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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Viertes Kapitel. §. 65.
als Repräsentantin eines unreinen Volkes, das die Ehe mit
Jehova gebrochen hatte und jezt in falschem Gottesdienste
lebte, daher es von ihr nicht wie von Rebekka heissen
konnte: parthenos en, aner ouk egno au[t]en (LXX), sondern
Jesus musste ihr sagen: pente andras eskhes, kai nun on
ekheis, ouk esi sou aner, und auch der gute Wille des Wei-
bes, verbunden mit schwacher Kraft und Einsicht, bezeich-
net ganz den damaligen Zustand des Volks von Samaria.
So ist das Zusammentreffen Jesu mit dem samarischen Weibe
nur die poetische Darstellung seiner gleich darauf erzähl-
ten Wirksamkeit unter den Samaritanern, wie diese selbst
nur das sagenhafte Vorspiel jener nach Jesu Tode erfolg-
ten Ausbreitung des Christenthums in Samarien ist.

Da sich somit die Erzählung von einem Verhältniss,
welches Jesus als Messias mit den Samaritanern angeknüpft
hätte, als unhistorisch ausgewiesen hat: so bliebe nur noch
seine denselben günstige Beobachtung Luc. 17, 16. neben
der ungünstigen Luc. 9, 53, und neben dem Verbote Matth.
10, 5. die lobende Parabel Luc. 10, 30 ff. und die Anwei-
sung, in Samarien das Evangelium zu verkündigen A. G. 1, 8.
Da nun diese ausdrückliche Anweisung als eine erst nach
der Auferstehung Jesu geschehene bis zur Untersuchung
dieses Faktums uns problematisch bleiben muss: so fragt
sich, ob auch ohne sie und unerachtet jenes Verbots das
unbedenkliche Verfahren der Apostel A.G. 8, sich erklären
lässt, oder ob, sei es von Seiten der Apostelgeschichte ein
Übergehen stattgehabter Bedenklichkeiten, oder lieber von
Seiten des Matthäus eine zu partikularistische Zeichnung
Jesu angenommen werden soll? was hier nicht weiter zu
untersuchen ist.


Viertes Kapitel. §. 65.
als Repräsentantin eines unreinen Volkes, das die Ehe mit
Jehova gebrochen hatte und jezt in falschem Gottesdienste
lebte, daher es von ihr nicht wie von Rebekka heiſsen
konnte: παρϑένος ἦν, ἀνὴρ οὐκ ἔγνω αὐ[τ]ὴν (LXX), sondern
Jesus muſste ihr sagen: πέντε ἄνδρας ἔσχεs, καὶ νῦν ὃν
ἔχεις, οὐκ ἔςι σου ἀνὴρ, und auch der gute Wille des Wei-
bes, verbunden mit schwacher Kraft und Einsicht, bezeich-
net ganz den damaligen Zustand des Volks von Samaria.
So ist das Zusammentreffen Jesu mit dem samarischen Weibe
nur die poëtische Darstellung seiner gleich darauf erzähl-
ten Wirksamkeit unter den Samaritanern, wie diese selbst
nur das sagenhafte Vorspiel jener nach Jesu Tode erfolg-
ten Ausbreitung des Christenthums in Samarien ist.

Da sich somit die Erzählung von einem Verhältniſs,
welches Jesus als Messias mit den Samaritanern angeknüpft
hätte, als unhistorisch ausgewiesen hat: so bliebe nur noch
seine denselben günstige Beobachtung Luc. 17, 16. neben
der ungünstigen Luc. 9, 53, und neben dem Verbote Matth.
10, 5. die lobende Parabel Luc. 10, 30 ff. und die Anwei-
sung, in Samarien das Evangelium zu verkündigen A. G. 1, 8.
Da nun diese ausdrückliche Anweisung als eine erst nach
der Auferstehung Jesu geschehene bis zur Untersuchung
dieses Faktums uns problematisch bleiben muſs: so fragt
sich, ob auch ohne sie und unerachtet jenes Verbots das
unbedenkliche Verfahren der Apostel A.G. 8, sich erklären
läſst, oder ob, sei es von Seiten der Apostelgeschichte ein
Übergehen stattgehabter Bedenklichkeiten, oder lieber von
Seiten des Matthäus eine zu partikularistische Zeichnung
Jesu angenommen werden soll? was hier nicht weiter zu
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[519/0543] Viertes Kapitel. §. 65. als Repräsentantin eines unreinen Volkes, das die Ehe mit Jehova gebrochen hatte und jezt in falschem Gottesdienste lebte, daher es von ihr nicht wie von Rebekka heiſsen konnte: παρϑένος ἦν, ἀνὴρ οὐκ ἔγνω αὐτὴν (LXX), sondern Jesus muſste ihr sagen: πέντε ἄνδρας ἔσχεs, καὶ νῦν ὃν ἔχεις, οὐκ ἔςι σου ἀνὴρ, und auch der gute Wille des Wei- bes, verbunden mit schwacher Kraft und Einsicht, bezeich- net ganz den damaligen Zustand des Volks von Samaria. So ist das Zusammentreffen Jesu mit dem samarischen Weibe nur die poëtische Darstellung seiner gleich darauf erzähl- ten Wirksamkeit unter den Samaritanern, wie diese selbst nur das sagenhafte Vorspiel jener nach Jesu Tode erfolg- ten Ausbreitung des Christenthums in Samarien ist. Da sich somit die Erzählung von einem Verhältniſs, welches Jesus als Messias mit den Samaritanern angeknüpft hätte, als unhistorisch ausgewiesen hat: so bliebe nur noch seine denselben günstige Beobachtung Luc. 17, 16. neben der ungünstigen Luc. 9, 53, und neben dem Verbote Matth. 10, 5. die lobende Parabel Luc. 10, 30 ff. und die Anwei- sung, in Samarien das Evangelium zu verkündigen A. G. 1, 8. Da nun diese ausdrückliche Anweisung als eine erst nach der Auferstehung Jesu geschehene bis zur Untersuchung dieses Faktums uns problematisch bleiben muſs: so fragt sich, ob auch ohne sie und unerachtet jenes Verbots das unbedenkliche Verfahren der Apostel A.G. 8, sich erklären läſst, oder ob, sei es von Seiten der Apostelgeschichte ein Übergehen stattgehabter Bedenklichkeiten, oder lieber von Seiten des Matthäus eine zu partikularistische Zeichnung Jesu angenommen werden soll? was hier nicht weiter zu untersuchen ist.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/543>, abgerufen am 22.11.2024.