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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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Mädchen, nach dem wohl ein so junger Gesell, wie Sie es damals waren, sich einmal umschauen mochte!"

Der Capitän sah mich schelmisch an, und es mag wohl nicht gefehlt haben, daß ich roth geworden bin.

"Du lieber Gott!" fuhr er dann fort, "wir wollen nicht darüber scherzen; aber ich darf wohl sagen, daß das Kind die Liebe zu seinem Vater auf dessen alten Freund übertragen hatte, und mir war oft, als sähe sie mich mit seinen jungen Augen an, wenn er - wie oftmals! - mich herzhaft auf die Schulter schlug und dann rief. "Ja, John, Du bist's, auf den man sich verlassen kann!"

Der Capitän seufzte und schlug sich gegen die Stirn: "Das aber war zu viel gesprochen," sagte er; "denn Dummheit ist auch eine arge Sünde! Ich plagte mich viel mit dem lustigen Mädchen; Sie haben es ja selbst gesehen, der Unband war mir lieb als wie mein eigen Blut, und wenn nach etwas ihr Gelüsten stand, Ohm Riew' mußte allzeit Rath wissen. Das alte Riekchen hatte seine unschuldige Freude daran, und das Kind übernahm bald fast meine ganze Bedienung; Ihnen, Nachbar, blieb nur das alte Weib: ich habe manches Mal

Mädchen, nach dem wohl ein so junger Gesell, wie Sie es damals waren, sich einmal umschauen mochte!“

Der Capitän sah mich schelmisch an, und es mag wohl nicht gefehlt haben, daß ich roth geworden bin.

„Du lieber Gott!“ fuhr er dann fort, „wir wollen nicht darüber scherzen; aber ich darf wohl sagen, daß das Kind die Liebe zu seinem Vater auf dessen alten Freund übertragen hatte, und mir war oft, als sähe sie mich mit seinen jungen Augen an, wenn er – wie oftmals! – mich herzhaft auf die Schulter schlug und dann rief. „Ja, John, Du bist’s, auf den man sich verlassen kann!“

Der Capitän seufzte und schlug sich gegen die Stirn: „Das aber war zu viel gesprochen,“ sagte er; „denn Dummheit ist auch eine arge Sünde! Ich plagte mich viel mit dem lustigen Mädchen; Sie haben es ja selbst gesehen, der Unband war mir lieb als wie mein eigen Blut, und wenn nach etwas ihr Gelüsten stand, Ohm Riew’ mußte allzeit Rath wissen. Das alte Riekchen hatte seine unschuldige Freude daran, und das Kind übernahm bald fast meine ganze Bedienung; Ihnen, Nachbar, blieb nur das alte Weib: ich habe manches Mal

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[39/0043] Mädchen, nach dem wohl ein so junger Gesell, wie Sie es damals waren, sich einmal umschauen mochte!“ Der Capitän sah mich schelmisch an, und es mag wohl nicht gefehlt haben, daß ich roth geworden bin. „Du lieber Gott!“ fuhr er dann fort, „wir wollen nicht darüber scherzen; aber ich darf wohl sagen, daß das Kind die Liebe zu seinem Vater auf dessen alten Freund übertragen hatte, und mir war oft, als sähe sie mich mit seinen jungen Augen an, wenn er – wie oftmals! – mich herzhaft auf die Schulter schlug und dann rief. „Ja, John, Du bist’s, auf den man sich verlassen kann!“ Der Capitän seufzte und schlug sich gegen die Stirn: „Das aber war zu viel gesprochen,“ sagte er; „denn Dummheit ist auch eine arge Sünde! Ich plagte mich viel mit dem lustigen Mädchen; Sie haben es ja selbst gesehen, der Unband war mir lieb als wie mein eigen Blut, und wenn nach etwas ihr Gelüsten stand, Ohm Riew’ mußte allzeit Rath wissen. Das alte Riekchen hatte seine unschuldige Freude daran, und das Kind übernahm bald fast meine ganze Bedienung; Ihnen, Nachbar, blieb nur das alte Weib: ich habe manches Mal

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/43>, abgerufen am 21.11.2024.