Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.Stadt zu thun habe und daß Franziska mit ihm reisen werde. Und dieser flüsterte er zu: "Du bist es doch zufrieden, Franzi? Wir gehen wieder zu der entzückten Ladendame: kleine seidene Stiefelchen soll sie dir anmessen! Du sollst dir Alles selber aussuchen - doch nein! Du bist zu anspruchslos, du würdest doch nur Kleider für dich kaufen. - Ich aber - in weißen Duft will ich dich hüllen, so leicht wie ein Nichts, so zart, daß auch eine Wolke davon das Leuchten einer Rose nicht verbergen könnte." Er sah es nicht, wie sie die weißen Zähnchen auf einander biß und wie ihre Lippen zitterten. "Nun, Franzi," fuhr er fort, "was meinst du, bist du es zufrieden?" Sie zog schweigend seine Hand an ihre Lippen; dann sagte sie mit jenem scharfen Klang der Stimme: "Ich meine, daß du wieder einmal verschwenden willst, und daß du dich täuschest über mich arme Dirne, die ich bin." "Und ich meine, daß jetzt du die Thörin bist." Stadt zu thun habe und daß Franziska mit ihm reisen werde. Und dieser flüsterte er zu: „Du bist es doch zufrieden, Franzi? Wir gehen wieder zu der entzückten Ladendame: kleine seidene Stiefelchen soll sie dir anmessen! Du sollst dir Alles selber aussuchen – doch nein! Du bist zu anspruchslos, du würdest doch nur Kleider für dich kaufen. – Ich aber – in weißen Duft will ich dich hüllen, so leicht wie ein Nichts, so zart, daß auch eine Wolke davon das Leuchten einer Rose nicht verbergen könnte.“ Er sah es nicht, wie sie die weißen Zähnchen auf einander biß und wie ihre Lippen zitterten. „Nun, Franzi,“ fuhr er fort, „was meinst du, bist du es zufrieden?“ Sie zog schweigend seine Hand an ihre Lippen; dann sagte sie mit jenem scharfen Klang der Stimme: „Ich meine, daß du wieder einmal verschwenden willst, und daß du dich täuschest über mich arme Dirne, die ich bin.“ „Und ich meine, daß jetzt du die Thörin bist.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="102"/> Stadt zu thun habe und daß Franziska mit ihm reisen werde. Und dieser flüsterte er zu: „Du bist es doch zufrieden, Franzi? Wir gehen wieder zu der entzückten Ladendame: kleine seidene Stiefelchen soll sie dir anmessen! Du sollst dir Alles selber aussuchen – doch nein! Du bist zu anspruchslos, du würdest doch nur <hi rendition="#g">Kleider</hi> für dich kaufen. – Ich aber – in weißen Duft will ich dich hüllen, so leicht wie ein Nichts, so zart, daß auch eine Wolke davon das Leuchten einer Rose nicht verbergen könnte.“</p> <p>Er sah es nicht, wie sie die weißen Zähnchen auf einander biß und wie ihre Lippen zitterten.</p> <p>„Nun, Franzi,“ fuhr er fort, „was meinst du, bist du es zufrieden?“</p> <p>Sie zog schweigend seine Hand an ihre Lippen; dann sagte sie mit jenem scharfen Klang der Stimme: „Ich meine, daß du wieder einmal verschwenden willst, und daß du dich täuschest über mich arme Dirne, die ich bin.“</p> <p>„Und ich meine, daß jetzt du die Thörin bist.“</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [102/0106]
Stadt zu thun habe und daß Franziska mit ihm reisen werde. Und dieser flüsterte er zu: „Du bist es doch zufrieden, Franzi? Wir gehen wieder zu der entzückten Ladendame: kleine seidene Stiefelchen soll sie dir anmessen! Du sollst dir Alles selber aussuchen – doch nein! Du bist zu anspruchslos, du würdest doch nur Kleider für dich kaufen. – Ich aber – in weißen Duft will ich dich hüllen, so leicht wie ein Nichts, so zart, daß auch eine Wolke davon das Leuchten einer Rose nicht verbergen könnte.“
Er sah es nicht, wie sie die weißen Zähnchen auf einander biß und wie ihre Lippen zitterten.
„Nun, Franzi,“ fuhr er fort, „was meinst du, bist du es zufrieden?“
Sie zog schweigend seine Hand an ihre Lippen; dann sagte sie mit jenem scharfen Klang der Stimme: „Ich meine, daß du wieder einmal verschwenden willst, und daß du dich täuschest über mich arme Dirne, die ich bin.“
„Und ich meine, daß jetzt du die Thörin bist.“
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/106>, abgerufen am 16.02.2025. |