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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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ich so unbesonnen sie genöthigt hatte; dann wieder, wie sie später mein halbes Glas mir vor der Nase wegschluckte. "Deine Schuld! deine Schuld!" schrie die eine Stimme wieder. Ich sprang von meinem Stuhle auf: "Ja, ja!" rief ich; "aber ich will" ... Ich besann mich; ich hatte das fast laut geschrieen. Zum Glück war eben jetzt nur der verständige Doctor allein mit mir im Saale; seine Hand lag aus meinem Arm: "Was wollen Sie, Capitän?" frug er ruhig.

Ich setzte mich wieder. "Helfen will ich," sagte ich, "soweit eines ehrlichen Menschen Kraft nur reichen kann!"

"Das thun Sie! Ich habe ja den Vater auch gekannt - daß nur nicht zwei solcher Menschenkinder hier zu Grunde gehen! Und wenn Sie meiner dazu bedürfen, wir sind ja Nachbarn!"

Ich drückte ihm kräftig seine gute Hand: "Good bye, Doctor; ich werd' es nicht vergessen." Dann stand ich aus und ging. Den Kopf voll guter Werke trabte ich über die Straße; ich begann in Gedanken schon an meinem Testament zu arbeiten.

Als ich zu Anna in die Stube trat, lag sie mit weit gestreckten Armen und sah starr auf die in einander geschlungenen Hände und das leise Bewegen ihrer Finger, als sei der Lebensknoten dort zu lösen;

ich so unbesonnen sie genöthigt hatte; dann wieder, wie sie später mein halbes Glas mir vor der Nase wegschluckte. „Deine Schuld! deine Schuld!“ schrie die eine Stimme wieder. Ich sprang von meinem Stuhle auf: „Ja, ja!“ rief ich; „aber ich will“ … Ich besann mich; ich hatte das fast laut geschrieen. Zum Glück war eben jetzt nur der verständige Doctor allein mit mir im Saale; seine Hand lag aus meinem Arm: „Was wollen Sie, Capitän?“ frug er ruhig.

Ich setzte mich wieder. „Helfen will ich,“ sagte ich, „soweit eines ehrlichen Menschen Kraft nur reichen kann!“

„Das thun Sie! Ich habe ja den Vater auch gekannt – daß nur nicht zwei solcher Menschenkinder hier zu Grunde gehen! Und wenn Sie meiner dazu bedürfen, wir sind ja Nachbarn!“

Ich drückte ihm kräftig seine gute Hand: „Good bye, Doctor; ich werd’ es nicht vergessen.“ Dann stand ich aus und ging. Den Kopf voll guter Werke trabte ich über die Straße; ich begann in Gedanken schon an meinem Testament zu arbeiten.

Als ich zu Anna in die Stube trat, lag sie mit weit gestreckten Armen und sah starr auf die in einander geschlungenen Hände und das leise Bewegen ihrer Finger, als sei der Lebensknoten dort zu lösen;

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[83/0087] ich so unbesonnen sie genöthigt hatte; dann wieder, wie sie später mein halbes Glas mir vor der Nase wegschluckte. „Deine Schuld! deine Schuld!“ schrie die eine Stimme wieder. Ich sprang von meinem Stuhle auf: „Ja, ja!“ rief ich; „aber ich will“ … Ich besann mich; ich hatte das fast laut geschrieen. Zum Glück war eben jetzt nur der verständige Doctor allein mit mir im Saale; seine Hand lag aus meinem Arm: „Was wollen Sie, Capitän?“ frug er ruhig. Ich setzte mich wieder. „Helfen will ich,“ sagte ich, „soweit eines ehrlichen Menschen Kraft nur reichen kann!“ „Das thun Sie! Ich habe ja den Vater auch gekannt – daß nur nicht zwei solcher Menschenkinder hier zu Grunde gehen! Und wenn Sie meiner dazu bedürfen, wir sind ja Nachbarn!“ Ich drückte ihm kräftig seine gute Hand: „Good bye, Doctor; ich werd’ es nicht vergessen.“ Dann stand ich aus und ging. Den Kopf voll guter Werke trabte ich über die Straße; ich begann in Gedanken schon an meinem Testament zu arbeiten. Als ich zu Anna in die Stube trat, lag sie mit weit gestreckten Armen und sah starr auf die in einander geschlungenen Hände und das leise Bewegen ihrer Finger, als sei der Lebensknoten dort zu lösen;

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Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/87>, abgerufen am 25.11.2024.