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Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

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"Sie haben Recht, mein Herr," sagte die Ladendame, "aber für die gewöhnliche Kundschaft müssen wir uns nach der Mode richten." Dann kramte sie wieder in ihren Schränken; und nun brachte sie Stiefelchen, so leicht, so weich; die Elfen hätten darauf tanzen können; gleich das erste Paar glitt wie angegossen über Franzi's schlanke Füßchen.

Noch einige Paare wurden ausgesucht, auch für die gemeinschaftlichen Wanderungen zu hoch hinaufreichenden ledernen Waldstiefelchen das Maß genommen; dann trieben die Beiden weiter durch die wimmelnde Menschenfluth der großen Stadt. Sie hing an seinem Arm; er fühlte mit Entzücken jeden ihrer leichten Schritt, und unwillkürlich ging er immer rascher, als wolle er den Vorübergehenden jeden Blick auf das bezaubernde Geheimniß dieser Füßchen unmöglich machen, die nur ihm und keinem Anderen je gehören sollten.

Mit sinkendem Abend hielt der Wagen wieder vor dem Hause des Waldwinkels.

- - Einige Tage später brachte die Botenfrau große Packen aus der Stadt; alle Bestellungen waren

„Sie haben Recht, mein Herr,“ sagte die Ladendame, „aber für die gewöhnliche Kundschaft müssen wir uns nach der Mode richten.“ Dann kramte sie wieder in ihren Schränken; und nun brachte sie Stiefelchen, so leicht, so weich; die Elfen hätten darauf tanzen können; gleich das erste Paar glitt wie angegossen über Franzi's schlanke Füßchen.

Noch einige Paare wurden ausgesucht, auch für die gemeinschaftlichen Wanderungen zu hoch hinaufreichenden ledernen Waldstiefelchen das Maß genommen; dann trieben die Beiden weiter durch die wimmelnde Menschenfluth der großen Stadt. Sie hing an seinem Arm; er fühlte mit Entzücken jeden ihrer leichten Schritt, und unwillkürlich ging er immer rascher, als wolle er den Vorübergehenden jeden Blick auf das bezaubernde Geheimniß dieser Füßchen unmöglich machen, die nur ihm und keinem Anderen je gehören sollten.

Mit sinkendem Abend hielt der Wagen wieder vor dem Hause des Waldwinkels.

– – Einige Tage später brachte die Botenfrau große Packen aus der Stadt; alle Bestellungen waren

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[53/0057] „Sie haben Recht, mein Herr,“ sagte die Ladendame, „aber für die gewöhnliche Kundschaft müssen wir uns nach der Mode richten.“ Dann kramte sie wieder in ihren Schränken; und nun brachte sie Stiefelchen, so leicht, so weich; die Elfen hätten darauf tanzen können; gleich das erste Paar glitt wie angegossen über Franzi's schlanke Füßchen. Noch einige Paare wurden ausgesucht, auch für die gemeinschaftlichen Wanderungen zu hoch hinaufreichenden ledernen Waldstiefelchen das Maß genommen; dann trieben die Beiden weiter durch die wimmelnde Menschenfluth der großen Stadt. Sie hing an seinem Arm; er fühlte mit Entzücken jeden ihrer leichten Schritt, und unwillkürlich ging er immer rascher, als wolle er den Vorübergehenden jeden Blick auf das bezaubernde Geheimniß dieser Füßchen unmöglich machen, die nur ihm und keinem Anderen je gehören sollten. Mit sinkendem Abend hielt der Wagen wieder vor dem Hause des Waldwinkels. – – Einige Tage später brachte die Botenfrau große Packen aus der Stadt; alle Bestellungen waren

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/57>, abgerufen am 23.11.2024.