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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
gleichung des ihm bevorstehenden Sehicksals mit dem des
Jonas eine Frage der Jünger hervorgerufen haben, welche
er, wenn sie an ihn gestellt wurde, auch beantworten
musste, aber dem Erfolg nach nicht beantwortet haben kann.

Aus diesen Gründen hat sich die neuere Kritik dahin
ausgesprochen, dass die Matthäische Erklärung des semeion
Iona eine post eventum vom Evangelisten gemachte Deu-
tung sei, welche er fälschlich Jesu in den Mund lege 10).
Wohl hat hienach Jesus die Pharisäer auf das semeion Iona
verwiesen, aber nur in dem Sinn, in welchem es Lukas
ihn erklären lässt, dass, wie Jonas selbst, seine blosse Ge-
genwart und seine Busspredigt, ohne Wunder, den Ninevi-
ten als göttliches Zeichen genügt habe: so auch seine Zeit-
genossen, statt nach Wunderzeichen zu haschen, sich an
seiner Person und Predigt genügen lassen sollen. Diese
Auffassung ist die einzige dem Zusammenhang der Rede
Jesu -- auch bei Matthäus -- und näher der Parallele zwi-
schen dem Verhältniss der Nineviten zu Jonas und dem der
Königin des Südens zu Salomo angemessene. Wie es die
sophia Solomonos war, durch welche die leztere von den En-
den der Erde sich herbeigezogen fühlte: so bei Jonas auch
nach dem Ausdruck des Matthäus lediglich sein kerugma,
auf welches hin die Nineviten Busse thaten. Das Futurum
in dem Satze bei Lukas: outos esai kai o uios t. a. te
genea taute (semeion), von welchem man glauben möchte,
es könne nicht auf den gegenwärtigen Jesus und seine Pre-
digt, sondern müsse auf etwas Künftiges, wie seine Aufer-
stehung, bezogen werden, geht in der That nur auf die
künftige krisis, in welcher sich hervorstellen wird, dass,
wie für die Nineviten Jonas, so für die damals lebenden Ju-
den Jesus als semeion berechnet war. Frühzeitig muss jedoch,
wie wir aus dem ersten Evangelium ersehen, dem Schicksal des
Jonas eine typische Beziehung auf den Tod und die Auferste-
hung Jesu gegeben worden sein, indem die erste Gemeinde für

10) Paulus, ex. Handb. 2, S. 97 ff. Schulz, über das Abendm. S. 317 f.

Dritter Abschnitt.
gleichung des ihm bevorstehenden Sehicksals mit dem des
Jonas eine Frage der Jünger hervorgerufen haben, welche
er, wenn sie an ihn gestellt wurde, auch beantworten
muſste, aber dem Erfolg nach nicht beantwortet haben kann.

Aus diesen Gründen hat sich die neuere Kritik dahin
ausgesprochen, daſs die Matthäische Erklärung des σημεῖον
Ἰωνᾶ eine post eventum vom Evangelisten gemachte Deu-
tung sei, welche er fälschlich Jesu in den Mund lege 10).
Wohl hat hienach Jesus die Pharisäer auf das σημεῖον Ἰωνᾶ
verwiesen, aber nur in dem Sinn, in welchem es Lukas
ihn erklären läſst, daſs, wie Jonas selbst, seine bloſse Ge-
genwart und seine Buſspredigt, ohne Wunder, den Ninevi-
ten als göttliches Zeichen genügt habe: so auch seine Zeit-
genossen, statt nach Wunderzeichen zu haschen, sich an
seiner Person und Predigt genügen lassen sollen. Diese
Auffassung ist die einzige dem Zusammenhang der Rede
Jesu — auch bei Matthäus — und näher der Parallele zwi-
schen dem Verhältniſs der Nineviten zu Jonas und dem der
Königin des Südens zu Salomo angemessene. Wie es die
σοφία Σολομῶνος war, durch welche die leztere von den En-
den der Erde sich herbeigezogen fühlte: so bei Jonas auch
nach dem Ausdruck des Matthäus lediglich sein κήρυγμα,
auf welches hin die Nineviten Buſse thaten. Das Futurum
in dem Satze bei Lukas: οὓτως ἔςαι καὶ ὁ υἱὸς τ. ἀ. τῇ
γενεᾷ ταύτῃ (σημεῖον), von welchem man glauben möchte,
es könne nicht auf den gegenwärtigen Jesus und seine Pre-
digt, sondern müsse auf etwas Künftiges, wie seine Aufer-
stehung, bezogen werden, geht in der That nur auf die
künftige κρίσις, in welcher sich hervorstellen wird, daſs,
wie für die Nineviten Jonas, so für die damals lebenden Ju-
den Jesus als σημεῖον berechnet war. Frühzeitig muſs jedoch,
wie wir aus dem ersten Evangelium ersehen, dem Schicksal des
Jonas eine typische Beziehung auf den Tod und die Auferste-
hung Jesu gegeben worden sein, indem die erste Gemeinde für

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[336/0355] Dritter Abschnitt. gleichung des ihm bevorstehenden Sehicksals mit dem des Jonas eine Frage der Jünger hervorgerufen haben, welche er, wenn sie an ihn gestellt wurde, auch beantworten muſste, aber dem Erfolg nach nicht beantwortet haben kann. Aus diesen Gründen hat sich die neuere Kritik dahin ausgesprochen, daſs die Matthäische Erklärung des σημεῖον Ἰωνᾶ eine post eventum vom Evangelisten gemachte Deu- tung sei, welche er fälschlich Jesu in den Mund lege 10). Wohl hat hienach Jesus die Pharisäer auf das σημεῖον Ἰωνᾶ verwiesen, aber nur in dem Sinn, in welchem es Lukas ihn erklären läſst, daſs, wie Jonas selbst, seine bloſse Ge- genwart und seine Buſspredigt, ohne Wunder, den Ninevi- ten als göttliches Zeichen genügt habe: so auch seine Zeit- genossen, statt nach Wunderzeichen zu haschen, sich an seiner Person und Predigt genügen lassen sollen. Diese Auffassung ist die einzige dem Zusammenhang der Rede Jesu — auch bei Matthäus — und näher der Parallele zwi- schen dem Verhältniſs der Nineviten zu Jonas und dem der Königin des Südens zu Salomo angemessene. Wie es die σοφία Σολομῶνος war, durch welche die leztere von den En- den der Erde sich herbeigezogen fühlte: so bei Jonas auch nach dem Ausdruck des Matthäus lediglich sein κήρυγμα, auf welches hin die Nineviten Buſse thaten. Das Futurum in dem Satze bei Lukas: οὓτως ἔςαι καὶ ὁ υἱὸς τ. ἀ. τῇ γενεᾷ ταύτῃ (σημεῖον), von welchem man glauben möchte, es könne nicht auf den gegenwärtigen Jesus und seine Pre- digt, sondern müsse auf etwas Künftiges, wie seine Aufer- stehung, bezogen werden, geht in der That nur auf die künftige κρίσις, in welcher sich hervorstellen wird, daſs, wie für die Nineviten Jonas, so für die damals lebenden Ju- den Jesus als σημεῖον berechnet war. Frühzeitig muſs jedoch, wie wir aus dem ersten Evangelium ersehen, dem Schicksal des Jonas eine typische Beziehung auf den Tod und die Auferste- hung Jesu gegeben worden sein, indem die erste Gemeinde für 10) Paulus, ex. Handb. 2, S. 97 ff. Schulz, über das Abendm. S. 317 f.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/355>, abgerufen am 22.11.2024.