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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Erstes Kapitel. §. 108.
binischen Tradition zufolge eines Schülers von Hillel d. Ä., 13),
für die Vorstellung von einem leidenden Messias desswegen an-
geführt zu werden, weil es die Stelle Jes. 52, 13--53, 12. auf
den Messias beziehe. Allein mit der Auslegung dieser Stelle
im Targum Jonathan hat es die eigene Bewandtniss, dass
dasselbe zwar den Abschnitt im Allgemeinen messianisch
deutet, so oft aber von Leiden und Tod die Rede wird,
recht absichtlich und meistens höchst gewaltsam entweder
diese Begriffe vermeidet, oder auf ein anderes Subjekt, das
Volk Israel, ausbeugt: zum deutlichen Beweise, dass dem
Verfasser Leiden und gewaltsamer Tod mit dem Begriff
des Messias unvereinbar geschienen habe 14). Doch diess
soll eben der Anfang der Abirrung vom wahren Sinn des
Orakels sein, zu welcher die späteren Juden ihr fleischli-
cher Sinn und die Opposition gegen das Christenthum ver-
leitet habe: die älteren Ausleger haben, sagt man, in der

13) vgl. Gesenius, Jesaias, 2 Thl., S. 66; de Wette, Einleitung
in das A. T. §. 59. 3te Ausg.
14) [Spaltenumbruch] Wörtliche Übers. nach Hitzig:
52, 14: Gleichwie sich
Viele vor ihm entsetz-
ten
, also entstellt, nicht
menschlich, war sein Anse-
hen, und seine Gestalt
nicht die der Menschenkin-
der u. s. f.
53, 4: Allein unsre Krank-
heiten er trug sie, und un-
sere Schmerzen lud er
sich auf
, und wir achteten
ihn geschlagen, getroffen
von Gott und gequält.

[Spaltenumbruch] Targum Jonathan:
Quemadmodum per multos
dies ipsum exspectarunt Is-
raelitae, quorum
contabuit
inter gentes adspectus et splen-
dor (et evanuit) e filiis homi-
num etc.
Idcirco pro delictis nostris
ipse deprecabitur, et ini-
quitates nostrae propter eum
condonabuntur
, licet nos
reputati simus contusi, plagis
affecti et afflicti.

Auch Origenes erzählt, c. Cels. 1, 55, wie ein legomenos para
Ioudaiois sophos seiner christlichen Deutung der jesaianischen
Stelle entgegengehalten habe: tauta pepropheteusthai os peri

Erstes Kapitel. §. 108.
binischen Tradition zufolge eines Schülers von Hillel d. Ä., 13),
für die Vorstellung von einem leidenden Messias deſswegen an-
geführt zu werden, weil es die Stelle Jes. 52, 13—53, 12. auf
den Messias beziehe. Allein mit der Auslegung dieser Stelle
im Targum Jonathan hat es die eigene Bewandtniſs, daſs
dasselbe zwar den Abschnitt im Allgemeinen messianisch
deutet, so oft aber von Leiden und Tod die Rede wird,
recht absichtlich und meistens höchst gewaltsam entweder
diese Begriffe vermeidet, oder auf ein anderes Subjekt, das
Volk Israël, ausbeugt: zum deutlichen Beweise, daſs dem
Verfasser Leiden und gewaltsamer Tod mit dem Begriff
des Messias unvereinbar geschienen habe 14). Doch dieſs
soll eben der Anfang der Abirrung vom wahren Sinn des
Orakels sein, zu welcher die späteren Juden ihr fleischli-
cher Sinn und die Opposition gegen das Christenthum ver-
leitet habe: die älteren Ausleger haben, sagt man, in der

13) vgl. Gesenius, Jesaias, 2 Thl., S. 66; de Wette, Einleitung
in das A. T. §. 59. 3te Ausg.
14) [Spaltenumbruch] Wörtliche Übers. nach Hitzig:
52, 14: Gleichwie sich
Viele vor ihm entsetz-
ten
, also entstellt, nicht
menschlich, war sein Anse-
hen, und seine Gestalt
nicht die der Menschenkin-
der u. s. f.
53, 4: Allein unsre Krank-
heiten er trug sie, und un-
sere Schmerzen lud er
sich auf
, und wir achteten
ihn geschlagen, getroffen
von Gott und gequält.

[Spaltenumbruch] Targum Jonathan:
Quemadmodum per multos
dies ipsum exspectârunt Is-
raëlitae, quorum
contabuit
inter gentes adspectus et splen-
dor (et evanuit) e filiis homi-
num etc.
Idcirco pro delictis nostris
ipse deprecabitur, et ini-
quitates nostrae propter eum
condonabuntur
, licet nos
reputati simus contusi, plagis
affecti et afflicti.

Auch Origenes erzählt, c. Cels. 1, 55, wie ein λεγόμενος παρὰ
Ἰουδαίοις σοφὸς seiner christlichen Deutung der jesaianischen
Stelle entgegengehalten habe: ταῦτα πεπροφητεῦσϑαι ὡς περὶ
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[319/0338] Erstes Kapitel. §. 108. binischen Tradition zufolge eines Schülers von Hillel d. Ä., 13), für die Vorstellung von einem leidenden Messias deſswegen an- geführt zu werden, weil es die Stelle Jes. 52, 13—53, 12. auf den Messias beziehe. Allein mit der Auslegung dieser Stelle im Targum Jonathan hat es die eigene Bewandtniſs, daſs dasselbe zwar den Abschnitt im Allgemeinen messianisch deutet, so oft aber von Leiden und Tod die Rede wird, recht absichtlich und meistens höchst gewaltsam entweder diese Begriffe vermeidet, oder auf ein anderes Subjekt, das Volk Israël, ausbeugt: zum deutlichen Beweise, daſs dem Verfasser Leiden und gewaltsamer Tod mit dem Begriff des Messias unvereinbar geschienen habe 14). Doch dieſs soll eben der Anfang der Abirrung vom wahren Sinn des Orakels sein, zu welcher die späteren Juden ihr fleischli- cher Sinn und die Opposition gegen das Christenthum ver- leitet habe: die älteren Ausleger haben, sagt man, in der 13) vgl. Gesenius, Jesaias, 2 Thl., S. 66; de Wette, Einleitung in das A. T. §. 59. 3te Ausg. 14) Wörtliche Übers. nach Hitzig: 52, 14: Gleichwie sich Viele vor ihm entsetz- ten, also entstellt, nicht menschlich, war sein Anse- hen, und seine Gestalt nicht die der Menschenkin- der u. s. f. 53, 4: Allein unsre Krank- heiten er trug sie, und un- sere Schmerzen lud er sich auf, und wir achteten ihn geschlagen, getroffen von Gott und gequält. Targum Jonathan: Quemadmodum per multos dies ipsum exspectârunt Is- raëlitae, quorum contabuit inter gentes adspectus et splen- dor (et evanuit) e filiis homi- num etc. Idcirco pro delictis nostris ipse deprecabitur, et ini- quitates nostrae propter eum condonabuntur, licet nos reputati simus contusi, plagis affecti et afflicti. Auch Origenes erzählt, c. Cels. 1, 55, wie ein λεγόμενος παρὰ Ἰουδαίοις σοφὸς seiner christlichen Deutung der jesaianischen Stelle entgegengehalten habe: ταῦτα πεπροφητεῦσϑαι ὡς περὶ

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/338>, abgerufen am 24.11.2024.