chen Stelle aus Josephus Schilderung der lezten Zeiten des jüdischen Staats vergleichen 6) die kukloumene upo sra- topedon Ierousalem bei Lukas, womit der kharax zu ver- gleichen ist, welcher nach Luc. 19, 43 f. um Jerusalem ge- zogen werden sollte, kann in dem Umstand wiedergefun- den werden, dass nach Josephus Zeugniss Titus Jerusalem durch eine Mauer einschliessen liess 7); so wie endlich auch das auffallen kann, dass die Angaben: ouk aphethesetai lithos epi litho in Bezug auf den Tempel, und edaphiousi se (Luc. 19, 44.) in Bezug auf die Stadt, in wörtliche Erfül- lung gegangen sind.
Wenn nun aus der Unmöglichkeit, dergleichen in na- türlicher Weise vorauszusehen, auf orthodoxem Standpunkt eine übernatürliche Einsicht Jesu gefolgert wird: so un- terliegt die Annahme einer solchen auch hier den gleichen Schwierigkeiten, wie oben bei den Vorherverkündigungen des Todes und der Auferstehung. Denn nach Matthäus (24, 15.) und Markus (13, 14.) hat Jesus das Eintreten der Katastrophe an die Erfüllung des durch Daniel von einem bdelugma tes eremoseos Geweissagten geknüpft, folglich Dan. 9, 27. (vgl. 11, 31. 12, 11.) auf ein Ereigniss bei der Zerstörung Jerusalems durch die Römer bezogen. Denn was Paulus behauptet, Jesus habe hier nur einen Ausdruck von Daniel entlehnt, ohne jenen Ausspruch des Propheten als Weissagung auf etwas zu seiner Zeit noch Künftiges zu betrachten, wird hier besonders durch den Zusaz: o anaginoskon noeito, undenkbar. Nun aber darf es auf dem
6) Antiq. 20, 8, 6 (vgl. bell. jud. 2, 13, 4.): O[i] de goetes kai apateones anthropoi ton okhlon epeithon autois eis ten eremian epesthai. Deixein gar ephasan enarge terata kai semeia, kata ten tou theou pronoian genomena. Kai polloi peisthentes tes aphrosunes timorias upeskhon; anakhthentas gar autes Phelix eko- lasen.
7) Bell. jud. 5, 12, 1. 2.
Erstes Kapitel. §. 112.
chen Stelle aus Josephus Schilderung der lezten Zeiten des jüdischen Staats vergleichen 6) die κυκλοὺμένη ὑπὸ ςρα- τοπέδων Ἱερουσαλὴμ bei Lukas, womit der χἄραξ zu ver- gleichen ist, welcher nach Luc. 19, 43 f. um Jerusalem ge- zogen werden sollte, kann in dem Umstand wiedergefun- den werden, daſs nach Josephus Zeugniſs Titus Jerusalem durch eine Mauer einschlieſsen lieſs 7); so wie endlich auch das auffallen kann, daſs die Angaben: ουκ ἀφεϑήσεται λίϑος ἐπὶ λίϑῳ in Bezug auf den Tempel, und ἐδαφιοῦσί σε (Luc. 19, 44.) in Bezug auf die Stadt, in wörtliche Erfül- lung gegangen sind.
Wenn nun aus der Unmöglichkeit, dergleichen in na- türlicher Weise vorauszusehen, auf orthodoxem Standpunkt eine übernatürliche Einsicht Jesu gefolgert wird: so un- terliegt die Annahme einer solchen auch hier den gleichen Schwierigkeiten, wie oben bei den Vorherverkündigungen des Todes und der Auferstehung. Denn nach Matthäus (24, 15.) und Markus (13, 14.) hat Jesus das Eintreten der Katastrophe an die Erfüllung des durch Daniel von einem βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως Geweissagten geknüpft, folglich Dan. 9, 27. (vgl. 11, 31. 12, 11.) auf ein Ereigniſs bei der Zerstörung Jerusalems durch die Römer bezogen. Denn was Paulus behauptet, Jesus habe hier nur einen Ausdruck von Daniel entlehnt, ohne jenen Ausspruch des Propheten als Weissagung auf etwas zu seiner Zeit noch Künftiges zu betrachten, wird hier besonders durch den Zusaz: ὁ ἀναγινώσκων νοείτω, undenkbar. Nun aber darf es auf dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0378"n="359"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Erstes Kapitel</hi>. §. 112.</fw><lb/>
chen Stelle aus Josephus Schilderung der lezten Zeiten<lb/>
des jüdischen Staats vergleichen <noteplace="foot"n="6)">Antiq. 20, 8, 6 (vgl. bell. jud. 2, 13, 4.): <quotexml:lang="ell">Ο<supplied>ἱ</supplied>δὲγόητεςκαὶ<lb/>ἀπατεῶνεςἄνϑρωποιτὸνὄχλονἔπειϑοναὐτοῖςεἰςτὴνἐρημίαν<lb/>ἕπεσϑαι. Δείξεινγὰρἔφασανἐναργῆτέρατακαὶσημεῖα, κατὰ<lb/>τὴντοῦϑεοῦπρόνοιανγενόμενα. Καὶπολλοὶπεισϑέντεςτῆς<lb/>ἀφροσὑνηςτιμωρίαςὑπέσχον·ἀναχϑένταςγὰραὐτεςΦῆλιξἐκό-<lb/>λασεν.</quote></note> die <foreignxml:lang="ell">κυκλοὺμένηὑπὸςρα-<lb/>τοπέδωνἹερουσαλὴμ</foreign> bei Lukas, womit der <foreignxml:lang="ell">χἄραξ</foreign> zu ver-<lb/>
gleichen ist, welcher nach Luc. 19, 43 f. um Jerusalem ge-<lb/>
zogen werden sollte, kann in dem Umstand wiedergefun-<lb/>
den werden, daſs nach Josephus Zeugniſs Titus Jerusalem<lb/>
durch eine Mauer einschlieſsen lieſs <noteplace="foot"n="7)">Bell. jud. 5, 12, 1. 2.</note>; so wie endlich<lb/>
auch das auffallen kann, daſs die Angaben: <foreignxml:lang="ell">ουκἀφεϑήσεται<lb/>λίϑοςἐπὶλίϑῳ</foreign> in Bezug auf den Tempel, und <foreignxml:lang="ell">ἐδαφιοῦσίσε</foreign><lb/>
(Luc. 19, 44.) in Bezug auf die Stadt, in wörtliche Erfül-<lb/>
lung gegangen sind.</p><lb/><p>Wenn nun aus der Unmöglichkeit, dergleichen in na-<lb/>
türlicher Weise vorauszusehen, auf orthodoxem Standpunkt<lb/>
eine übernatürliche Einsicht Jesu gefolgert wird: so un-<lb/>
terliegt die Annahme einer solchen auch hier den gleichen<lb/>
Schwierigkeiten, wie oben bei den Vorherverkündigungen<lb/>
des Todes und der Auferstehung. Denn nach Matthäus<lb/>
(24, 15.) und Markus (13, 14.) hat Jesus das Eintreten der<lb/>
Katastrophe an die Erfüllung des durch Daniel von einem<lb/><foreignxml:lang="ell">βδέλυγματῆςἐρημώσεως</foreign> Geweissagten geknüpft, folglich<lb/>
Dan. 9, 27. (vgl. 11, 31. 12, 11.) auf ein Ereigniſs bei<lb/>
der Zerstörung Jerusalems durch die Römer bezogen. Denn<lb/>
was <hirendition="#k">Paulus</hi> behauptet, Jesus habe hier nur einen Ausdruck<lb/>
von Daniel entlehnt, ohne jenen Ausspruch des Propheten<lb/>
als Weissagung auf etwas zu seiner Zeit noch Künftiges<lb/>
zu betrachten, wird hier besonders durch den Zusaz: <foreignxml:lang="ell">ὁ<lb/>ἀναγινώσκωννοείτω</foreign>, undenkbar. Nun aber darf es auf dem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[359/0378]
Erstes Kapitel. §. 112.
chen Stelle aus Josephus Schilderung der lezten Zeiten
des jüdischen Staats vergleichen 6) die κυκλοὺμένη ὑπὸ ςρα-
τοπέδων Ἱερουσαλὴμ bei Lukas, womit der χἄραξ zu ver-
gleichen ist, welcher nach Luc. 19, 43 f. um Jerusalem ge-
zogen werden sollte, kann in dem Umstand wiedergefun-
den werden, daſs nach Josephus Zeugniſs Titus Jerusalem
durch eine Mauer einschlieſsen lieſs 7); so wie endlich
auch das auffallen kann, daſs die Angaben: ουκ ἀφεϑήσεται
λίϑος ἐπὶ λίϑῳ in Bezug auf den Tempel, und ἐδαφιοῦσί σε
(Luc. 19, 44.) in Bezug auf die Stadt, in wörtliche Erfül-
lung gegangen sind.
Wenn nun aus der Unmöglichkeit, dergleichen in na-
türlicher Weise vorauszusehen, auf orthodoxem Standpunkt
eine übernatürliche Einsicht Jesu gefolgert wird: so un-
terliegt die Annahme einer solchen auch hier den gleichen
Schwierigkeiten, wie oben bei den Vorherverkündigungen
des Todes und der Auferstehung. Denn nach Matthäus
(24, 15.) und Markus (13, 14.) hat Jesus das Eintreten der
Katastrophe an die Erfüllung des durch Daniel von einem
βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως Geweissagten geknüpft, folglich
Dan. 9, 27. (vgl. 11, 31. 12, 11.) auf ein Ereigniſs bei
der Zerstörung Jerusalems durch die Römer bezogen. Denn
was Paulus behauptet, Jesus habe hier nur einen Ausdruck
von Daniel entlehnt, ohne jenen Ausspruch des Propheten
als Weissagung auf etwas zu seiner Zeit noch Künftiges
zu betrachten, wird hier besonders durch den Zusaz: ὁ
ἀναγινώσκων νοείτω, undenkbar. Nun aber darf es auf dem
6) Antiq. 20, 8, 6 (vgl. bell. jud. 2, 13, 4.): Οἱ δὲ γόητες καὶ
ἀπατεῶνες ἄνϑρωποι τὸν ὄχλον ἔπειϑον αὐτοῖς εἰς τὴν ἐρημίαν
ἕπεσϑαι. Δείξειν γὰρ ἔφασαν ἐναργῆ τέρατα καὶ σημεῖα, κατὰ
τὴν τοῦ ϑεοῦ πρόνοιαν γενόμενα. Καὶ πολλοὶ πεισϑέντες τῆς
ἀφροσὑνης τιμωρίας ὑπέσχον· ἀναχϑέντας γὰρ αὐτες Φῆλιξ ἐκό-
λασεν.
7) Bell. jud. 5, 12, 1. 2.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/378>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.