Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

mir so oft gewünscht hatte. Ein Bauerbursche ging nebenher mit Zügel und Peitsche in der Hand; aber das Glöckchen bimmelte jetzt am Halse eines kleinen Schimmels.

"Wo ist das Braunchen geblieben?" fragte ich Lisei.

"Das Braunchen," erwiederte sie, "das ist uns eines Tags vor'm Wagen hingefallen; der Vater hat sogleich den Thierarzt aus dem Dorf geholt; aber es hat nimmer leben können."

Bei diesen Worten stürzten ihr die Thränen aus den Augen.

"Was fehlt dir, Lisei?" fragte ich, "es ist ja nun doch Alles wieder gut!"

Sie schüttelte den Kopf. "Mein Vaterl gefallt mir nit; er ist so still; die Schand', er verwind't es nit."

- - Und Lisei hatte mit ihren treuen Tochteraugen recht gesehen. Als kaum die Beiden in einem kleinen Gasthause untergebracht waren, und der Alte schon seine Pläne zur Weiterfahrt entwarf - denn hier wollte er jetzt nicht vor die Leute treten - da

mir so oft gewünscht hatte. Ein Bauerbursche ging nebenher mit Zügel und Peitsche in der Hand; aber das Glöckchen bimmelte jetzt am Halse eines kleinen Schimmels.

„Wo ist das Braunchen geblieben?“ fragte ich Lisei.

„Das Braunchen,“ erwiederte sie, „das ist uns eines Tags vor’m Wagen hingefallen; der Vater hat sogleich den Thierarzt aus dem Dorf geholt; aber es hat nimmer leben können.“

Bei diesen Worten stürzten ihr die Thränen aus den Augen.

„Was fehlt dir, Lisei?“ fragte ich, „es ist ja nun doch Alles wieder gut!“

Sie schüttelte den Kopf. „Mein Vaterl gefallt mir nit; er ist so still; die Schand’, er verwind’t es nit.“

– – Und Lisei hatte mit ihren treuen Tochteraugen recht gesehen. Als kaum die Beiden in einem kleinen Gasthause untergebracht waren, und der Alte schon seine Pläne zur Weiterfahrt entwarf – denn hier wollte er jetzt nicht vor die Leute treten – da

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0199" n="195"/>
mir so oft gewünscht hatte. Ein Bauerbursche ging nebenher mit Zügel und Peitsche in der Hand; aber das Glöckchen bimmelte jetzt am Halse eines kleinen Schimmels.</p>
        <p>&#x201E;Wo ist das Braunchen geblieben?&#x201C; fragte ich Lisei.</p>
        <p>&#x201E;Das Braunchen,&#x201C; erwiederte sie, &#x201E;das ist uns eines Tags vor&#x2019;m Wagen hingefallen; der Vater hat sogleich den Thierarzt aus dem Dorf geholt; aber es hat nimmer leben können.&#x201C;</p>
        <p>Bei diesen Worten stürzten ihr die Thränen aus den Augen.</p>
        <p>&#x201E;Was fehlt dir, Lisei?&#x201C; fragte ich, &#x201E;es ist ja nun doch Alles wieder gut!&#x201C;</p>
        <p>Sie schüttelte den Kopf. &#x201E;Mein Vaterl gefallt mir nit; er ist so still; die Schand&#x2019;, er verwind&#x2019;t es nit.&#x201C;</p>
        <p>&#x2013; &#x2013; Und Lisei hatte mit ihren treuen Tochteraugen recht gesehen. Als kaum die Beiden in einem kleinen Gasthause untergebracht waren, und der Alte schon seine Pläne zur Weiterfahrt entwarf &#x2013; denn hier wollte er jetzt nicht vor die Leute treten &#x2013; da
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0199] mir so oft gewünscht hatte. Ein Bauerbursche ging nebenher mit Zügel und Peitsche in der Hand; aber das Glöckchen bimmelte jetzt am Halse eines kleinen Schimmels. „Wo ist das Braunchen geblieben?“ fragte ich Lisei. „Das Braunchen,“ erwiederte sie, „das ist uns eines Tags vor’m Wagen hingefallen; der Vater hat sogleich den Thierarzt aus dem Dorf geholt; aber es hat nimmer leben können.“ Bei diesen Worten stürzten ihr die Thränen aus den Augen. „Was fehlt dir, Lisei?“ fragte ich, „es ist ja nun doch Alles wieder gut!“ Sie schüttelte den Kopf. „Mein Vaterl gefallt mir nit; er ist so still; die Schand’, er verwind’t es nit.“ – – Und Lisei hatte mit ihren treuen Tochteraugen recht gesehen. Als kaum die Beiden in einem kleinen Gasthause untergebracht waren, und der Alte schon seine Pläne zur Weiterfahrt entwarf – denn hier wollte er jetzt nicht vor die Leute treten – da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/199
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/199>, abgerufen am 27.11.2024.