mitteln (Joh. 4, 8.) und andern Reisebedürfnissen (Matth. 21, 1 ff.) behülflich waren; andrerseits sollten sie in sei- ner Gesellschaft herangebildet werden zu grammateis mathe- teuthentes eis ten basileian ton ouranon (Matth. 13, 52.), zu welchem Behufe ihnen Gelegenheit gegeben war, theils Jesu meisten Lehrvorträgen anzuwohnen, und selbst noch besondre Aufschlüsse über dieselben sich von ihm zu er- bitten (Matth. 13, 10 ff. 36 ff.), theils durch seine ebenso freundliche als strenge Zucht ihre Gesinnung zu läutern (Matth. 8, 26. 16, 23. 18, 1 ff. 21 ff. Luc. 9, 50. 55 f. Joh. 13, 12 ff. u. s.), theils endlich durch den Anblick sei- nes Vorbildes sich zu heben (Joh. 14, 9). Daran schliesst sich sofort das Zweite an, was dort als Zweck der Erwäh- lung der Zwölfe namhaft gemacht wird, ina aposelle autous kerussein, nämlich ten basileian ton ouranon (womit in der Stelle bei Markus noch die exousia therapeuein tas nosous kai ekballein ta daimonia verbunden ist, ein Punkt, von welchem erst später die Rede werden kann).
Eben von dieser Bestimmung hatten sie auch den aus- zeichnenden Namen aposoloi (Matth. 10, 2. Marc. 6, 30. Luc. 6, 13 u. s.). Man hat gezweifelt, ob wirklich nach Luc. 6, 13. dieser Name den Zwölfen von Jesus selbst schon beigelegt gewesen, und nicht vielleicht erst später ex eventu aufgekommen sei 5)? Allein, dass Jesus sie seine Abgesandten genannt habe, kann nichts Unwahr- scheinliches haben, wenn er sie wirklich schon (Matth. 10, 5 ff. parall.) auf eine Reise zur Verkündigung des na- henden Messiasreiches ausgesendet hat. Freilich könnte man eben auch diese Sendung dafür ansehen, aus der Zeit nach Jesu Tod in seine Lebzeiten zurückgetragen zu sein, um von der nachherigen Mission der Apostel ein Vorspiel noch unter Jesu Augen vorgehen zu lassen: indess da es gar nichts Unwahrscheinliches hat, dass Jesus, vielleicht
5)Schleiermacher, a. a. O. S. 87.
Fünftes Kapitel. §. 69.
mitteln (Joh. 4, 8.) und andern Reisebedürfnissen (Matth. 21, 1 ff.) behülflich waren; andrerseits sollten sie in sei- ner Gesellschaft herangebildet werden zu γραμματεῖς μαϑη- τευϑέντες εἰς τὴν βασιλείαν τῶν οὐρανῶν (Matth. 13, 52.), zu welchem Behufe ihnen Gelegenheit gegeben war, theils Jesu meisten Lehrvorträgen anzuwohnen, und selbst noch besondre Aufschlüsse über dieselben sich von ihm zu er- bitten (Matth. 13, 10 ff. 36 ff.), theils durch seine ebenso freundliche als strenge Zucht ihre Gesinnung zu läutern (Matth. 8, 26. 16, 23. 18, 1 ff. 21 ff. Luc. 9, 50. 55 f. Joh. 13, 12 ff. u. s.), theils endlich durch den Anblick sei- nes Vorbildes sich zu heben (Joh. 14, 9). Daran schlieſst sich sofort das Zweite an, was dort als Zweck der Erwäh- lung der Zwölfe namhaft gemacht wird, ἵνα ἀποςέλλῃ αὐτοὺς κηρύσσειν, nämlich τὴν βασιλείαν τῶν οὐρανῶν (womit in der Stelle bei Markus noch die ἐξουσία ϑεραπεύειν τὰς νόσους καὶ ἐκβάλλειν τὰ δαιμόνια verbunden ist, ein Punkt, von welchem erst später die Rede werden kann).
Eben von dieser Bestimmung hatten sie auch den aus- zeichnenden Namen ἀπόςολοι (Matth. 10, 2. Marc. 6, 30. Luc. 6, 13 u. s.). Man hat gezweifelt, ob wirklich nach Luc. 6, 13. dieser Name den Zwölfen von Jesus selbst schon beigelegt gewesen, und nicht vielleicht erst später ex eventu aufgekommen sei 5)? Allein, daſs Jesus sie seine Abgesandten genannt habe, kann nichts Unwahr- scheinliches haben, wenn er sie wirklich schon (Matth. 10, 5 ff. parall.) auf eine Reise zur Verkündigung des na- henden Messiasreiches ausgesendet hat. Freilich könnte man eben auch diese Sendung dafür ansehen, aus der Zeit nach Jesu Tod in seine Lebzeiten zurückgetragen zu sein, um von der nachherigen Mission der Apostel ein Vorspiel noch unter Jesu Augen vorgehen zu lassen: indeſs da es gar nichts Unwahrscheinliches hat, daſs Jesus, vielleicht
5)Schleiermacher, a. a. O. S. 87.
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Fünftes Kapitel. §. 69.
mitteln (Joh. 4, 8.) und andern Reisebedürfnissen (Matth.
21, 1 ff.) behülflich waren; andrerseits sollten sie in sei-
ner Gesellschaft herangebildet werden zu γραμματεῖς μαϑη-
τευϑέντες εἰς τὴν βασιλείαν τῶν οὐρανῶν (Matth. 13, 52.),
zu welchem Behufe ihnen Gelegenheit gegeben war, theils
Jesu meisten Lehrvorträgen anzuwohnen, und selbst noch
besondre Aufschlüsse über dieselben sich von ihm zu er-
bitten (Matth. 13, 10 ff. 36 ff.), theils durch seine ebenso
freundliche als strenge Zucht ihre Gesinnung zu läutern
(Matth. 8, 26. 16, 23. 18, 1 ff. 21 ff. Luc. 9, 50. 55 f.
Joh. 13, 12 ff. u. s.), theils endlich durch den Anblick sei-
nes Vorbildes sich zu heben (Joh. 14, 9). Daran schlieſst
sich sofort das Zweite an, was dort als Zweck der Erwäh-
lung der Zwölfe namhaft gemacht wird, ἵνα ἀποςέλλῃ αὐτοὺς
κηρύσσειν, nämlich τὴν βασιλείαν τῶν οὐρανῶν (womit in
der Stelle bei Markus noch die ἐξουσία ϑεραπεύειν τὰς νόσους
καὶ ἐκβάλλειν τὰ δαιμόνια verbunden ist, ein Punkt, von
welchem erst später die Rede werden kann).
Eben von dieser Bestimmung hatten sie auch den aus-
zeichnenden Namen ἀπόςολοι (Matth. 10, 2. Marc. 6, 30.
Luc. 6, 13 u. s.). Man hat gezweifelt, ob wirklich nach
Luc. 6, 13. dieser Name den Zwölfen von Jesus selbst
schon beigelegt gewesen, und nicht vielleicht erst später
ex eventu aufgekommen sei 5)? Allein, daſs Jesus sie
seine Abgesandten genannt habe, kann nichts Unwahr-
scheinliches haben, wenn er sie wirklich schon (Matth.
10, 5 ff. parall.) auf eine Reise zur Verkündigung des na-
henden Messiasreiches ausgesendet hat. Freilich könnte
man eben auch diese Sendung dafür ansehen, aus der Zeit
nach Jesu Tod in seine Lebzeiten zurückgetragen zu sein,
um von der nachherigen Mission der Apostel ein Vorspiel
noch unter Jesu Augen vorgehen zu lassen: indeſs da es
gar nichts Unwahrscheinliches hat, daſs Jesus, vielleicht
5) Schleiermacher, a. a. O. S. 87.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/575>, abgerufen am 18.07.2024.
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