Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Erster Abschnitt. liegende Entscheidungsgrund vollständig ersetzt durch einen,der in den Worten liegt. Lukas nämlich sagt (V. 39.) gar zu bestimmt, nach Vollendung der gesetzlichen Opfer u. s. f., seien Jesu Eltern wieder nach Nazaret zurückgekehrt, als in ihre eigentliche Heimath, und nicht nach dem blos vor- übergehenden Aufenthaltsort Bethlehem. Kamen also die Magier nach der Darstellung im Tempel: so mussten sie die Eltern Jesu schon wieder in Nazaret treffen und nicht in Bethlehem, wie Matthäus sagt 3). Dazu kommt noch, dass, wenn wirklich der Ankunft der Magier die Darstel- lung im Tempel mit dem Aufsehen, welches die Reden Si- meon's und der Hanna machen mussten, schon vorangegan- gen war: unmöglich dann bei der Ankunft der Magier die Geburt des messianischen Kindes zu Jerusalem noch so un- bekannt sein konnte, dass, wie Matthäus meldet, die An- kündigung derselben durch die Magier allgemeine Bestür- zung erregte (2, 3.) 4). 3) Was Olshausen S. 147. einen mindestens haltbaren Ausweg für denjenigen nennt, der die Syrten der Mythen zu vermei- den den Beruf fühle, dass nämlich (S. 145.) zwischen das bei Lukas 2, 39. unmittelbar verbundene os etelesan apan- ta und upesrepsan eis Nazaret sich gar wohl noch andere Reisen hineindenken lassen, indem das upesrepsan k. t. l. als Schlussformel nur den fortan bleibenden Aufenthalt Jesu anzeige, vor welchem wohl noch einige vorübergehende (wie Bethlehem, Ägypten) vorangegangen sein könnten, -- das sollte er vielmehr eine Ausflucht heissen, die nur derjenige haltbar zu nennen den Beruf fühlen kann, welcher befangen genug ist, vor Mythen im N. T. als vor Syrten zurückzu- schrecken. -- Dass aber nach Michaelis (Anmerk. zu seiner Übersetzung S. 379.) der Weg von Jerusalem nach Nazaret über das in entgegengesetzter Richtung gelegene Bethlehem geführt haben solle, eine so kecke Behauptung zeigt am deutlichsten, wie verzweifelt es um eine Sache ste- he, welcher zulieb dergleichen gemacht werden. 4) Dieselbe Differenz in Feststellung des chronologischen Ver-
Erster Abschnitt. liegende Entscheidungsgrund vollständig ersetzt durch einen,der in den Worten liegt. Lukas nämlich sagt (V. 39.) gar zu bestimmt, nach Vollendung der gesetzlichen Opfer u. s. f., seien Jesu Eltern wieder nach Nazaret zurückgekehrt, als in ihre eigentliche Heimath, und nicht nach dem blos vor- übergehenden Aufenthaltsort Bethlehem. Kamen also die Magier nach der Darstellung im Tempel: so muſsten sie die Eltern Jesu schon wieder in Nazaret treffen und nicht in Bethlehem, wie Matthäus sagt 3). Dazu kommt noch, daſs, wenn wirklich der Ankunft der Magier die Darstel- lung im Tempel mit dem Aufsehen, welches die Reden Si- meon's und der Hanna machen muſsten, schon vorangegan- gen war: unmöglich dann bei der Ankunft der Magier die Geburt des messianischen Kindes zu Jerusalem noch so un- bekannt sein konnte, daſs, wie Matthäus meldet, die An- kündigung derselben durch die Magier allgemeine Bestür- zung erregte (2, 3.) 4). 3) Was Olshausen S. 147. einen mindestens haltbaren Ausweg für denjenigen nennt, der die Syrten der Mythen zu vermei- den den Beruf fühle, dass nämlich (S. 145.) zwischen das bei Lukas 2, 39. unmittelbar verbundene ὡς ἐτέλεσαν απαν- τα und ὑπέςρεψαν εἰς Ναζαρὲτ sich gar wohl noch andere Reisen hineindenken lassen, indem das ὑπέςρεψαν κ. τ. λ. als Schlussformel nur den fortan bleibenden Aufenthalt Jesu anzeige, vor welchem wohl noch einige vorübergehende (wie Bethlehem, Ägypten) vorangegangen sein könnten, — das sollte er vielmehr eine Ausflucht heissen, die nur derjenige haltbar zu nennen den Beruf fühlen kann, welcher befangen genug ist, vor Mythen im N. T. als vor Syrten zurückzu- schrecken. — Dass aber nach Michaelis (Anmerk. zu seiner Übersetzung S. 379.) der Weg von Jerusalem nach Nazaret über das in entgegengesetzter Richtung gelegene Bethlehem geführt haben solle, eine so kecke Behauptung zeigt am deutlichsten, wie verzweifelt es um eine Sache ste- he, welcher zulieb dergleichen gemacht werden. 4) Dieselbe Differenz in Feststellung des chronologischen Ver-
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Erster Abschnitt.
liegende Entscheidungsgrund vollständig ersetzt durch einen,
der in den Worten liegt. Lukas nämlich sagt (V. 39.) gar
zu bestimmt, nach Vollendung der gesetzlichen Opfer u. s. f.,
seien Jesu Eltern wieder nach Nazaret zurückgekehrt, als
in ihre eigentliche Heimath, und nicht nach dem blos vor-
übergehenden Aufenthaltsort Bethlehem. Kamen also die
Magier nach der Darstellung im Tempel: so muſsten sie
die Eltern Jesu schon wieder in Nazaret treffen und nicht
in Bethlehem, wie Matthäus sagt 3). Dazu kommt noch,
daſs, wenn wirklich der Ankunft der Magier die Darstel-
lung im Tempel mit dem Aufsehen, welches die Reden Si-
meon's und der Hanna machen muſsten, schon vorangegan-
gen war: unmöglich dann bei der Ankunft der Magier die
Geburt des messianischen Kindes zu Jerusalem noch so un-
bekannt sein konnte, daſs, wie Matthäus meldet, die An-
kündigung derselben durch die Magier allgemeine Bestür-
zung erregte (2, 3.) 4).
3) Was Olshausen S. 147. einen mindestens haltbaren Ausweg
für denjenigen nennt, der die Syrten der Mythen zu vermei-
den den Beruf fühle, dass nämlich (S. 145.) zwischen das
bei Lukas 2, 39. unmittelbar verbundene ὡς ἐτέλεσαν απαν-
τα und ὑπέςρεψαν εἰς Ναζαρὲτ sich gar wohl noch andere
Reisen hineindenken lassen, indem das ὑπέςρεψαν κ. τ. λ.
als Schlussformel nur den fortan bleibenden Aufenthalt Jesu
anzeige, vor welchem wohl noch einige vorübergehende (wie
Bethlehem, Ägypten) vorangegangen sein könnten, — das
sollte er vielmehr eine Ausflucht heissen, die nur derjenige
haltbar zu nennen den Beruf fühlen kann, welcher befangen
genug ist, vor Mythen im N. T. als vor Syrten zurückzu-
schrecken. — Dass aber nach Michaelis (Anmerk. zu seiner
Übersetzung S. 379.) der Weg von Jerusalem nach Nazaret
über das in entgegengesetzter Richtung gelegene
Bethlehem geführt haben solle, eine so kecke Behauptung
zeigt am deutlichsten, wie verzweifelt es um eine Sache ste-
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