sein sich einschieben, und mit Verdrängung des zum Or- ganismus gehörigen, diesen in Besiz nehmen könnte. So ergiebt sich für jeden, welcher die Erscheinungen der Gegenwart mit aufgeklärten, und doch die Erzählungen des N. Ts. noch mit orthodoxen Augen betrachtet, der Widerspruch, dass dasselbe, was jezt aus natürlichen Ursachen kommt, zu Jesu Zeiten übernatürlich müsste verursacht gewesen sein.
Diesen undenkbaren Unterschied der Zeiten wegzu- bringen, und doch dem N. T. nichts zu vergeben, läugnet Olshausen, welchen wir für diesen Punkt füglich als Re- präsentanten der mystischen Theologie und Philosophie jetziger Zeit betrachten können, Beides, sowohl dass jezt alle dergleichen Zustände natürlich, als dass damals alle übernatürlich verursacht gewesen seien. Was unsre Zeit betrifft, so fragt er, wenn die Apostel in unsre Irrenhäu- ser träten, wie sie manche der Kranken in denselben nennen würden 27)? Allerdings, antworten wir, würden sie viele derselben Besessene nennen, vermöge ihrer Zeit- und Volksvorstellung nämlich, und nicht vermöge aposto- lischer Erleuchtung, so dass also der herumführende Mann von Fach sie mit Recht eines Bessern zu belehren suchen würde, und daraus gegen die Natürlichkeit jener Zustände in unserer Zeit lediglich nichts folgen kann. Von der Zeit Jesu behauptet der genannte Theologe, auch von den Juden seien dieselben Krankheitsformen, je nach der ver- schiedenen Entstehungsart das einemal für dämonisch ge- halten worden, das andremal nicht, so dass z. B. einer, der durch organische Verletzung des Gehirns wahnsinnig, oder der Zunge stumm geworden war, nicht für dämonisch gegolten haben würde, sondern nur ein solcher, dessen Zustand mehr oder minder auch psychisch veranlasst ge- wesen sei. Beispiele einer solchen, im Zeitalter Jesu ge-
27) b. Comm. 1, S. 296. Anm.
Neuntes Kapitel. §. 88.
sein sich einschieben, und mit Verdrängung des zum Or- ganismus gehörigen, diesen in Besiz nehmen könnte. So ergiebt sich für jeden, welcher die Erscheinungen der Gegenwart mit aufgeklärten, und doch die Erzählungen des N. Ts. noch mit orthodoxen Augen betrachtet, der Widerspruch, daſs dasselbe, was jezt aus natürlichen Ursachen kommt, zu Jesu Zeiten übernatürlich müsste verursacht gewesen sein.
Diesen undenkbaren Unterschied der Zeiten wegzu- bringen, und doch dem N. T. nichts zu vergeben, läugnet Olshausen, welchen wir für diesen Punkt füglich als Re- präsentanten der mystischen Theologie und Philosophie jetziger Zeit betrachten können, Beides, sowohl daſs jezt alle dergleichen Zustände natürlich, als daſs damals alle übernatürlich verursacht gewesen seien. Was unsre Zeit betrifft, so fragt er, wenn die Apostel in unsre Irrenhäu- ser träten, wie sie manche der Kranken in denselben nennen würden 27)? Allerdings, antworten wir, würden sie viele derselben Besessene nennen, vermöge ihrer Zeit- und Volksvorstellung nämlich, und nicht vermöge aposto- lischer Erleuchtung, so daſs also der herumführende Mann von Fach sie mit Recht eines Bessern zu belehren suchen würde, und daraus gegen die Natürlichkeit jener Zustände in unserer Zeit lediglich nichts folgen kann. Von der Zeit Jesu behauptet der genannte Theologe, auch von den Juden seien dieselben Krankheitsformen, je nach der ver- schiedenen Entstehungsart das einemal für dämonisch ge- halten worden, das andremal nicht, so daſs z. B. einer, der durch organische Verletzung des Gehirns wahnsinnig, oder der Zunge stumm geworden war, nicht für dämonisch gegolten haben würde, sondern nur ein solcher, dessen Zustand mehr oder minder auch psychisch veranlaſst ge- wesen sei. Beispiele einer solchen, im Zeitalter Jesu ge-
27) b. Comm. 1, S. 296. Anm.
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Neuntes Kapitel. §. 88.
sein sich einschieben, und mit Verdrängung des zum Or-
ganismus gehörigen, diesen in Besiz nehmen könnte. So
ergiebt sich für jeden, welcher die Erscheinungen der
Gegenwart mit aufgeklärten, und doch die Erzählungen
des N. Ts. noch mit orthodoxen Augen betrachtet, der
Widerspruch, daſs dasselbe, was jezt aus natürlichen
Ursachen kommt, zu Jesu Zeiten übernatürlich müsste
verursacht gewesen sein.
Diesen undenkbaren Unterschied der Zeiten wegzu-
bringen, und doch dem N. T. nichts zu vergeben, läugnet
Olshausen, welchen wir für diesen Punkt füglich als Re-
präsentanten der mystischen Theologie und Philosophie
jetziger Zeit betrachten können, Beides, sowohl daſs jezt
alle dergleichen Zustände natürlich, als daſs damals alle
übernatürlich verursacht gewesen seien. Was unsre Zeit
betrifft, so fragt er, wenn die Apostel in unsre Irrenhäu-
ser träten, wie sie manche der Kranken in denselben
nennen würden 27)? Allerdings, antworten wir, würden
sie viele derselben Besessene nennen, vermöge ihrer Zeit-
und Volksvorstellung nämlich, und nicht vermöge aposto-
lischer Erleuchtung, so daſs also der herumführende Mann
von Fach sie mit Recht eines Bessern zu belehren suchen
würde, und daraus gegen die Natürlichkeit jener Zustände
in unserer Zeit lediglich nichts folgen kann. Von der
Zeit Jesu behauptet der genannte Theologe, auch von den
Juden seien dieselben Krankheitsformen, je nach der ver-
schiedenen Entstehungsart das einemal für dämonisch ge-
halten worden, das andremal nicht, so daſs z. B. einer,
der durch organische Verletzung des Gehirns wahnsinnig,
oder der Zunge stumm geworden war, nicht für dämonisch
gegolten haben würde, sondern nur ein solcher, dessen
Zustand mehr oder minder auch psychisch veranlaſst ge-
wesen sei. Beispiele einer solchen, im Zeitalter Jesu ge-
27) b. Comm. 1, S. 296. Anm.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/34>, abgerufen am 24.11.2024.
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