oder äusserste ist, unter welcher wir dergleichen Vorgän- ge unserem Vorstellen und Begreifen näher bringen kön- nen: so ist mit der Unanwendbarkeit jener Kategorie auch die Undenkbarkeit des Vorgangs dargethan.
Doch nicht allein in Bezug auf die Möglichkeit, son- dern auch auf die Zweckmässigkeit und Schicklichkeit ist das vorliegende Wunder in Anspruch genommen worden. Zwar der in älteren 5) und neueren 6) Zeiten gemachte Vorwurf, dass es Jesu unwürdig sei, sich nicht allein in Gesellschaft von Trunkenen betreten zu lassen, sondern ihrer Trunkenheit durch seine Wunderkraft noch Vorschub zu thun, ist als übertrieben abzuweisen, indem, wie die Erklärer mit Recht bemerken, aus dem otan methusthosi (V. 10.), welches der arkhitriklinos in Bezug auf den ge- wöhnlichen Hergang bei dergleichen Mahlen bemerkt, für den damaligen Fall nichts mit Sicherheit gefolgert werden kann. So viel jedoch bleibt immer, was nicht allein Pau- lus und die Probabilien 7) bemerklich machen, sondern auch Lücke und Olshausen als eine bei'm ersten Anblick sich aufdringende Bedenklichkeit zugestehen, dass nämlich Jesus durch dieses Wunder nicht, wie er sonst pflegte, irgend einer Noth, einem wirklichen Bedürfniss abhalf, sondern nur einen weiteren Reiz der Lust herbeischaffte; nicht sowohl hülfreich, als vielmehr gefällig sich erwies; mehr nur so zu sagen ein Luxuswunder, als ein wirklich wohlthätiges verrichtete. Sagt man hier, es sei ein hinrei- chender Zweck des Wunders gewesen, den Glauben der Jünger zu befestigen 8), was nach V. 11. auch wirklich die Folge war: so muss man sich erinnern, dass bei den übrigen Wundern Jesu in der Regel nicht allein das For-
5) Bei Chrysostomus, homil. in Joann. 21.
6)Woolston, Disc. 4.
7) p. 42.
8)Tholuck, z. d. St.
Zweiter Abschnitt.
oder äusserste ist, unter welcher wir dergleichen Vorgän- ge unserem Vorstellen und Begreifen näher bringen kön- nen: so ist mit der Unanwendbarkeit jener Kategorie auch die Undenkbarkeit des Vorgangs dargethan.
Doch nicht allein in Bezug auf die Möglichkeit, son- dern auch auf die Zweckmäſsigkeit und Schicklichkeit ist das vorliegende Wunder in Anspruch genommen worden. Zwar der in älteren 5) und neueren 6) Zeiten gemachte Vorwurf, daſs es Jesu unwürdig sei, sich nicht allein in Gesellschaft von Trunkenen betreten zu lassen, sondern ihrer Trunkenheit durch seine Wunderkraft noch Vorschub zu thun, ist als übertrieben abzuweisen, indem, wie die Erklärer mit Recht bemerken, aus dem ὅταν μεϑυσϑῶσι (V. 10.), welches der ἀρχιτρίκλινος in Bezug auf den ge- wöhnlichen Hergang bei dergleichen Mahlen bemerkt, für den damaligen Fall nichts mit Sicherheit gefolgert werden kann. So viel jedoch bleibt immer, was nicht allein Pau- lus und die Probabilien 7) bemerklich machen, sondern auch Lücke und Olshausen als eine bei'm ersten Anblick sich aufdringende Bedenklichkeit zugestehen, daſs nämlich Jesus durch dieses Wunder nicht, wie er sonst pflegte, irgend einer Noth, einem wirklichen Bedürfniſs abhalf, sondern nur einen weiteren Reiz der Lust herbeischaffte; nicht sowohl hülfreich, als vielmehr gefällig sich erwies; mehr nur so zu sagen ein Luxuswunder, als ein wirklich wohlthätiges verrichtete. Sagt man hier, es sei ein hinrei- chender Zweck des Wunders gewesen, den Glauben der Jünger zu befestigen 8), was nach V. 11. auch wirklich die Folge war: so muſs man sich erinnern, daſs bei den übrigen Wundern Jesu in der Regel nicht allein das For-
5) Bei Chrysostomus, homil. in Joann. 21.
6)Woolston, Disc. 4.
7) p. 42.
8)Tholuck, z. d. St.
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Zweiter Abschnitt.
oder äusserste ist, unter welcher wir dergleichen Vorgän-
ge unserem Vorstellen und Begreifen näher bringen kön-
nen: so ist mit der Unanwendbarkeit jener Kategorie auch
die Undenkbarkeit des Vorgangs dargethan.
Doch nicht allein in Bezug auf die Möglichkeit, son-
dern auch auf die Zweckmäſsigkeit und Schicklichkeit ist
das vorliegende Wunder in Anspruch genommen worden.
Zwar der in älteren 5) und neueren 6) Zeiten gemachte
Vorwurf, daſs es Jesu unwürdig sei, sich nicht allein in
Gesellschaft von Trunkenen betreten zu lassen, sondern
ihrer Trunkenheit durch seine Wunderkraft noch Vorschub
zu thun, ist als übertrieben abzuweisen, indem, wie die
Erklärer mit Recht bemerken, aus dem ὅταν μεϑυσϑῶσι
(V. 10.), welches der ἀρχιτρίκλινος in Bezug auf den ge-
wöhnlichen Hergang bei dergleichen Mahlen bemerkt, für
den damaligen Fall nichts mit Sicherheit gefolgert werden
kann. So viel jedoch bleibt immer, was nicht allein Pau-
lus und die Probabilien 7) bemerklich machen, sondern
auch Lücke und Olshausen als eine bei'm ersten Anblick
sich aufdringende Bedenklichkeit zugestehen, daſs nämlich
Jesus durch dieses Wunder nicht, wie er sonst pflegte,
irgend einer Noth, einem wirklichen Bedürfniſs abhalf,
sondern nur einen weiteren Reiz der Lust herbeischaffte;
nicht sowohl hülfreich, als vielmehr gefällig sich erwies;
mehr nur so zu sagen ein Luxuswunder, als ein wirklich
wohlthätiges verrichtete. Sagt man hier, es sei ein hinrei-
chender Zweck des Wunders gewesen, den Glauben der
Jünger zu befestigen 8), was nach V. 11. auch wirklich
die Folge war: so muſs man sich erinnern, daſs bei den
übrigen Wundern Jesu in der Regel nicht allein das For-
5) Bei Chrysostomus, homil. in Joann. 21.
6) Woolston, Disc. 4.
7) p. 42.
8) Tholuck, z. d. St.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/243>, abgerufen am 22.11.2024.
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