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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zweites Kapitel. §. 118.
Ritus einsetzen, sondern nur so, dass er ihn dunkle Wor-
te von der Nothwendigkeit, sein Fleisch zu essen und sein
Blut zu trinken, sprechen liess, welche, nur aus dem nach
seinem Tode in der Gemeinde aufgekommenen Abendmahls-
ritus verständlich, als indirekte Stiftung von diesem ange-
sehen werden konnten.

Dass, so wenig als Johannes von der Einsetzung des
Abendmahls, die Synoptiker von der Fusswaschung etwas
gewusst haben können, weil sie derselben keine Erwäh-
nung thun, diess kann theils wegen der minderen Wich-
tigkeit der Sache und der hier mehr fragmentarischen
Darstellung dieser Evangelisten nicht so bestimmt behaup-
tet werden, theils hat, wie oben bemerkt, Lukas in dem
Rangstreit V. 24 ff. etwas, das mit jener Fusswaschung,
als Anlass derselben, zusammenzuhängen, manchen Erklä-
rern geschienen hat 10). Ist nun aber in Bezug auf diesen
Rangstreit bereits oben dargelegt, wie er, in den Zusam-
menhang der vorliegenden Scene nicht passend, nur einer
zufälligen Ideenassociation des Erzählers seine Stelle ver-
danke 11): so könnte die Fusswaschungsscene bei Johan-
nes nur die sagenhafte Ausführung einer synoptischen De-
muthsrede zu sein scheinen. Wenn nämlich bei Matthäus
(20, 26 ff.) Jesus seine Jünger ermahnt, wer unter ihnen
gross sein wolle, der solle der andern diakonos sein, gleich-
wie er nicht gekommen sei, diakonethenai, alla diakone-
sai, und wenn er diess hier bei Lukas (22, 27.) in der
Frage ausdrückt: tis gar meizon; o anakeimenos, e o dia-
konon; und mit der Hinweisung verbindet: ego de eimi en
meso umon os o diakonon: so könnte zwar sehr wohl Je-
sus selbst für gut gefunden haben, diesen Ausspruch durch
ein wirkliches diakonein inmitten seiner, die Rolle der ana-
keimenoi spielenden Jünger zu veranschaulichen, ebensogut

10) Sieffert, S. 153. Paulus und Olshausen, z. d. St.
11) 1. Band, S. 699 f.

Zweites Kapitel. §. 118.
Ritus einsetzen, sondern nur so, daſs er ihn dunkle Wor-
te von der Nothwendigkeit, sein Fleisch zu essen und sein
Blut zu trinken, sprechen lieſs, welche, nur aus dem nach
seinem Tode in der Gemeinde aufgekommenen Abendmahls-
ritus verständlich, als indirekte Stiftung von diesem ange-
sehen werden konnten.

Daſs, so wenig als Johannes von der Einsetzung des
Abendmahls, die Synoptiker von der Fuſswaschung etwas
gewuſst haben können, weil sie derselben keine Erwäh-
nung thun, dieſs kann theils wegen der minderen Wich-
tigkeit der Sache und der hier mehr fragmentarischen
Darstellung dieser Evangelisten nicht so bestimmt behaup-
tet werden, theils hat, wie oben bemerkt, Lukas in dem
Rangstreit V. 24 ff. etwas, das mit jener Fuſswaschung,
als Anlaſs derselben, zusammenzuhängen, manchen Erklä-
rern geschienen hat 10). Ist nun aber in Bezug auf diesen
Rangstreit bereits oben dargelegt, wie er, in den Zusam-
menhang der vorliegenden Scene nicht passend, nur einer
zufälligen Ideenassociation des Erzählers seine Stelle ver-
danke 11): so könnte die Fuſswaschungsscene bei Johan-
nes nur die sagenhafte Ausführung einer synoptischen De-
muthsrede zu sein scheinen. Wenn nämlich bei Matthäus
(20, 26 ff.) Jesus seine Jünger ermahnt, wer unter ihnen
groſs sein wolle, der solle der andern διάκονος sein, gleich-
wie er nicht gekommen sei, διακονηϑῆναι, ἀλλὰ διακονῆ-
σαι, und wenn er dieſs hier bei Lukas (22, 27.) in der
Frage ausdrückt: τίς γὰρ μείζων; ὁ ἀνακείμενος, ἢ ὁ δια-
κονῶν; und mit der Hinweisung verbindet: ἐγὼ δέ εἰμι ἐν
μέσῳ ὑμῶν ὡς ὁ διακονῶν: so könnte zwar sehr wohl Je-
sus selbst für gut gefunden haben, diesen Ausspruch durch
ein wirkliches διακονεῖν inmitten seiner, die Rolle der ἀνα-
κείμενοι spielenden Jünger zu veranschaulichen, ebensogut

10) Sieffert, S. 153. Paulus und Olshausen, z. d. St.
11) 1. Band, S. 699 f.
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[423/0442] Zweites Kapitel. §. 118. Ritus einsetzen, sondern nur so, daſs er ihn dunkle Wor- te von der Nothwendigkeit, sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken, sprechen lieſs, welche, nur aus dem nach seinem Tode in der Gemeinde aufgekommenen Abendmahls- ritus verständlich, als indirekte Stiftung von diesem ange- sehen werden konnten. Daſs, so wenig als Johannes von der Einsetzung des Abendmahls, die Synoptiker von der Fuſswaschung etwas gewuſst haben können, weil sie derselben keine Erwäh- nung thun, dieſs kann theils wegen der minderen Wich- tigkeit der Sache und der hier mehr fragmentarischen Darstellung dieser Evangelisten nicht so bestimmt behaup- tet werden, theils hat, wie oben bemerkt, Lukas in dem Rangstreit V. 24 ff. etwas, das mit jener Fuſswaschung, als Anlaſs derselben, zusammenzuhängen, manchen Erklä- rern geschienen hat 10). Ist nun aber in Bezug auf diesen Rangstreit bereits oben dargelegt, wie er, in den Zusam- menhang der vorliegenden Scene nicht passend, nur einer zufälligen Ideenassociation des Erzählers seine Stelle ver- danke 11): so könnte die Fuſswaschungsscene bei Johan- nes nur die sagenhafte Ausführung einer synoptischen De- muthsrede zu sein scheinen. Wenn nämlich bei Matthäus (20, 26 ff.) Jesus seine Jünger ermahnt, wer unter ihnen groſs sein wolle, der solle der andern διάκονος sein, gleich- wie er nicht gekommen sei, διακονηϑῆναι, ἀλλὰ διακονῆ- σαι, und wenn er dieſs hier bei Lukas (22, 27.) in der Frage ausdrückt: τίς γὰρ μείζων; ὁ ἀνακείμενος, ἢ ὁ δια- κονῶν; und mit der Hinweisung verbindet: ἐγὼ δέ εἰμι ἐν μέσῳ ὑμῶν ὡς ὁ διακονῶν: so könnte zwar sehr wohl Je- sus selbst für gut gefunden haben, diesen Ausspruch durch ein wirkliches διακονεῖν inmitten seiner, die Rolle der ἀνα- κείμενοι spielenden Jünger zu veranschaulichen, ebensogut 10) Sieffert, S. 153. Paulus und Olshausen, z. d. St. 11) 1. Band, S. 699 f.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/442>, abgerufen am 23.11.2024.