Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.Augen, und seine Stimme sank zu einem Flüstern, als wage er die Worte nicht laut werden zu lassen - "es könnte einmal ein Ende haben - plötzlich!" Sie starrte ihn an. "Ein Ende? Dann müßte ich wohl fort von hier!" "Müssen, Franzi? Weh' mir, wenn du es müßtest!" Sie schwiegen Beide. "Wie alt bist du, Franzi?" begann er wieder. "Du weißt es ja, ich werde achtzehn." "Ja, ja, ich weiß es, achtzehn; ich bin ein Menschenalter dir voraus. Ueber diesen Abgrund bist du zu mir hinübergeflogen, mußt du immer zu mir hinüber. - Es könnte ein Augenblick kommen, wo dir davor schauderte." "Was sprichst du da?" sagte sie. "Ich verstehe das nicht." "Verstehe es nimmer, Franzi!" Aber während sie athemlos zu ihm emporblickte, zuckte es plötzlich um ihren jungen Mund; es war, als flöhe etwas in ihr Innerstes zurück. Hatten seine Worte die Schärfe ihres Blicks geweckt und sah sie, was ihr bisher entgangen war, Augen, und seine Stimme sank zu einem Flüstern, als wage er die Worte nicht laut werden zu lassen – „es könnte einmal ein Ende haben – plötzlich!“ Sie starrte ihn an. „Ein Ende? Dann müßte ich wohl fort von hier!“ „Müssen, Franzi? Weh' mir, wenn du es müßtest!“ Sie schwiegen Beide. „Wie alt bist du, Franzi?“ begann er wieder. „Du weißt es ja, ich werde achtzehn.“ „Ja, ja, ich weiß es, achtzehn; ich bin ein Menschenalter dir voraus. Ueber diesen Abgrund bist du zu mir hinübergeflogen, mußt du immer zu mir hinüber. – Es könnte ein Augenblick kommen, wo dir davor schauderte.“ „Was sprichst du da?“ sagte sie. „Ich verstehe das nicht.“ „Verstehe es nimmer, Franzi!“ Aber während sie athemlos zu ihm emporblickte, zuckte es plötzlich um ihren jungen Mund; es war, als flöhe etwas in ihr Innerstes zurück. Hatten seine Worte die Schärfe ihres Blicks geweckt und sah sie, was ihr bisher entgangen war, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="70"/> Augen, und seine Stimme sank zu einem Flüstern, als wage er die Worte nicht laut werden zu lassen – „es könnte einmal ein Ende haben – plötzlich!“</p> <p>Sie starrte ihn an. „Ein Ende? Dann müßte ich wohl fort von hier!“</p> <p>„Müssen, Franzi? Weh' mir, wenn du es müßtest!“</p> <p>Sie schwiegen Beide.</p> <p>„Wie alt bist du, Franzi?“ begann er wieder.</p> <p>„Du weißt es ja, ich werde achtzehn.“</p> <p>„Ja, ja, ich weiß es, achtzehn; ich bin ein Menschenalter dir voraus. Ueber diesen Abgrund bist du zu mir hinübergeflogen, mußt du immer zu mir hinüber. – Es könnte ein Augenblick kommen, wo dir davor schauderte.“</p> <p>„Was sprichst du da?“ sagte sie. „Ich verstehe das nicht.“</p> <p>„Verstehe es nimmer, Franzi!“</p> <p>Aber während sie athemlos zu ihm emporblickte, zuckte es plötzlich um ihren jungen Mund; es war, als flöhe etwas in ihr Innerstes zurück.</p> <p>Hatten seine Worte die Schärfe ihres Blicks geweckt und sah sie, was ihr bisher entgangen war, </p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0074]
Augen, und seine Stimme sank zu einem Flüstern, als wage er die Worte nicht laut werden zu lassen – „es könnte einmal ein Ende haben – plötzlich!“
Sie starrte ihn an. „Ein Ende? Dann müßte ich wohl fort von hier!“
„Müssen, Franzi? Weh' mir, wenn du es müßtest!“
Sie schwiegen Beide.
„Wie alt bist du, Franzi?“ begann er wieder.
„Du weißt es ja, ich werde achtzehn.“
„Ja, ja, ich weiß es, achtzehn; ich bin ein Menschenalter dir voraus. Ueber diesen Abgrund bist du zu mir hinübergeflogen, mußt du immer zu mir hinüber. – Es könnte ein Augenblick kommen, wo dir davor schauderte.“
„Was sprichst du da?“ sagte sie. „Ich verstehe das nicht.“
„Verstehe es nimmer, Franzi!“
Aber während sie athemlos zu ihm emporblickte, zuckte es plötzlich um ihren jungen Mund; es war, als flöhe etwas in ihr Innerstes zurück.
Hatten seine Worte die Schärfe ihres Blicks geweckt und sah sie, was ihr bisher entgangen war,
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