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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Erster Abschnitt.
den, indem er die Schatzung blos auf Judäa bezieht 3),
was aber, wie bald erhellen wird, keineswegs mit Cred-
ner
4) als eine auf historischer Nachricht, sondern nur
auf einem Schlusse Justins oder seines Gewährsmanns ru-
hende Angabe zu betrachten ist.

Doch auch nur in Judäa allein konnte um die Zeit,
in welche Lukas und Matthäus die Geburt Jesu setzen,
ein römischer Census nicht wohl gehalten werden. Nicht
allein nach Matthäus nämlich ist Jesus noch einige Zeit
vor dem Tode Herodes des Grossen geboren, da nach
Matth. 2, 19. erst während des Aufenthalts Jesu in Ägyp-
ten Herodes starb: sondern auch Lukas sagt zwar nicht
ausdrücklich, dass Jesus noch unter Herodes I. geboren
sei, doch geht er, wo von der Ankündigung der Geburt
des Täufers die Rede ist (1, 5.), von den emerais Erodou
tou basileos aus, und sechs Monate später lässt er die Ge-
burt Jesu verkündigt werden, so dass nach ihm Jesus, wie
Johannes, wenn nicht gleichfalls noch vor, so doch kurz
nach dem Tode Herodes I. geboren ist. Nach dessen Tode
aber fiel (Matth. 2, 22.) die Provinz Judäa seinem Sohn
Archelaus zu, welcher nach zehnjähriger Regierung von
Augustus abgesezt und verbannt wurde 5), worauf erst
Judäa zur römischen Provinz gemacht, von römischen
Beamten verwaltet zu werden anfieng 6). Nun müsste also
der Census, von welchem hier die Rede ist, entweder noch
unter Herodes d. Gr. selbst, oder in der ersten Zeit des
Archelaus, und zwar durch einen römischen Beamten gehalten

3) Dial. c. Tryph. 78: alla apographes ou"ses en te Ioudaia
tote protes. Noch enger, aber ganz unverständig, be-
schränkt die Schatzung das Protev. Jac. c. 17, nämlich auf
die Bewohner Bethlehems.
4) Beiträge zur Einleitung in das N. T. 1, S. 229. 34.
5) Joseph. Antiq. 17, 13, 2.
6) Ebendas. 17, 13, 5. und 18, 1, 1.

Erster Abschnitt.
den, indem er die Schatzung blos auf Judäa bezieht 3),
was aber, wie bald erhellen wird, keineswegs mit Cred-
ner
4) als eine auf historischer Nachricht, sondern nur
auf einem Schlusse Justins oder seines Gewährsmanns ru-
hende Angabe zu betrachten ist.

Doch auch nur in Judäa allein konnte um die Zeit,
in welche Lukas und Matthäus die Geburt Jesu setzen,
ein römischer Census nicht wohl gehalten werden. Nicht
allein nach Matthäus nämlich ist Jesus noch einige Zeit
vor dem Tode Herodes des Groſsen geboren, da nach
Matth. 2, 19. erst während des Aufenthalts Jesu in Ägyp-
ten Herodes starb: sondern auch Lukas sagt zwar nicht
ausdrücklich, daſs Jesus noch unter Herodes I. geboren
sei, doch geht er, wo von der Ankündigung der Geburt
des Täufers die Rede ist (1, 5.), von den ἡμέραις Ἡρώδου
τοῦ βασιλέως aus, und sechs Monate später läſst er die Ge-
burt Jesu verkündigt werden, so daſs nach ihm Jesus, wie
Johannes, wenn nicht gleichfalls noch vor, so doch kurz
nach dem Tode Herodes I. geboren ist. Nach dessen Tode
aber fiel (Matth. 2, 22.) die Provinz Judäa seinem Sohn
Archelaus zu, welcher nach zehnjähriger Regierung von
Augustus abgesezt und verbannt wurde 5), worauf erst
Judäa zur römischen Provinz gemacht, von römischen
Beamten verwaltet zu werden anfieng 6). Nun müſste also
der Census, von welchem hier die Rede ist, entweder noch
unter Herodes d. Gr. selbst, oder in der ersten Zeit des
Archelaus, und zwar durch einen römischen Beamten gehalten

3) Dial. c. Tryph. 78: ἀλλὰ ἀπογραφῆς ου῎σης ἐν τῇ Ἰουδαίᾳ
τότε πρώτης. Noch enger, aber ganz unverständig, be-
schränkt die Schatzung das Protev. Jac. c. 17, nämlich auf
die Bewohner Bethlehems.
4) Beiträge zur Einleitung in das N. T. 1, S. 229. 34.
5) Joseph. Antiq. 17, 13, 2.
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[200/0224] Erster Abschnitt. den, indem er die Schatzung blos auf Judäa bezieht 3), was aber, wie bald erhellen wird, keineswegs mit Cred- ner 4) als eine auf historischer Nachricht, sondern nur auf einem Schlusse Justins oder seines Gewährsmanns ru- hende Angabe zu betrachten ist. Doch auch nur in Judäa allein konnte um die Zeit, in welche Lukas und Matthäus die Geburt Jesu setzen, ein römischer Census nicht wohl gehalten werden. Nicht allein nach Matthäus nämlich ist Jesus noch einige Zeit vor dem Tode Herodes des Groſsen geboren, da nach Matth. 2, 19. erst während des Aufenthalts Jesu in Ägyp- ten Herodes starb: sondern auch Lukas sagt zwar nicht ausdrücklich, daſs Jesus noch unter Herodes I. geboren sei, doch geht er, wo von der Ankündigung der Geburt des Täufers die Rede ist (1, 5.), von den ἡμέραις Ἡρώδου τοῦ βασιλέως aus, und sechs Monate später läſst er die Ge- burt Jesu verkündigt werden, so daſs nach ihm Jesus, wie Johannes, wenn nicht gleichfalls noch vor, so doch kurz nach dem Tode Herodes I. geboren ist. Nach dessen Tode aber fiel (Matth. 2, 22.) die Provinz Judäa seinem Sohn Archelaus zu, welcher nach zehnjähriger Regierung von Augustus abgesezt und verbannt wurde 5), worauf erst Judäa zur römischen Provinz gemacht, von römischen Beamten verwaltet zu werden anfieng 6). Nun müſste also der Census, von welchem hier die Rede ist, entweder noch unter Herodes d. Gr. selbst, oder in der ersten Zeit des Archelaus, und zwar durch einen römischen Beamten gehalten 3) Dial. c. Tryph. 78: ἀλλὰ ἀπογραφῆς ου῎σης ἐν τῇ Ἰουδαίᾳ τότε πρώτης. Noch enger, aber ganz unverständig, be- schränkt die Schatzung das Protev. Jac. c. 17, nämlich auf die Bewohner Bethlehems. 4) Beiträge zur Einleitung in das N. T. 1, S. 229. 34. 5) Joseph. Antiq. 17, 13, 2. 6) Ebendas. 17, 13, 5. und 18, 1, 1.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/224>, abgerufen am 24.11.2024.