ke lebe, mittheilt, so kann nur das falsche Bestreben, das Wunderbare zu vermindern, der Anerkenntniss im Wege stehen, dass der Erzähler in diesem Worte die Ursache jener Veränderung angeben wolle.
Bei der synoptischen Erzählung ist mit der Annahme einer blossen Prognose nicht abzukommen, da hier der Vater (Matth. V. 8.) eine heilende Einwirkung verlangt, und Jesus ihm (V. 13.) eben diese seine Bitte gewährt. Dadurch schien sich bei der Entfernung Jesu von dem Kranken, welche alle physische wie psychische Einwirkung unmöglich machte, der natürlichen Erklärung jeder Weg zu verschliessen: wenn nicht Ein Zug der Erzählung unerwartete Hülfe ge- boten hätte. Die Vergleichung nämlich, welche der Cen- turio zwischen sich und Jesu anstellt, dass, wie er nur ein Wort sprechen dürfe, um durch seine Soldaten und Die- ner diess und jenes ausgerichtet zu sehen, so auch Jesum es nur ein Wort koste, seinem Knechte zur Gesundheit zu verhelfen, konnte man möglicherweise so pressen, dass, wie auf Seiten des Hauptmanns, so auch auf Seiten Jesu an menschliche Mittelspersonen gedacht wurde. Demnach soll nun der Hauptmann Jesu haben vorstellen wollen, er dürfe nur zu einem seiner Jünger ein Wort sprechen, so werde dieser mit ihm gehen und seinen Knecht gesund machen, was sofort auch wirklich geschehen sein soll 12). Allein, da diess der erste Fall wäre, dass Jesus durch sei- ne Jünger heilen liess, und der einzige, dass er sie unmit- telbar zu einer bestimmten Heilung abschickte: wie konn- te dieser eigenthümliche Umstand sogar in der sonst so ausführlichen Erzählung des Lukas stillschweigend vor- ausgesetzt werden? warum, da dieser Referent in Aus- spinnung der übrigen Rede der Abgesandten nicht spar- sam ist, geizt er mit den paar Worten, welche Alles auf-
12)Paulus, ex. Handb. 1, b, S. 710 f.; natürliche Geschichte, 2, S. 285 ff.
Zweiter Abschnitt.
ke lebe, mittheilt, so kann nur das falsche Bestreben, das Wunderbare zu vermindern, der Anerkenntniſs im Wege stehen, daſs der Erzähler in diesem Worte die Ursache jener Veränderung angeben wolle.
Bei der synoptischen Erzählung ist mit der Annahme einer bloſsen Prognose nicht abzukommen, da hier der Vater (Matth. V. 8.) eine heilende Einwirkung verlangt, und Jesus ihm (V. 13.) eben diese seine Bitte gewährt. Dadurch schien sich bei der Entfernung Jesu von dem Kranken, welche alle physische wie psychische Einwirkung unmöglich machte, der natürlichen Erklärung jeder Weg zu verschlieſsen: wenn nicht Ein Zug der Erzählung unerwartete Hülfe ge- boten hätte. Die Vergleichung nämlich, welche der Cen- turio zwischen sich und Jesu anstellt, daſs, wie er nur ein Wort sprechen dürfe, um durch seine Soldaten und Die- ner dieſs und jenes ausgerichtet zu sehen, so auch Jesum es nur ein Wort koste, seinem Knechte zur Gesundheit zu verhelfen, konnte man möglicherweise so pressen, daſs, wie auf Seiten des Hauptmanns, so auch auf Seiten Jesu an menschliche Mittelspersonen gedacht wurde. Demnach soll nun der Hauptmann Jesu haben vorstellen wollen, er dürfe nur zu einem seiner Jünger ein Wort sprechen, so werde dieser mit ihm gehen und seinen Knecht gesund machen, was sofort auch wirklich geschehen sein soll 12). Allein, da dieſs der erste Fall wäre, daſs Jesus durch sei- ne Jünger heilen lieſs, und der einzige, daſs er sie unmit- telbar zu einer bestimmten Heilung abschickte: wie konn- te dieser eigenthümliche Umstand sogar in der sonst so ausführlichen Erzählung des Lukas stillschweigend vor- ausgesetzt werden? warum, da dieser Referent in Aus- spinnung der übrigen Rede der Abgesandten nicht spar- sam ist, geizt er mit den paar Worten, welche Alles auf-
12)Paulus, ex. Handb. 1, b, S. 710 f.; natürliche Geschichte, 2, S. 285 ff.
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Zweiter Abschnitt.
ke lebe, mittheilt, so kann nur das falsche Bestreben, das
Wunderbare zu vermindern, der Anerkenntniſs im Wege
stehen, daſs der Erzähler in diesem Worte die Ursache
jener Veränderung angeben wolle.
Bei der synoptischen Erzählung ist mit der Annahme
einer bloſsen Prognose nicht abzukommen, da hier der Vater
(Matth. V. 8.) eine heilende Einwirkung verlangt, und Jesus
ihm (V. 13.) eben diese seine Bitte gewährt. Dadurch schien
sich bei der Entfernung Jesu von dem Kranken, welche alle
physische wie psychische Einwirkung unmöglich machte,
der natürlichen Erklärung jeder Weg zu verschlieſsen:
wenn nicht Ein Zug der Erzählung unerwartete Hülfe ge-
boten hätte. Die Vergleichung nämlich, welche der Cen-
turio zwischen sich und Jesu anstellt, daſs, wie er nur ein
Wort sprechen dürfe, um durch seine Soldaten und Die-
ner dieſs und jenes ausgerichtet zu sehen, so auch Jesum
es nur ein Wort koste, seinem Knechte zur Gesundheit zu
verhelfen, konnte man möglicherweise so pressen, daſs, wie
auf Seiten des Hauptmanns, so auch auf Seiten Jesu an
menschliche Mittelspersonen gedacht wurde. Demnach
soll nun der Hauptmann Jesu haben vorstellen wollen, er
dürfe nur zu einem seiner Jünger ein Wort sprechen, so
werde dieser mit ihm gehen und seinen Knecht gesund
machen, was sofort auch wirklich geschehen sein soll 12).
Allein, da dieſs der erste Fall wäre, daſs Jesus durch sei-
ne Jünger heilen lieſs, und der einzige, daſs er sie unmit-
telbar zu einer bestimmten Heilung abschickte: wie konn-
te dieser eigenthümliche Umstand sogar in der sonst so
ausführlichen Erzählung des Lukas stillschweigend vor-
ausgesetzt werden? warum, da dieser Referent in Aus-
spinnung der übrigen Rede der Abgesandten nicht spar-
sam ist, geizt er mit den paar Worten, welche Alles auf-
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2, S. 285 ff.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/137>, abgerufen am 22.11.2024.
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