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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Erster Abschnitt.
Erfolg. Das war aber doch nur eine Auslegung in der
bekannten rabbinischen Weise, die Worte zu pressen. Denn
abgesehen davon, ob unter dem lshevom in der angeführten
Stelle der Messias verstanden werden darf oder nicht, so
bezeichnet doch nach dem ganzen Zusammenhang das Aus-
gehen des erwarteten Herrschers aus Bethlehem nicht ein
Geborenwerden an diesem Orte, sondern nur die Abstam-
mung von dem Davidischen Geschlecht, dessen alter Stamm-
ort Bethlehem war 6). Sind also die Magier durch die
rabbinische Exegese des Orakels richtig geführt worden:
so hat eine falsche Auslegung diessmal das Wahre getrof-
fen, entweder durch anbequemende Veranstaltung Gottes,
oder durch Zufall; worüber wie oben zu urtheilen ist.

Nach dem angegebenen Responsum des Synedriums be-
ruft nun Herodes die Magier, und seine erste Frage ist
nach der Zeit, wann ihnen der Stern erschienen sei (V. 7.)?
Wozu brauchte er diess zu erfahren? Der 16te Vers sagt es
uns, nämlich um das Alter des messianischen Kindes dar-
nach zu ermessen und also zu wissen, wie weit herauf im
Alter er die Kinder in Bethlehem umbringen lassen müsse,
um unter ihnen auch das durch den Stern angezeigte zu
treffen. Allein diesen Plan, durch Ermordung aller Kin-
der bis zu einem gewissen Alter das ihm fatale mitzutref-
fen, fasste ja Herodes erst, nachdem die Magier nicht,
wie er gehofft hatte, zu ihm nach Jerusalem zurückgekom-
men waren, eine Täuschung, welche, wie aus seinem ge-
waltigen Zorn über dieselbe (V. 16.) erhellt, Herodes kei-
neswegs vorherberechnet hatte. Vorher war nach V. 8.
seine Absicht, sich durch die wiederkehrenden Magier das
Kind, dessen Wohnung und übrige Verhältnisse so genau
beschreiben zu lassen, dass er es nachher nicht verfehlen,
und ohne andre mitzumorden, aus dem Wege räumen las-

6) S. die gründliche Ausführung von Paulus, exeg. Handbuch,
1, a, S. 213 ff.

Erster Abschnitt.
Erfolg. Das war aber doch nur eine Auslegung in der
bekannten rabbinischen Weise, die Worte zu pressen. Denn
abgesehen davon, ob unter dem לשֵׁוֹמ in der angeführten
Stelle der Messias verstanden werden darf oder nicht, so
bezeichnet doch nach dem ganzen Zusammenhang das Aus-
gehen des erwarteten Herrschers aus Bethlehem nicht ein
Geborenwerden an diesem Orte, sondern nur die Abstam-
mung von dem Davidischen Geschlecht, dessen alter Stamm-
ort Bethlehem war 6). Sind also die Magier durch die
rabbinische Exegese des Orakels richtig geführt worden:
so hat eine falsche Auslegung dieſsmal das Wahre getrof-
fen, entweder durch anbequemende Veranstaltung Gottes,
oder durch Zufall; worüber wie oben zu urtheilen ist.

Nach dem angegebenen Responsum des Synedriums be-
ruft nun Herodes die Magier, und seine erste Frage ist
nach der Zeit, wann ihnen der Stern erschienen sei (V. 7.)?
Wozu brauchte er dieſs zu erfahren? Der 16te Vers sagt es
uns, nämlich um das Alter des messianischen Kindes dar-
nach zu ermessen und also zu wissen, wie weit herauf im
Alter er die Kinder in Bethlehem umbringen lassen müsse,
um unter ihnen auch das durch den Stern angezeigte zu
treffen. Allein diesen Plan, durch Ermordung aller Kin-
der bis zu einem gewissen Alter das ihm fatale mitzutref-
fen, faſste ja Herodes erst, nachdem die Magier nicht,
wie er gehofft hatte, zu ihm nach Jerusalem zurückgekom-
men waren, eine Täuschung, welche, wie aus seinem ge-
waltigen Zorn über dieselbe (V. 16.) erhellt, Herodes kei-
neswegs vorherberechnet hatte. Vorher war nach V. 8.
seine Absicht, sich durch die wiederkehrenden Magier das
Kind, dessen Wohnung und übrige Verhältnisse so genau
beschreiben zu lassen, daſs er es nachher nicht verfehlen,
und ohne andre mitzumorden, aus dem Wege räumen las-

6) S. die gründliche Ausführung von Paulus, exeg. Handbuch,
1, a, S. 213 ff.
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[224/0248] Erster Abschnitt. Erfolg. Das war aber doch nur eine Auslegung in der bekannten rabbinischen Weise, die Worte zu pressen. Denn abgesehen davon, ob unter dem לשֵׁוֹמ in der angeführten Stelle der Messias verstanden werden darf oder nicht, so bezeichnet doch nach dem ganzen Zusammenhang das Aus- gehen des erwarteten Herrschers aus Bethlehem nicht ein Geborenwerden an diesem Orte, sondern nur die Abstam- mung von dem Davidischen Geschlecht, dessen alter Stamm- ort Bethlehem war 6). Sind also die Magier durch die rabbinische Exegese des Orakels richtig geführt worden: so hat eine falsche Auslegung dieſsmal das Wahre getrof- fen, entweder durch anbequemende Veranstaltung Gottes, oder durch Zufall; worüber wie oben zu urtheilen ist. Nach dem angegebenen Responsum des Synedriums be- ruft nun Herodes die Magier, und seine erste Frage ist nach der Zeit, wann ihnen der Stern erschienen sei (V. 7.)? Wozu brauchte er dieſs zu erfahren? Der 16te Vers sagt es uns, nämlich um das Alter des messianischen Kindes dar- nach zu ermessen und also zu wissen, wie weit herauf im Alter er die Kinder in Bethlehem umbringen lassen müsse, um unter ihnen auch das durch den Stern angezeigte zu treffen. Allein diesen Plan, durch Ermordung aller Kin- der bis zu einem gewissen Alter das ihm fatale mitzutref- fen, faſste ja Herodes erst, nachdem die Magier nicht, wie er gehofft hatte, zu ihm nach Jerusalem zurückgekom- men waren, eine Täuschung, welche, wie aus seinem ge- waltigen Zorn über dieselbe (V. 16.) erhellt, Herodes kei- neswegs vorherberechnet hatte. Vorher war nach V. 8. seine Absicht, sich durch die wiederkehrenden Magier das Kind, dessen Wohnung und übrige Verhältnisse so genau beschreiben zu lassen, daſs er es nachher nicht verfehlen, und ohne andre mitzumorden, aus dem Wege räumen las- 6) S. die gründliche Ausführung von Paulus, exeg. Handbuch, 1, a, S. 213 ff.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/248>, abgerufen am 22.11.2024.