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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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wie es Menschen machen, die ihren Curs nicht mehr zu steuern wissen. Ich setzte mich zu ihr auf die Bettkante. "Anna," sagte ich, "Du siehst so traurig aus; was machst Du denn da?"

Sie blickte langsam zu mir auf: "Nun?" frug sie, und als ich nickte. "Nun denke ich nur."

"Woran denn denkst Du?"

"An meinen Vater, Ohm."

"Nicht an Dein Kind?"

"Mein Vater - das ist sanfter. - Ohm, bitte," sagte sie dann, löste die Hände auseinander und wies nach der Schatulle am Fenster, in deren Klappe ein Schlüssel steckte; "ich habe ja noch die Briefe, ich darf sie auch wohl noch behalten; die oberste Schublade! Wenn Du so gut sein willst, so gieb sie mir."

Ich reichte ihr die Briefe, und sie packte sie unter ihr Kissen und legte sich dann zur Seite und mit der Wange darauf. "Ohm," sagte sie, "wie kommt das, ich sehe jetzt wieder ganz deutlich sein Gesicht. - Vielleicht - er war so gut, er hat wohl Mitleid" ... sie warf sich unruhig im Bett empor: "ach Ohm, ich darf nicht denken, nicht eine Spanne weit! Aber heute Nacht, da hört' ich seine Stimme,

wie es Menschen machen, die ihren Curs nicht mehr zu steuern wissen. Ich setzte mich zu ihr auf die Bettkante. „Anna,“ sagte ich, „Du siehst so traurig aus; was machst Du denn da?“

Sie blickte langsam zu mir auf: „Nun?“ frug sie, und als ich nickte. „Nun denke ich nur.“

„Woran denn denkst Du?“

„An meinen Vater, Ohm.“

„Nicht an Dein Kind?“

„Mein Vater – das ist sanfter. – Ohm, bitte,“ sagte sie dann, löste die Hände auseinander und wies nach der Schatulle am Fenster, in deren Klappe ein Schlüssel steckte; „ich habe ja noch die Briefe, ich darf sie auch wohl noch behalten; die oberste Schublade! Wenn Du so gut sein willst, so gieb sie mir.“

Ich reichte ihr die Briefe, und sie packte sie unter ihr Kissen und legte sich dann zur Seite und mit der Wange darauf. „Ohm,“ sagte sie, „wie kommt das, ich sehe jetzt wieder ganz deutlich sein Gesicht. – Vielleicht – er war so gut, er hat wohl Mitleid“ … sie warf sich unruhig im Bett empor: „ach Ohm, ich darf nicht denken, nicht eine Spanne weit! Aber heute Nacht, da hört’ ich seine Stimme,

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[84/0088] wie es Menschen machen, die ihren Curs nicht mehr zu steuern wissen. Ich setzte mich zu ihr auf die Bettkante. „Anna,“ sagte ich, „Du siehst so traurig aus; was machst Du denn da?“ Sie blickte langsam zu mir auf: „Nun?“ frug sie, und als ich nickte. „Nun denke ich nur.“ „Woran denn denkst Du?“ „An meinen Vater, Ohm.“ „Nicht an Dein Kind?“ „Mein Vater – das ist sanfter. – Ohm, bitte,“ sagte sie dann, löste die Hände auseinander und wies nach der Schatulle am Fenster, in deren Klappe ein Schlüssel steckte; „ich habe ja noch die Briefe, ich darf sie auch wohl noch behalten; die oberste Schublade! Wenn Du so gut sein willst, so gieb sie mir.“ Ich reichte ihr die Briefe, und sie packte sie unter ihr Kissen und legte sich dann zur Seite und mit der Wange darauf. „Ohm,“ sagte sie, „wie kommt das, ich sehe jetzt wieder ganz deutlich sein Gesicht. – Vielleicht – er war so gut, er hat wohl Mitleid“ … sie warf sich unruhig im Bett empor: „ach Ohm, ich darf nicht denken, nicht eine Spanne weit! Aber heute Nacht, da hört’ ich seine Stimme,

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Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/88>, abgerufen am 22.11.2024.