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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
handeln, nämlich als Sagen, von welchen erst auszumachen
ist, wie weit ihr geschichtlicher Kern, und wie weit das
traditionell Aufgetragene geht: so müssen wir die Anhalts-
punkte betrachten, an welche die Erzählungen sich knü-
pfen. Hier zeigt sich ein beiden gemeinsamer, neben zwei
andern, deren einen jede für sich eigen hat. Gemeinschaft-
lich ist beiden Relationen das Datum, dass es in oder bei
Jerusalem ein Grundstüek gegeben habe, das agros oder
khorion aimatns, in der Ursprache nach der Angabe der
A. G. akeldama, hiess. Da in dieser Notiz zwei sonst so
ganz auseinandergehende Berichte zusammentreffen, und
überdiess der Verfasser des ersten Evangeliums sich darauf
beruft, dass noch zu seiner Zeit jener Name des Ackers
vorhanden gewesen sei: so darf die Existenz eines so be-
nannten Grundstücks wohl nicht bezweifelt werden. Dass
es eine wirkliche Beziehung auf den Verräther Jesu ge-
habt habe, ist schon weniger gewiss, da unsre beiden Re-
lationen diese Beziehung verschieden angeben: der eine
den Judas selbst das Gut erwerben, der andere es erst
nach seinem Tod um die 30 Silberlinge gekauft werden
lässt. Wir können daher nur so viel sagen, dass die ur-
christliche Sage jenem Blutacker frühzeitig eine Beziehung
auf den Verräther gegeben haben muss. Warum aber in
verschiedener Weise, davon ist der Grund in dem andern
Anhaltspunkt unsrer Erzählungen zu suchen, in den A.-
T. lichen Stellen nämlich, welche die Referenten, jeder
übrigens andere, als erfüllt durch das Schicksal des Judas
anführen.

In der Stelle der A. G. wird Ps. 69, 26. und Ps. 109, 8.
in dieser Weise angeführt. Der leztere ist ein Psalm, wel-
chen die ersten Christen aus den Juden gar nicht umhin
konnten, auf das Verhältniss des Judas zu Jesu zu bezie-
hen. Denn nicht nur spricht der Verfasser (angeblich Da-
vid, ohne Zweifel aber ein weit späterer 13)) von vorne her-

13) s. de Wette, z. d. Ps.

Dritter Abschnitt.
handeln, nämlich als Sagen, von welchen erst auszumachen
ist, wie weit ihr geschichtlicher Kern, und wie weit das
traditionell Aufgetragene geht: so müssen wir die Anhalts-
punkte betrachten, an welche die Erzählungen sich knü-
pfen. Hier zeigt sich ein beiden gemeinsamer, neben zwei
andern, deren einen jede für sich eigen hat. Gemeinschaft-
lich ist beiden Relationen das Datum, daſs es in oder bei
Jerusalem ein Grundstüek gegeben habe, das ἀγρὸς oder
χωρίον αἵματνς, in der Ursprache nach der Angabe der
A. G. ἀκελδαμὰ, hieſs. Da in dieser Notiz zwei sonst so
ganz auseinandergehende Berichte zusammentreffen, und
überdieſs der Verfasser des ersten Evangeliums sich darauf
beruft, daſs noch zu seiner Zeit jener Name des Ackers
vorhanden gewesen sei: so darf die Existenz eines so be-
nannten Grundstücks wohl nicht bezweifelt werden. Daſs
es eine wirkliche Beziehung auf den Verräther Jesu ge-
habt habe, ist schon weniger gewiſs, da unsre beiden Re-
lationen diese Beziehung verschieden angeben: der eine
den Judas selbst das Gut erwerben, der andere es erst
nach seinem Tod um die 30 Silberlinge gekauft werden
läſst. Wir können daher nur so viel sagen, daſs die ur-
christliche Sage jenem Blutacker frühzeitig eine Beziehung
auf den Verräther gegeben haben muſs. Warum aber in
verschiedener Weise, davon ist der Grund in dem andern
Anhaltspunkt unsrer Erzählungen zu suchen, in den A.-
T. lichen Stellen nämlich, welche die Referenten, jeder
übrigens andere, als erfüllt durch das Schicksal des Judas
anführen.

In der Stelle der A. G. wird Ps. 69, 26. und Ps. 109, 8.
in dieser Weise angeführt. Der leztere ist ein Psalm, wel-
chen die ersten Christen aus den Juden gar nicht umhin
konnten, auf das Verhältniſs des Judas zu Jesu zu bezie-
hen. Denn nicht nur spricht der Verfasser (angeblich Da-
vid, ohne Zweifel aber ein weit späterer 13)) von vorne her-

13) s. de Wette, z. d. Ps.
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[504/0523] Dritter Abschnitt. handeln, nämlich als Sagen, von welchen erst auszumachen ist, wie weit ihr geschichtlicher Kern, und wie weit das traditionell Aufgetragene geht: so müssen wir die Anhalts- punkte betrachten, an welche die Erzählungen sich knü- pfen. Hier zeigt sich ein beiden gemeinsamer, neben zwei andern, deren einen jede für sich eigen hat. Gemeinschaft- lich ist beiden Relationen das Datum, daſs es in oder bei Jerusalem ein Grundstüek gegeben habe, das ἀγρὸς oder χωρίον αἵματνς, in der Ursprache nach der Angabe der A. G. ἀκελδαμὰ, hieſs. Da in dieser Notiz zwei sonst so ganz auseinandergehende Berichte zusammentreffen, und überdieſs der Verfasser des ersten Evangeliums sich darauf beruft, daſs noch zu seiner Zeit jener Name des Ackers vorhanden gewesen sei: so darf die Existenz eines so be- nannten Grundstücks wohl nicht bezweifelt werden. Daſs es eine wirkliche Beziehung auf den Verräther Jesu ge- habt habe, ist schon weniger gewiſs, da unsre beiden Re- lationen diese Beziehung verschieden angeben: der eine den Judas selbst das Gut erwerben, der andere es erst nach seinem Tod um die 30 Silberlinge gekauft werden läſst. Wir können daher nur so viel sagen, daſs die ur- christliche Sage jenem Blutacker frühzeitig eine Beziehung auf den Verräther gegeben haben muſs. Warum aber in verschiedener Weise, davon ist der Grund in dem andern Anhaltspunkt unsrer Erzählungen zu suchen, in den A.- T. lichen Stellen nämlich, welche die Referenten, jeder übrigens andere, als erfüllt durch das Schicksal des Judas anführen. In der Stelle der A. G. wird Ps. 69, 26. und Ps. 109, 8. in dieser Weise angeführt. Der leztere ist ein Psalm, wel- chen die ersten Christen aus den Juden gar nicht umhin konnten, auf das Verhältniſs des Judas zu Jesu zu bezie- hen. Denn nicht nur spricht der Verfasser (angeblich Da- vid, ohne Zweifel aber ein weit späterer 13)) von vorne her- 13) s. de Wette, z. d. Ps.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/523>, abgerufen am 22.11.2024.