreign xml:lang="heb">אֶל־הַיּוֺצֵר</foreign> Die LXX. übersezt: <foreign xml:lang="ell">εἰς<lb/> το χωνευτήριον</foreign>, in den Schmelzofen; jezt vermuthet man<lb/> mit Grund, es sei <foreign xml:lang="heb">אֶל־הַיּוֺצָר</foreign>, in den Schatz, zu lesen <note place="foot" n="17)"><hi rendition="#k">Hitzig</hi>, in <hi rendition="#k">Ullmann's</hi> und <hi rendition="#k">Umbreit's</hi> Studien, 1830, 1, S. 35.<lb/><hi rendition="#k">Gesenius</hi>, im Lex., vgl. <hi rendition="#k">Rosenmüller's</hi> Scholia in V. T. 7, 4,<lb/> S. 320 ff.</note>;<lb/> der Verfasser unsres Evangeliums blieb bei der wörtlichen<lb/> Übersetzung durch κεραμεύς. Was aber der Töpfer hier<lb/> thun, warum ihm das Geld gegeben werden sollte, muſste<lb/> ihm zunächst ebenso unverständlich sein, wie uns, wenn<lb/> wir bei der gewöhnlichen Lesart bleiben. Nun fiel ihm aber<lb/> der Blutacker ein, welchem, wie wir aus der A. G. sehen,<lb/> die christliche Sage eine Beziehung auf den Judas gegeben<lb/> hatte, und so ergab sich die willkommene Combination, je-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [507/0526]
Drittes Kapitel. §. 126.
des Orakels von Jehova befohlen, das schlechte Geld, womit
er abgelohnt worden war, in das Gotteshaus, und zwar
אֶל־הַיּוֺצֵר, zu werfen, und er bemerkt, daſs er dieſs ge-
than habe. Der Hinwerfende ist im Orakel dieselbe Per-
son mit dem Sprechenden, also mit dem des geringen Prei-
ses werth Geachteten, weil hier das Geld nicht Kaufpreiſs,
sondern Lohn ist, folglich eben von dem so schlecht Be-
lohnten eingenommen wird, und nur von diesem wieder
hingeworfen werden kann: in der Anwendung des Evan-
gelisten dagegen, wo das Geld ein Kaufpreiſs ist, war ein
anderer als der so gering Angeschlagene als derjenige zu
denken, welcher das Geld eingenommen und wieder hin-
geworfen habe. War der um so geringen Preiſs Verkaufte
Jesus: so konnte der, welcher das Geld eingezogen hatte
und wieder hinwarf, nur sein Verräther sein. Daher heiſst
es nun von diesem, er habe die ἀργίρια ἐν τῷ ναιῷ hinge-
worfen, entsprechend dem וָאַשְׁלׅיךְ אֹתוֺ בֵית יְהוָֺה in der Pro-
phetenstelle, obwohl gerade diese Worte in der höchst ent-
stellenden Anführung des Matthäus fehlen. Nun aber stand
neben dem בֵית יְהוָֺה, wohin das Geld geworfen worden
war, noch der Beisaz: אֶל־הַיּוֺצֵר Die LXX. übersezt: εἰς
το χωνευτήριον, in den Schmelzofen; jezt vermuthet man
mit Grund, es sei אֶל־הַיּוֺצָר, in den Schatz, zu lesen 17);
der Verfasser unsres Evangeliums blieb bei der wörtlichen
Übersetzung durch κεραμεύς. Was aber der Töpfer hier
thun, warum ihm das Geld gegeben werden sollte, muſste
ihm zunächst ebenso unverständlich sein, wie uns, wenn
wir bei der gewöhnlichen Lesart bleiben. Nun fiel ihm aber
der Blutacker ein, welchem, wie wir aus der A. G. sehen,
die christliche Sage eine Beziehung auf den Judas gegeben
hatte, und so ergab sich die willkommene Combination, je-
17) Hitzig, in Ullmann's und Umbreit's Studien, 1830, 1, S. 35.
Gesenius, im Lex., vgl. Rosenmüller's Scholia in V. T. 7, 4,
S. 320 ff.
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