niss im ersten Evangelium nach Bartholomäus, die der bei- den andern auch noch nach Matthäus haben. Thomas, grie- chisch Didumos, kommt nur im vierten Evangelium einmal in der Rolle schwermuthsvoller Treue 11, 16.), ein ander- mal in der bekannteren des Schwerzuüberzeugenden vor (20, 24 ff.). Der nun folgende Matthäus findet sich sonst nur noch in seiner Berufungsgeschichte.
Die dritte Tetras wird übereinstimmend durch den Jakobus Alphäi eröffnet, von welchem schon oben die Re- de war. Auf ihn folgt in den beiden Verzeichnissen des Lukas Simon, welcher bei ihm o zelotes, bei Matthäus und Markus, die ihn um eine Stelle später haben, o kananites heisst, ein Beiname, der ihn als einen früher der jüdischen Sekte der Religionseiferer 2) Angehörigen zu bezeichnen scheint. Während nun die lezte Stelle in allen Verzeich- nissen, die ihn noch haben, mit Judas Ischariot besezt ist, von welchem erst in der Leidensgeschichte die Rede werden kann, so differiren in der Besetzung der in der dritten Te- trade noch offenen Stelle die Kataloge des Lukas von den beiden andern, indem jene einen Ioudas Iakobou, diese ei- nen Thaddaios oder nach Matthäus Lebbaios, epikletheis Thad- daios hier haben. Mit Recht tadelt Schleiermacher die zum Theil höchst unnatürlichen Versuche, auch hier nur zwei verschiedene Namen Einer Person nachzuweisen wenn er aber jene Differenz daraus zu erklären sucht, dass vielleicht noch zu Lebzeiten Jesu einer von beiden Männern gestorben oder aus dem Kreise der Apostel getre- ten sei und der andre seine Stelle eingenommen habe, so dass nun die einen Verzeichnisse den früheren, die andern den späteren Personalbestand wiedergeben 3): so ist ge- wiss keiner unsrer Apostelkataloge aus den Lebzeiten Je- su her; nachher aber wird wohl Niemand ein früh abge-
2) s. Joseph. bell. jud. 4, 3, 9.
3) Über den Lukas, S. 88 f.
Fünftes Kapitel. §. 71.
niſs im ersten Evangelium nach Bartholomäus, die der bei- den andern auch noch nach Matthäus haben. Thomas, grie- chisch Δίδυμος, kommt nur im vierten Evangelium einmal in der Rolle schwermuthsvoller Treue 11, 16.), ein ander- mal in der bekannteren des Schwerzuüberzeugenden vor (20, 24 ff.). Der nun folgende Matthäus findet sich sonst nur noch in seiner Berufungsgeschichte.
Die dritte Tetras wird übereinstimmend durch den Jakobus Alphäi eröffnet, von welchem schon oben die Re- de war. Auf ihn folgt in den beiden Verzeichnissen des Lukas Simon, welcher bei ihm ὁ ζηλωτὴς, bei Matthäus und Markus, die ihn um eine Stelle später haben, ὁ κανανίτης heiſst, ein Beiname, der ihn als einen früher der jüdischen Sekte der Religionseiferer 2) Angehörigen zu bezeichnen scheint. Während nun die lezte Stelle in allen Verzeich- nissen, die ihn noch haben, mit Judas Ischariot besezt ist, von welchem erst in der Leidensgeschichte die Rede werden kann, so differiren in der Besetzung der in der dritten Te- trade noch offenen Stelle die Kataloge des Lukas von den beiden andern, indem jene einen Ἰούδας Ἰακώβου, diese ei- nen Θαδδαῖος oder nach Matthäus Λεββαῖος, ἐπικληϑεὶς Θαδ- δαῖος hier haben. Mit Recht tadelt Schleiermacher die zum Theil höchst unnatürlichen Versuche, auch hier nur zwei verschiedene Namen Einer Person nachzuweisen wenn er aber jene Differenz daraus zu erklären sucht, daſs vielleicht noch zu Lebzeiten Jesu einer von beiden Männern gestorben oder aus dem Kreise der Apostel getre- ten sei und der andre seine Stelle eingenommen habe, so daſs nun die einen Verzeichnisse den früheren, die andern den späteren Personalbestand wiedergeben 3): so ist ge- wiſs keiner unsrer Apostelkataloge aus den Lebzeiten Je- su her; nachher aber wird wohl Niemand ein früh abge-
2) s. Joseph. bell. jud. 4, 3, 9.
3) Über den Lukas, S. 88 f.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0589"n="565"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Fünftes Kapitel</hi>. §. 71.</fw><lb/>
niſs im ersten Evangelium nach Bartholomäus, die der bei-<lb/>
den andern auch noch nach Matthäus haben. Thomas, grie-<lb/>
chisch Δίδυμος, kommt nur im vierten Evangelium einmal<lb/>
in der Rolle schwermuthsvoller Treue 11, 16.), ein ander-<lb/>
mal in der bekannteren des Schwerzuüberzeugenden vor<lb/>
(20, 24 ff.). Der nun folgende Matthäus findet sich sonst<lb/>
nur noch in seiner Berufungsgeschichte.</p><lb/><p>Die dritte Tetras wird übereinstimmend durch den<lb/>
Jakobus Alphäi eröffnet, von welchem schon oben die Re-<lb/>
de war. Auf ihn folgt in den beiden Verzeichnissen des<lb/>
Lukas Simon, welcher bei ihm ὁζηλωτὴς, bei Matthäus und<lb/>
Markus, die ihn um eine Stelle später haben, <foreignxml:lang="ell">ὁκανανίτης</foreign><lb/>
heiſst, ein Beiname, der ihn als einen früher der jüdischen<lb/>
Sekte der Religionseiferer <noteplace="foot"n="2)">s. Joseph. bell. jud. 4, 3, 9.</note> Angehörigen zu bezeichnen<lb/>
scheint. Während nun die lezte Stelle in allen Verzeich-<lb/>
nissen, die ihn noch haben, mit Judas Ischariot besezt ist, von<lb/>
welchem erst in der Leidensgeschichte die Rede werden<lb/>
kann, so differiren in der Besetzung der in der dritten Te-<lb/>
trade noch offenen Stelle die Kataloge des Lukas von den<lb/>
beiden andern, indem jene einen <foreignxml:lang="ell">ἸούδαςἸακώβου</foreign>, diese ei-<lb/>
nen <foreignxml:lang="ell">Θαδδαῖος</foreign> oder nach Matthäus <foreignxml:lang="ell">Λεββαῖος, ἐπικληϑεὶςΘαδ-<lb/>δαῖος</foreign> hier haben. Mit Recht tadelt <hirendition="#k">Schleiermacher</hi> die<lb/>
zum Theil höchst unnatürlichen Versuche, auch hier nur<lb/>
zwei verschiedene Namen Einer Person nachzuweisen<lb/>
wenn er aber jene Differenz daraus zu erklären sucht,<lb/>
daſs vielleicht noch zu Lebzeiten Jesu einer von beiden<lb/>
Männern gestorben oder aus dem Kreise der Apostel getre-<lb/>
ten sei und der andre seine Stelle eingenommen habe, so<lb/>
daſs nun die einen Verzeichnisse den früheren, die andern<lb/>
den späteren Personalbestand wiedergeben <noteplace="foot"n="3)">Über den Lukas, S. 88 f.</note>: so ist ge-<lb/>
wiſs keiner unsrer Apostelkataloge aus den Lebzeiten Je-<lb/>
su her; nachher aber wird wohl Niemand ein früh abge-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[565/0589]
Fünftes Kapitel. §. 71.
niſs im ersten Evangelium nach Bartholomäus, die der bei-
den andern auch noch nach Matthäus haben. Thomas, grie-
chisch Δίδυμος, kommt nur im vierten Evangelium einmal
in der Rolle schwermuthsvoller Treue 11, 16.), ein ander-
mal in der bekannteren des Schwerzuüberzeugenden vor
(20, 24 ff.). Der nun folgende Matthäus findet sich sonst
nur noch in seiner Berufungsgeschichte.
Die dritte Tetras wird übereinstimmend durch den
Jakobus Alphäi eröffnet, von welchem schon oben die Re-
de war. Auf ihn folgt in den beiden Verzeichnissen des
Lukas Simon, welcher bei ihm ὁ ζηλωτὴς, bei Matthäus und
Markus, die ihn um eine Stelle später haben, ὁ κανανίτης
heiſst, ein Beiname, der ihn als einen früher der jüdischen
Sekte der Religionseiferer 2) Angehörigen zu bezeichnen
scheint. Während nun die lezte Stelle in allen Verzeich-
nissen, die ihn noch haben, mit Judas Ischariot besezt ist, von
welchem erst in der Leidensgeschichte die Rede werden
kann, so differiren in der Besetzung der in der dritten Te-
trade noch offenen Stelle die Kataloge des Lukas von den
beiden andern, indem jene einen Ἰούδας Ἰακώβου, diese ei-
nen Θαδδαῖος oder nach Matthäus Λεββαῖος, ἐπικληϑεὶς Θαδ-
δαῖος hier haben. Mit Recht tadelt Schleiermacher die
zum Theil höchst unnatürlichen Versuche, auch hier nur
zwei verschiedene Namen Einer Person nachzuweisen
wenn er aber jene Differenz daraus zu erklären sucht,
daſs vielleicht noch zu Lebzeiten Jesu einer von beiden
Männern gestorben oder aus dem Kreise der Apostel getre-
ten sei und der andre seine Stelle eingenommen habe, so
daſs nun die einen Verzeichnisse den früheren, die andern
den späteren Personalbestand wiedergeben 3): so ist ge-
wiſs keiner unsrer Apostelkataloge aus den Lebzeiten Je-
su her; nachher aber wird wohl Niemand ein früh abge-
2) s. Joseph. bell. jud. 4, 3, 9.
3) Über den Lukas, S. 88 f.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/589>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.