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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Zweiter Abschnitt.
auf den Weg gemacht hatte 8). Anders dagegen verhält
es sich mit dem näheren Zusammenhang dieser Aussprü-
che. Während nämlich bei Matthäus zu der vorangegan-
genen Zusammenstellung der gleich schlechten Aufnahme,
welche Jesus wie Johannes gefunden, diese Klage über
die Hauptschauplätze der Wirksamkeit des Ersteren treff-
lich passt: ist schwer zu begreifen, wie Jesus nach Lukas
den auszusendenden Siebzigen gegenüber, welche ganz der
Zukunft zugekehrt sein mussten, von seiner eigenen trü-
ben Vergangenheit reden mochte, ohne doch das den gali-
läischen Städten angedrohte Strafgericht mit demjenigen in
Verbindung zu bringen, welches er eben vorher über die
Stadt ausgesprochen hatte, die seine Abgesandten nicht
aufnehmen würde. Vielmehr nur den Referenten erinnert
diese von Jesu überlieferte Vergleichung einer gegen seine
Jünger widerspenstigen Stadt mit Sodom an die ähnliche
der gegen ihn selbst unfolgsamen Orte mit Tyrus und
Sidon, ohne dass ihm die Unzusammengehörigkeit beider
zum Bewusstsein käme.

Die V. 25--27 folgende agalliasis über die den ne-
piois verliehene Einsicht knüpft Matthäus nur unbestimmt
an die vorhergegangene Verwünschung an; da sie jedoch
einen durch erfreuliche Anlässe geänderten Gemüthszustand
Jesu voraussezt: so würde es alle Wahrscheinlichkeit
haben, dass Lukas (10, 17. 21 ff.) die Rückkehr der Sie-
benzig mit erfreulichen Nachrichten als Anlass jener Rede
heraushebt; wenn nur die Auswahl und also auch die
Rückkehr der 70 Jünger nicht so problematisch wäre,
statt deren übrigens die der Zwölfe hiehergezogen werden
könnte. Die an dieses Frohlocken bei Matthäus sich
schliessende Einladung an die kopiontes kai pephortismenoi
(V. 28--30) fehlt bei Lukas, welcher statt dessen Jesum

8) Schleiermacher, über den Lukas, S. 169 f. Schneckenburger,
über den Ursprung u. s. f. S. 32 f.

Zweiter Abschnitt.
auf den Weg gemacht hatte 8). Anders dagegen verhält
es sich mit dem näheren Zusammenhang dieser Aussprü-
che. Während nämlich bei Matthäus zu der vorangegan-
genen Zusammenstellung der gleich schlechten Aufnahme,
welche Jesus wie Johannes gefunden, diese Klage über
die Hauptschauplätze der Wirksamkeit des Ersteren treff-
lich paſst: ist schwer zu begreifen, wie Jesus nach Lukas
den auszusendenden Siebzigen gegenüber, welche ganz der
Zukunft zugekehrt sein mussten, von seiner eigenen trü-
ben Vergangenheit reden mochte, ohne doch das den gali-
läischen Städten angedrohte Strafgericht mit demjenigen in
Verbindung zu bringen, welches er eben vorher über die
Stadt ausgesprochen hatte, die seine Abgesandten nicht
aufnehmen würde. Vielmehr nur den Referenten erinnert
diese von Jesu überlieferte Vergleichung einer gegen seine
Jünger widerspenstigen Stadt mit Sodom an die ähnliche
der gegen ihn selbst unfolgsamen Orte mit Tyrus und
Sidon, ohne daſs ihm die Unzusammengehörigkeit beider
zum Bewuſstsein käme.

Die V. 25—27 folgende ἀγαλλίασις über die den νη-
πίοις verliehene Einsicht knüpft Matthäus nur unbestimmt
an die vorhergegangene Verwünschung an; da sie jedoch
einen durch erfreuliche Anlässe geänderten Gemüthszustand
Jesu voraussezt: so würde es alle Wahrscheinlichkeit
haben, daſs Lukas (10, 17. 21 ff.) die Rückkehr der Sie-
benzig mit erfreulichen Nachrichten als Anlaſs jener Rede
heraushebt; wenn nur die Auswahl und also auch die
Rückkehr der 70 Jünger nicht so problematisch wäre,
statt deren übrigens die der Zwölfe hiehergezogen werden
könnte. Die an dieses Frohlocken bei Matthäus sich
schlieſsende Einladung an die κοπιῶντες καὶ πεφορτισμένοι
(V. 28—30) fehlt bei Lukas, welcher statt dessen Jesum

8) Schleiermacher, über den Lukas, S. 169 f. Schneckenburger,
über den Ursprung u. s. f. S. 32 f.
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[592/0616] Zweiter Abschnitt. auf den Weg gemacht hatte 8). Anders dagegen verhält es sich mit dem näheren Zusammenhang dieser Aussprü- che. Während nämlich bei Matthäus zu der vorangegan- genen Zusammenstellung der gleich schlechten Aufnahme, welche Jesus wie Johannes gefunden, diese Klage über die Hauptschauplätze der Wirksamkeit des Ersteren treff- lich paſst: ist schwer zu begreifen, wie Jesus nach Lukas den auszusendenden Siebzigen gegenüber, welche ganz der Zukunft zugekehrt sein mussten, von seiner eigenen trü- ben Vergangenheit reden mochte, ohne doch das den gali- läischen Städten angedrohte Strafgericht mit demjenigen in Verbindung zu bringen, welches er eben vorher über die Stadt ausgesprochen hatte, die seine Abgesandten nicht aufnehmen würde. Vielmehr nur den Referenten erinnert diese von Jesu überlieferte Vergleichung einer gegen seine Jünger widerspenstigen Stadt mit Sodom an die ähnliche der gegen ihn selbst unfolgsamen Orte mit Tyrus und Sidon, ohne daſs ihm die Unzusammengehörigkeit beider zum Bewuſstsein käme. Die V. 25—27 folgende ἀγαλλίασις über die den νη- πίοις verliehene Einsicht knüpft Matthäus nur unbestimmt an die vorhergegangene Verwünschung an; da sie jedoch einen durch erfreuliche Anlässe geänderten Gemüthszustand Jesu voraussezt: so würde es alle Wahrscheinlichkeit haben, daſs Lukas (10, 17. 21 ff.) die Rückkehr der Sie- benzig mit erfreulichen Nachrichten als Anlaſs jener Rede heraushebt; wenn nur die Auswahl und also auch die Rückkehr der 70 Jünger nicht so problematisch wäre, statt deren übrigens die der Zwölfe hiehergezogen werden könnte. Die an dieses Frohlocken bei Matthäus sich schlieſsende Einladung an die κοπιῶντες καὶ πεφορτισμένοι (V. 28—30) fehlt bei Lukas, welcher statt dessen Jesum 8) Schleiermacher, über den Lukas, S. 169 f. Schneckenburger, über den Ursprung u. s. f. S. 32 f.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/616>, abgerufen am 24.11.2024.