Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875."Lisei!" fragte ich wieder; "was fehlt dir? So sprich doch nur ein einziges Wort!" Sie hob den Kopf ein wenig. "Was soll i da red'n!" sagte sie; "du weißt's ja von selber, daß du den Wurstl hast verdreht." "Ja, Lisei!" antwortete ich kleinlaut; "ich glaub' es selber, daß ich das gethan habe." - "Ja, du! - Und i hab dir's doch g'sagt!" "Lisei, was soll ich thun?" - "Nu, halt nix!" "Aber was soll denn daraus werden?" - "Nu, halt aa nix!" Sie begann wieder laut zu weinen. "Aber i, - wenn i z' Haus komm - da krieg i die Peitsch'n!" "Du die Peitsche, Lisei!" - Ich fühlte mich ganz vernichtet. "Aber ist dein Vater denn so strenge?" "Ach, mei gut's Vaterl!" schluchzte Lisei. Also die Mutter! O wie ich, außer mir selber, diese Frau haßte, die immer mit ihrem Holzgesichte an der Kasse saß! Von der Bühne hörte ich Kasperl, den zweiten, rufen: "Das Stück ist aus! Komm Gret'l, laß uns „Lisei!“ fragte ich wieder; „was fehlt dir? So sprich doch nur ein einziges Wort!“ Sie hob den Kopf ein wenig. „Was soll i da red’n!“ sagte sie; „du weißt’s ja von selber, daß du den Wurstl hast verdreht.“ „Ja, Lisei!“ antwortete ich kleinlaut; „ich glaub’ es selber, daß ich das gethan habe.“ – „Ja, du! – Und i hab dir’s doch g’sagt!“ „Lisei, was soll ich thun?“ – „Nu, halt nix!“ „Aber was soll denn daraus werden?“ – „Nu, halt aa nix!“ Sie begann wieder laut zu weinen. „Aber i, – wenn i z’ Haus komm – da krieg i die Peitsch’n!“ „Du die Peitsche, Lisei!“ – Ich fühlte mich ganz vernichtet. „Aber ist dein Vater denn so strenge?“ „Ach, mei gut’s Vaterl!“ schluchzte Lisei. Also die Mutter! O wie ich, außer mir selber, diese Frau haßte, die immer mit ihrem Holzgesichte an der Kasse saß! Von der Bühne hörte ich Kasperl, den zweiten, rufen: „Das Stück ist aus! Komm Gret’l, laß uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0158" n="154"/> <p>„Lisei!“ fragte ich wieder; „was fehlt dir? So sprich doch nur ein einziges Wort!“</p> <p>Sie hob den Kopf ein wenig. „Was soll i da red’n!“ sagte sie; „du weißt’s ja von selber, daß du den Wurstl hast verdreht.“</p> <p>„Ja, Lisei!“ antwortete ich kleinlaut; „ich glaub’ es selber, daß ich das gethan habe.“</p> <p>– „Ja, du! – Und i hab dir’s doch g’sagt!“</p> <p>„Lisei, was soll ich thun?“</p> <p>– „Nu, halt nix!“</p> <p>„Aber was soll denn daraus werden?“</p> <p>– „Nu, halt aa nix!“ Sie begann wieder laut zu weinen. „Aber i, – wenn i z’ Haus komm – da krieg i die Peitsch’n!“</p> <p>„Du die Peitsche, Lisei!“ – Ich fühlte mich ganz vernichtet. „Aber ist dein Vater denn so strenge?“</p> <p>„Ach, mei gut’s Vaterl!“ schluchzte Lisei.</p> <p>Also die Mutter! O wie ich, außer mir selber, diese Frau haßte, die immer mit ihrem Holzgesichte an der Kasse saß!</p> <p>Von der Bühne hörte ich Kasperl, den zweiten, rufen: „Das Stück ist aus! Komm Gret’l, laß uns </p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0158]
„Lisei!“ fragte ich wieder; „was fehlt dir? So sprich doch nur ein einziges Wort!“
Sie hob den Kopf ein wenig. „Was soll i da red’n!“ sagte sie; „du weißt’s ja von selber, daß du den Wurstl hast verdreht.“
„Ja, Lisei!“ antwortete ich kleinlaut; „ich glaub’ es selber, daß ich das gethan habe.“
– „Ja, du! – Und i hab dir’s doch g’sagt!“
„Lisei, was soll ich thun?“
– „Nu, halt nix!“
„Aber was soll denn daraus werden?“
– „Nu, halt aa nix!“ Sie begann wieder laut zu weinen. „Aber i, – wenn i z’ Haus komm – da krieg i die Peitsch’n!“
„Du die Peitsche, Lisei!“ – Ich fühlte mich ganz vernichtet. „Aber ist dein Vater denn so strenge?“
„Ach, mei gut’s Vaterl!“ schluchzte Lisei.
Also die Mutter! O wie ich, außer mir selber, diese Frau haßte, die immer mit ihrem Holzgesichte an der Kasse saß!
Von der Bühne hörte ich Kasperl, den zweiten, rufen: „Das Stück ist aus! Komm Gret’l, laß uns
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/158>, abgerufen am 27.07.2024. |