rer Zeit- und Volksgenossen ganz herausgehoben hätten: so werden wir in Bezug auf die im N. T. citirten Weis- sagungen nach Umständen ohne Weiteres zugeben können, dass sie hier nicht selten ganz anders ausgelegt und ange- wendet werden, als sie ursprünglich gemeint waren.
Wir haben hier in der That eine vollständige Tafel aller 4 über diesen Punkt möglichen Ansichten, worunter 2 Extreme und 2 Vermittlungsweisen, eine falsche und ei- ne, hoffentlich, richtige.
1. Orthodoxe Ansicht (Hengstenberg u. A.): Der- gleichen A. T.liche Stellen hatten schon ursprünglich nur die prophetische Beziehung auf Christus; denn die N. T.- lichen Schriftsteller deuten sie so, und diese müssen Recht haben, wenn auch der Menschenverstand dabei zu Grun- de geht.
2. Rationalistische Ansicht (von Paulus u. A.): Auch die N. T.lichen Schriftsteller geben den A. T.lichen Orakeln jene streng-messianische Deutung nicht; denn diese Beziehung ist den Orakeln, verständig angesehen, ursprüng- lich fremd; mit dem Verstande aber müssen die N. T.li- chen Schriftsteller zusammenstimmen, was auch die Alt- gläubigen dagegen sagen mögen.
3. Mystisch vermittelnde Ansicht (von Ols- hausen u. A.): In den A. T.lichen Stellen liegt ursprüng- lich sowohl der von den N. T.lichen Schriftstellern ange- gebene tiefere, als auch der durch verständige Ansicht der- selben uns aufgenöthigte nähere Sinn: so kann sich ge- sunder Menschenverstand und Altgläubigkeit vertragen.
4. Entscheidung der Kritik: Die A. T.lichen Weissagungen hatten ursprünglich meistens nur jene nähere Beziehung auf Zeitverhältnisse: wurden aber von den N. T.lichen Männern als wirkliche Prophezeihungen auf Je- sus als den Messias angesehen, weil der Verstand in je- nen Männern durch die Denkart ihres Volks modificirt war,
Erster Abschnitt.
rer Zeit- und Volksgenossen ganz herausgehoben hätten: so werden wir in Bezug auf die im N. T. citirten Weis- sagungen nach Umständen ohne Weiteres zugeben können, daſs sie hier nicht selten ganz anders ausgelegt und ange- wendet werden, als sie ursprünglich gemeint waren.
Wir haben hier in der That eine vollständige Tafel aller 4 über diesen Punkt möglichen Ansichten, worunter 2 Extreme und 2 Vermittlungsweisen, eine falsche und ei- ne, hoffentlich, richtige.
1. Orthodoxe Ansicht (Hengstenberg u. A.): Der- gleichen A. T.liche Stellen hatten schon ursprünglich nur die prophetische Beziehung auf Christus; denn die N. T.- lichen Schriftsteller deuten sie so, und diese müssen Recht haben, wenn auch der Menschenverstand dabei zu Grun- de geht.
2. Rationalistische Ansicht (von Paulus u. A.): Auch die N. T.lichen Schriftsteller geben den A. T.lichen Orakeln jene streng-messianische Deutung nicht; denn diese Beziehung ist den Orakeln, verständig angesehen, ursprüng- lich fremd; mit dem Verstande aber müssen die N. T.li- chen Schriftsteller zusammenstimmen, was auch die Alt- gläubigen dagegen sagen mögen.
3. Mystisch vermittelnde Ansicht (von Ols- hausen u. A.): In den A. T.lichen Stellen liegt ursprüng- lich sowohl der von den N. T.lichen Schriftstellern ange- gebene tiefere, als auch der durch verständige Ansicht der- selben uns aufgenöthigte nähere Sinn: so kann sich ge- sunder Menschenverstand und Altgläubigkeit vertragen.
4. Entscheidung der Kritik: Die A. T.lichen Weissagungen hatten ursprünglich meistens nur jene nähere Beziehung auf Zeitverhältnisse: wurden aber von den N. T.lichen Männern als wirkliche Prophezeihungen auf Je- sus als den Messias angesehen, weil der Verstand in je- nen Männern durch die Denkart ihres Volks modificirt war,
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Erster Abschnitt.
rer Zeit- und Volksgenossen ganz herausgehoben hätten:
so werden wir in Bezug auf die im N. T. citirten Weis-
sagungen nach Umständen ohne Weiteres zugeben können,
daſs sie hier nicht selten ganz anders ausgelegt und ange-
wendet werden, als sie ursprünglich gemeint waren.
Wir haben hier in der That eine vollständige Tafel
aller 4 über diesen Punkt möglichen Ansichten, worunter
2 Extreme und 2 Vermittlungsweisen, eine falsche und ei-
ne, hoffentlich, richtige.
1. Orthodoxe Ansicht (Hengstenberg u. A.): Der-
gleichen A. T.liche Stellen hatten schon ursprünglich nur
die prophetische Beziehung auf Christus; denn die N. T.-
lichen Schriftsteller deuten sie so, und diese müssen Recht
haben, wenn auch der Menschenverstand dabei zu Grun-
de geht.
2. Rationalistische Ansicht (von Paulus u. A.):
Auch die N. T.lichen Schriftsteller geben den A. T.lichen
Orakeln jene streng-messianische Deutung nicht; denn diese
Beziehung ist den Orakeln, verständig angesehen, ursprüng-
lich fremd; mit dem Verstande aber müssen die N. T.li-
chen Schriftsteller zusammenstimmen, was auch die Alt-
gläubigen dagegen sagen mögen.
3. Mystisch vermittelnde Ansicht (von Ols-
hausen u. A.): In den A. T.lichen Stellen liegt ursprüng-
lich sowohl der von den N. T.lichen Schriftstellern ange-
gebene tiefere, als auch der durch verständige Ansicht der-
selben uns aufgenöthigte nähere Sinn: so kann sich ge-
sunder Menschenverstand und Altgläubigkeit vertragen.
4. Entscheidung der Kritik: Die A. T.lichen
Weissagungen hatten ursprünglich meistens nur jene nähere
Beziehung auf Zeitverhältnisse: wurden aber von den N.
T.lichen Männern als wirkliche Prophezeihungen auf Je-
sus als den Messias angesehen, weil der Verstand in je-
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/174>, abgerufen am 22.11.2024.
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