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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zweiter Abschnitt.
Freunde dieser Erklärung eingesehen, und daher soll nun
eigentlich nur der feurige Petrus, der ja auch allein spre-
che, so geträumt, die Referenten aber vermöge einer Syn-
ekdoche allen drei Jüngern zugeschrieben haben, was nur
Einem von ihnen begegnet war. Allein daraus, dass Pe-
trus auch hier wie sonst den Sprecher macht, folgt nicht,
dass auch er allein jenes Gesicht gehabt habe, wovon das
Gegentheil aus den klaren Worten der Evangelisten durch
keine Redefigur entfernt werden kann. Doch die in Rede
stehende Erklärung der Sache bekennt ihre Unzulänglich-
keit noch deutlicher. Nicht nur das laute Aussprechen der
Namen des Moses und Elias von Seiten Jesu muss in den
Traum der Jünger unterstützend hineinspielen, sondern
auch ein Gewitter wird zu Hülfe genommen, welches in
denselben durch sein Blitze das Bild von überirdischem
Glanz, und durch seine Donnerschläge das von Gesprächen
und Himmelsstimmen hineingebracht, und sie auch nach
ihrem Erwachen noch einige Zeit in der Täuschung erhal-
ten haben soll. Doch dass die Jünger nach Lukas eben
bei ihrem Erwachen (diagregoresantes) die zwei Männer
bei Jesu stehen sahen, sieht nicht wie eine blosse aus dem
Traum in das Wachen herübergenommene Täuschung aus,
wesswegen denn Kuinöl die weitere Annahme herbeizieht,
dass, während die Jünger schliefen, wirklich zwei unbe-
kannte Männer zu Jesu gekommen seien, welche die Er-
wachenden sofort mit ihren Träumen in Verbindung ge-
bracht, und für Moses und Elias gehalten haben. Durch
diese Wendung der Ansicht sind nun alle diejenigen Mo-
mente, welche die auf einen Traum zurückgehende Auf-
fassung als innerlich vorschwebende betrachten sollte, wie-
der nach aussen getreten, indem die Vorstellung eines
Lichtglanzes durch die Blitze, die Meinung, Stimmen zu
hören, durch den Donner, endlich die Vorstellung von
zwei bei Jesu anwesenden Personen durch die wirkliche
Gegenwart zweier Unbekannten hervorgebracht worden

Zweiter Abschnitt.
Freunde dieser Erklärung eingesehen, und daher soll nun
eigentlich nur der feurige Petrus, der ja auch allein spre-
che, so geträumt, die Referenten aber vermöge einer Syn-
ekdoche allen drei Jüngern zugeschrieben haben, was nur
Einem von ihnen begegnet war. Allein daraus, daſs Pe-
trus auch hier wie sonst den Sprecher macht, folgt nicht,
daſs auch er allein jenes Gesicht gehabt habe, wovon das
Gegentheil aus den klaren Worten der Evangelisten durch
keine Redefigur entfernt werden kann. Doch die in Rede
stehende Erklärung der Sache bekennt ihre Unzulänglich-
keit noch deutlicher. Nicht nur das laute Aussprechen der
Namen des Moses und Elias von Seiten Jesu muſs in den
Traum der Jünger unterstützend hineinspielen, sondern
auch ein Gewitter wird zu Hülfe genommen, welches in
denselben durch sein Blitze das Bild von überirdischem
Glanz, und durch seine Donnerschläge das von Gesprächen
und Himmelsstimmen hineingebracht, und sie auch nach
ihrem Erwachen noch einige Zeit in der Täuschung erhal-
ten haben soll. Doch daſs die Jünger nach Lukas eben
bei ihrem Erwachen (διαγρηγορήσαντες) die zwei Männer
bei Jesu stehen sahen, sieht nicht wie eine bloſse aus dem
Traum in das Wachen herübergenommene Täuschung aus,
weſswegen denn Kuinöl die weitere Annahme herbeizieht,
daſs, während die Jünger schliefen, wirklich zwei unbe-
kannte Männer zu Jesu gekommen seien, welche die Er-
wachenden sofort mit ihren Träumen in Verbindung ge-
bracht, und für Moses und Elias gehalten haben. Durch
diese Wendung der Ansicht sind nun alle diejenigen Mo-
mente, welche die auf einen Traum zurückgehende Auf-
fassung als innerlich vorschwebende betrachten sollte, wie-
der nach aussen getreten, indem die Vorstellung eines
Lichtglanzes durch die Blitze, die Meinung, Stimmen zu
hören, durch den Donner, endlich die Vorstellung von
zwei bei Jesu anwesenden Personen durch die wirkliche
Gegenwart zweier Unbekannten hervorgebracht worden

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[260/0279] Zweiter Abschnitt. Freunde dieser Erklärung eingesehen, und daher soll nun eigentlich nur der feurige Petrus, der ja auch allein spre- che, so geträumt, die Referenten aber vermöge einer Syn- ekdoche allen drei Jüngern zugeschrieben haben, was nur Einem von ihnen begegnet war. Allein daraus, daſs Pe- trus auch hier wie sonst den Sprecher macht, folgt nicht, daſs auch er allein jenes Gesicht gehabt habe, wovon das Gegentheil aus den klaren Worten der Evangelisten durch keine Redefigur entfernt werden kann. Doch die in Rede stehende Erklärung der Sache bekennt ihre Unzulänglich- keit noch deutlicher. Nicht nur das laute Aussprechen der Namen des Moses und Elias von Seiten Jesu muſs in den Traum der Jünger unterstützend hineinspielen, sondern auch ein Gewitter wird zu Hülfe genommen, welches in denselben durch sein Blitze das Bild von überirdischem Glanz, und durch seine Donnerschläge das von Gesprächen und Himmelsstimmen hineingebracht, und sie auch nach ihrem Erwachen noch einige Zeit in der Täuschung erhal- ten haben soll. Doch daſs die Jünger nach Lukas eben bei ihrem Erwachen (διαγρηγορήσαντες) die zwei Männer bei Jesu stehen sahen, sieht nicht wie eine bloſse aus dem Traum in das Wachen herübergenommene Täuschung aus, weſswegen denn Kuinöl die weitere Annahme herbeizieht, daſs, während die Jünger schliefen, wirklich zwei unbe- kannte Männer zu Jesu gekommen seien, welche die Er- wachenden sofort mit ihren Träumen in Verbindung ge- bracht, und für Moses und Elias gehalten haben. Durch diese Wendung der Ansicht sind nun alle diejenigen Mo- mente, welche die auf einen Traum zurückgehende Auf- fassung als innerlich vorschwebende betrachten sollte, wie- der nach aussen getreten, indem die Vorstellung eines Lichtglanzes durch die Blitze, die Meinung, Stimmen zu hören, durch den Donner, endlich die Vorstellung von zwei bei Jesu anwesenden Personen durch die wirkliche Gegenwart zweier Unbekannten hervorgebracht worden

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/279>, abgerufen am 22.11.2024.