Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.der Deichgraf sei; wir waren ins Gespräch ge- Der Deichgraf war aufgestanden. "Ihr braucht Mich wollte nachträglich ein Grauen über- Abseits hinter dem Ofen, ein wenig gebückt, der Deichgraf ſei; wir waren ins Geſpräch ge- Der Deichgraf war aufgeſtanden. „Ihr braucht Mich wollte nachträglich ein Grauen über- Abſeits hinter dem Ofen, ein wenig gebückt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0020" n="8"/> der Deichgraf ſei; wir waren ins Geſpräch ge-<lb/> kommen, und ich hatte begonnen, ihm meine ſeltſame<lb/> Begegnung auf dem Deiche zu erzählen. Er wurde<lb/> aufmerkſam, und ich bemerkte plötzlich, daß alles<lb/> Geſpräch umher verſtummt war. „Der Schimmel-<lb/> reiter!” rief einer aus der Geſellſchaft, und eine<lb/> Bewegung des Erſchreckens ging durch die Uebrigen.</p><lb/> <p>Der Deichgraf war aufgeſtanden. „Ihr braucht<lb/> nicht zu erſchrecken,” ſprach er über den Tiſch hin;<lb/> „das iſt nicht bloß für uns; <hi rendition="#aq">anno</hi> 17 hat es auch<lb/> Denen drüben gegolten; mögen ſie auf Alles vor-<lb/> gefaßt ſein!”</p><lb/> <p>Mich wollte nachträglich ein Grauen über-<lb/> laufen: „Verzeiht!” ſprach ich, „was iſt das mit<lb/> dem Schimmelreiter?”</p><lb/> <p>Abſeits hinter dem Ofen, ein wenig gebückt,<lb/> ſaß ein kleiner hagerer Mann in einem abgeſchabten<lb/> ſchwarzen Röcklein; die eine Schulter ſchien ein<lb/> wenig ausgewachſen. Er hatte mit keinem Worte<lb/> an der Unterhaltung der Anderen theilgenommen;<lb/> aber ſeine bei dem ſpärlichen grauen Haupthaar<lb/> noch immer mit dunklen Wimpern beſäumten<lb/> Augen zeigten deutlich, daß er nicht zum Schlaf<lb/> hier ſitze.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [8/0020]
der Deichgraf ſei; wir waren ins Geſpräch ge-
kommen, und ich hatte begonnen, ihm meine ſeltſame
Begegnung auf dem Deiche zu erzählen. Er wurde
aufmerkſam, und ich bemerkte plötzlich, daß alles
Geſpräch umher verſtummt war. „Der Schimmel-
reiter!” rief einer aus der Geſellſchaft, und eine
Bewegung des Erſchreckens ging durch die Uebrigen.
Der Deichgraf war aufgeſtanden. „Ihr braucht
nicht zu erſchrecken,” ſprach er über den Tiſch hin;
„das iſt nicht bloß für uns; anno 17 hat es auch
Denen drüben gegolten; mögen ſie auf Alles vor-
gefaßt ſein!”
Mich wollte nachträglich ein Grauen über-
laufen: „Verzeiht!” ſprach ich, „was iſt das mit
dem Schimmelreiter?”
Abſeits hinter dem Ofen, ein wenig gebückt,
ſaß ein kleiner hagerer Mann in einem abgeſchabten
ſchwarzen Röcklein; die eine Schulter ſchien ein
wenig ausgewachſen. Er hatte mit keinem Worte
an der Unterhaltung der Anderen theilgenommen;
aber ſeine bei dem ſpärlichen grauen Haupthaar
noch immer mit dunklen Wimpern beſäumten
Augen zeigten deutlich, daß er nicht zum Schlaf
hier ſitze.
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/20>, abgerufen am 16.02.2025. |