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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Zweites Kapitel. §. 52.
hebräischen Alterthum als heilige Zahl eine Rolle spielt 9).
Namentlich scheinen die 40 Tage der Versuchung Jesu im
verkleinerten Maassstabe dasselbe zu sein, was die 40 Prü-
fungsjahre des israelitischen Volks in der Wüste 10). Denn
dass bei der Versuchung Jesu auf die Versuchungen, wel-
che das Volk in der Wüste zu bestehen hatte, ganz beson-
dere Rücksicht genommen ist, zeigt schon der Umstand, dass
alle, vom Satan gegenüber von Jesu angezogenen Schrift-
stellen aus der rekapitulirenden Schilderung des Zugs der
Israeliten, 5. Mos. 6 und 8, genommen sind. Auch der Apo-
stel Paulus zählt 1. Kor. 10, 6 ff. eine Reihe von Zügen aus
dem Benehmen der Israeliten in der Wüste, sammt den
von Gott dafür verhängten Strafgerichten auf, und warnt
die Christen vor einem ähnlichen Betragen, indem, wie er
V. 6 und 11 sagt, jene Strafgerichte über die Alten als
tupoi für die zu seiner Zeit, die er als tele ton aionon
bezeichnet, Lebenden, verhängt worden seien, wesswegen,
wer stehe, zusehen möge, dass er nicht falle. Schwerlich
war diess blos zufällige Privatmeinung des Apostels, son-
dern, wie überhaupt das Mosaische, so scheinen besonders
diese harten Prüfungen des von Moses geführten Volkes als
Vorbilder derjenigen angesehen worden zu sein, welche in
der durch den Messias herbeizuführenden Katastrophe sei-
nen Anhängern, vor Allen aber ihrem Anführer, dem Mes-
sias selbst, bevorständen, der hier in sofern als Antitypus
des Volks erscheint, als er alle die Versuchungen, wel-
chen dieses erlegen war, siegreich bestehen sollte.

So war also die erste Versuchung des Messias dadurch
zum Voraus bestimmt, dass das Volk Israel in der Wüste
hauptsächlich durch Hunger versucht worden war 11); wie

9) s. Wetstein, S. 270; de Wette, in Daub's und Creuzer's
Studien, 3, S. 245.
10) Olshausen, 1, S. 188.
11) 5. Mos. 8, 3 (Fortsetzung des not. 8. Angeführten): kai
ekakose se kai elimagkhonese se k. t. l.

Zweites Kapitel. §. 52.
hebräischen Alterthum als heilige Zahl eine Rolle spielt 9).
Namentlich scheinen die 40 Tage der Versuchung Jesu im
verkleinerten Maaſsstabe dasselbe zu sein, was die 40 Prü-
fungsjahre des israëlitischen Volks in der Wüste 10). Denn
daſs bei der Versuchung Jesu auf die Versuchungen, wel-
che das Volk in der Wüste zu bestehen hatte, ganz beson-
dere Rücksicht genommen ist, zeigt schon der Umstand, daſs
alle, vom Satan gegenüber von Jesu angezogenen Schrift-
stellen aus der rekapitulirenden Schilderung des Zugs der
Israëliten, 5. Mos. 6 und 8, genommen sind. Auch der Apo-
stel Paulus zählt 1. Kor. 10, 6 ff. eine Reihe von Zügen aus
dem Benehmen der Israëliten in der Wüste, sammt den
von Gott dafür verhängten Strafgerichten auf, und warnt
die Christen vor einem ähnlichen Betragen, indem, wie er
V. 6 und 11 sagt, jene Strafgerichte über die Alten als
τύποι für die zu seiner Zeit, die er als τέλη τῶν αἰώνων
bezeichnet, Lebenden, verhängt worden seien, weſswegen,
wer stehe, zusehen möge, daſs er nicht falle. Schwerlich
war dieſs blos zufällige Privatmeinung des Apostels, son-
dern, wie überhaupt das Mosaische, so scheinen besonders
diese harten Prüfungen des von Moses geführten Volkes als
Vorbilder derjenigen angesehen worden zu sein, welche in
der durch den Messias herbeizuführenden Katastrophe sei-
nen Anhängern, vor Allen aber ihrem Anführer, dem Mes-
sias selbst, bevorständen, der hier in sofern als Antitypus
des Volks erscheint, als er alle die Versuchungen, wel-
chen dieses erlegen war, siegreich bestehen sollte.

So war also die erste Versuchung des Messias dadurch
zum Voraus bestimmt, daſs das Volk Israël in der Wüste
hauptsächlich durch Hunger versucht worden war 11); wie

9) s. Wetstein, S. 270; de Wette, in Daub's und Creuzer's
Studien, 3, S. 245.
10) Olshausen, 1, S. 188.
11) 5. Mos. 8, 3 (Fortsetzung des not. 8. Angeführten): καὶ
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[423/0447] Zweites Kapitel. §. 52. hebräischen Alterthum als heilige Zahl eine Rolle spielt 9). Namentlich scheinen die 40 Tage der Versuchung Jesu im verkleinerten Maaſsstabe dasselbe zu sein, was die 40 Prü- fungsjahre des israëlitischen Volks in der Wüste 10). Denn daſs bei der Versuchung Jesu auf die Versuchungen, wel- che das Volk in der Wüste zu bestehen hatte, ganz beson- dere Rücksicht genommen ist, zeigt schon der Umstand, daſs alle, vom Satan gegenüber von Jesu angezogenen Schrift- stellen aus der rekapitulirenden Schilderung des Zugs der Israëliten, 5. Mos. 6 und 8, genommen sind. Auch der Apo- stel Paulus zählt 1. Kor. 10, 6 ff. eine Reihe von Zügen aus dem Benehmen der Israëliten in der Wüste, sammt den von Gott dafür verhängten Strafgerichten auf, und warnt die Christen vor einem ähnlichen Betragen, indem, wie er V. 6 und 11 sagt, jene Strafgerichte über die Alten als τύποι für die zu seiner Zeit, die er als τέλη τῶν αἰώνων bezeichnet, Lebenden, verhängt worden seien, weſswegen, wer stehe, zusehen möge, daſs er nicht falle. Schwerlich war dieſs blos zufällige Privatmeinung des Apostels, son- dern, wie überhaupt das Mosaische, so scheinen besonders diese harten Prüfungen des von Moses geführten Volkes als Vorbilder derjenigen angesehen worden zu sein, welche in der durch den Messias herbeizuführenden Katastrophe sei- nen Anhängern, vor Allen aber ihrem Anführer, dem Mes- sias selbst, bevorständen, der hier in sofern als Antitypus des Volks erscheint, als er alle die Versuchungen, wel- chen dieses erlegen war, siegreich bestehen sollte. So war also die erste Versuchung des Messias dadurch zum Voraus bestimmt, daſs das Volk Israël in der Wüste hauptsächlich durch Hunger versucht worden war 11); wie 9) s. Wetstein, S. 270; de Wette, in Daub's und Creuzer's Studien, 3, S. 245. 10) Olshausen, 1, S. 188. 11) 5. Mos. 8, 3 (Fortsetzung des not. 8. Angeführten): καὶ ἐκάκωσέ σε καὶ ἐλιμαγχόνησέ σε κ. τ. λ.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/447>, abgerufen am 22.11.2024.