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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zweiter Abschnitt.
den verschieden beschrieben, indem Matthäus namentlich
davon nichts weiss, dass Jesus nach den beiden andern
Referenten nur den engsten Ausschuss seiner Jünger, den
Petrus und die Zebedaiden, als Zeugen mitgenommen ha-
ben soll. Diese Abweichungen hat z. B. Storr so bedeu-
tend gefunden, dass er zwei verschiedene Fälle annahm,
in welchen unter ähnlichen Umständen die Tochter das ei-
nemal eines weltlichen arkhon (Matthäus), das andremal
eines Synagogarchen Jairus (Markus und Lukas) vom To-
de erweckt worden sei 1). Dass nun aber, was Storr
noch dazu annimmt, und was auf diesem Standpunkt an-
genommen werden muss, Jesus nicht blos zweimal ein Mäd-
chen vom Tode erweckt, sondern auch beidemale unmittel-
bar vorher eine Frau vom Blutfluss geheilt haben soll, ist
ein Zusammentreffen, welches sich durch die vage Bemer-
kung Storr's, es können sich zu verschiedenen Zeiten gar
wohl sehr ähnliche Dinge zutragen, um nichts wahrschein-
licher wird. Muss man somit einräumen, dass die Evan-
gelisten nur Eine Begebenheit erzählen, so sollte man doch
des weichlichen Bestrebens sich entschlagen, eine völlige
Übereinstimmung ihrer Erzählungen herauszubringen. Denn
weder kann das arti eteleutese bei Matthäus, wie Kuinöl
will 2), est morti proxima heissen, noch lässt sich das
eskhatos ekhei und apethneske bei Markus und Lukas von
bereits erfolgtem Tode verstehen, zumal bei beiden die
Todesnachricht den Vater später als etwas Neues hinter-
bracht wird3).

1) Über den Zweck des Joh. S. 351 ff.
2) Comm. in Matth. p. 263. Welche Argumentation: verba [NB.
Matthaei]: arti eteleutesen non possunt latine reddi: jam
mortua est; nam, auctore [NB.] Luca, patri adhuc cum
Christo colloquenti nuntiabat servus, filiam jam exspirasse,
ergo [auetore Matthaeo?] nondum mortua erat, cum pater
ad Jesum accederet.
3) Vergl. über diese falschen Ausgleichungsversuche Schleier-

Zweiter Abschnitt.
den verschieden beschrieben, indem Matthäus namentlich
davon nichts weiſs, daſs Jesus nach den beiden andern
Referenten nur den engsten Ausschuſs seiner Jünger, den
Petrus und die Zebedaiden, als Zeugen mitgenommen ha-
ben soll. Diese Abweichungen hat z. B. Storr so bedeu-
tend gefunden, daſs er zwei verschiedene Fälle annahm,
in welchen unter ähnlichen Umständen die Tochter das ei-
nemal eines weltlichen ἄρχων (Matthäus), das andremal
eines Synagogarchen Jairus (Markus und Lukas) vom To-
de erweckt worden sei 1). Daſs nun aber, was Storr
noch dazu annimmt, und was auf diesem Standpunkt an-
genommen werden muſs, Jesus nicht blos zweimal ein Mäd-
chen vom Tode erweckt, sondern auch beidemale unmittel-
bar vorher eine Frau vom Blutfluſs geheilt haben soll, ist
ein Zusammentreffen, welches sich durch die vage Bemer-
kung Storr's, es können sich zu verschiedenen Zeiten gar
wohl sehr ähnliche Dinge zutragen, um nichts wahrschein-
licher wird. Muſs man somit einräumen, daſs die Evan-
gelisten nur Eine Begebenheit erzählen, so sollte man doch
des weichlichen Bestrebens sich entschlagen, eine völlige
Übereinstimmung ihrer Erzählungen herauszubringen. Denn
weder kann das ἄρτι ἐτελεύτησε bei Matthäus, wie Kuinöl
will 2), est morti proxima heiſsen, noch läſst sich das
ἐσχάτως ἔχει und ἀπέϑνησκε bei Markus und Lukas von
bereits erfolgtem Tode verstehen, zumal bei beiden die
Todesnachricht den Vater später als etwas Neues hinter-
bracht wird3).

1) Über den Zweck des Joh. S. 351 ff.
2) Comm. in Matth. p. 263. Welche Argumentation: verba [NB.
Matthaei]: ἄρτι ἐτελεύτησεν non possunt latine reddi: jam
mortua est; nam, auctore [NB.] Luca, patri adhuc cum
Christo colloquenti nuntiabat servus, filiam jam exspirasse,
ergo [auetore Matthaeo?] nondum mortua erat, cum pater
ad Jesum accederet.
3) Vergl. über diese falschen Ausgleichungsversuche Schleier-
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[134/0153] Zweiter Abschnitt. den verschieden beschrieben, indem Matthäus namentlich davon nichts weiſs, daſs Jesus nach den beiden andern Referenten nur den engsten Ausschuſs seiner Jünger, den Petrus und die Zebedaiden, als Zeugen mitgenommen ha- ben soll. Diese Abweichungen hat z. B. Storr so bedeu- tend gefunden, daſs er zwei verschiedene Fälle annahm, in welchen unter ähnlichen Umständen die Tochter das ei- nemal eines weltlichen ἄρχων (Matthäus), das andremal eines Synagogarchen Jairus (Markus und Lukas) vom To- de erweckt worden sei 1). Daſs nun aber, was Storr noch dazu annimmt, und was auf diesem Standpunkt an- genommen werden muſs, Jesus nicht blos zweimal ein Mäd- chen vom Tode erweckt, sondern auch beidemale unmittel- bar vorher eine Frau vom Blutfluſs geheilt haben soll, ist ein Zusammentreffen, welches sich durch die vage Bemer- kung Storr's, es können sich zu verschiedenen Zeiten gar wohl sehr ähnliche Dinge zutragen, um nichts wahrschein- licher wird. Muſs man somit einräumen, daſs die Evan- gelisten nur Eine Begebenheit erzählen, so sollte man doch des weichlichen Bestrebens sich entschlagen, eine völlige Übereinstimmung ihrer Erzählungen herauszubringen. Denn weder kann das ἄρτι ἐτελεύτησε bei Matthäus, wie Kuinöl will 2), est morti proxima heiſsen, noch läſst sich das ἐσχάτως ἔχει und ἀπέϑνησκε bei Markus und Lukas von bereits erfolgtem Tode verstehen, zumal bei beiden die Todesnachricht den Vater später als etwas Neues hinter- bracht wird 3). 1) Über den Zweck des Joh. S. 351 ff. 2) Comm. in Matth. p. 263. Welche Argumentation: verba [NB. Matthaei]: ἄρτι ἐτελεύτησεν non possunt latine reddi: jam mortua est; nam, auctore [NB.] Luca, patri adhuc cum Christo colloquenti nuntiabat servus, filiam jam exspirasse, ergo [auetore Matthaeo?] nondum mortua erat, cum pater ad Jesum accederet. 3) Vergl. über diese falschen Ausgleichungsversuche Schleier-

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/153>, abgerufen am 24.11.2024.