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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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Menschen; aber ein hochzeitliches Treiben schien es nicht; es war, als ob sie nur die Köpfe wandten und leise zu einander raunten.

Als die Reiter von ihren Rossen gesprungen und Diener vorgetreten waren, die ihnen die Thiere fortführten, stand ein großer Mann mit todtblassem Antlitz unter grauem Haupthaar vor dem Ritter; zwei Diener mit Windlichtern, deren Flammen im Nachtwind wehten, waren ihm zur Seite. Da die Herren sich im Fackelscheine sahen, stutzten sie einen Augenblick, ein jeder über des andern schwarze Tracht; dann sprach der graue Mann. "Nehmt Dank, Herr Ritter, von mir und für mein Kind! Ihr durftet heut' nicht fehlen!"

"So dacht' ich auch," erwiderte der andere beklommen. "Doch wollet mich nun führen, Herr Schloßhauptmann, auf daß ich Wunsch und Ehrerbietung der Braut zu Füßen lege!"

Der alte Ritter, der seinen Gast mit starrem Aug' gemustert hatte, neigte das Haupt und faßte dessen Hand; die Diener mit den Lichtern schritten ihnen voran, durch die schweigenden Menschen dem Treppenthurm im Hochbau zu. Als sie hineintraten, blickte Gaspard, der mit dem Junker folgte, durch eine offene Thür, die seitwärts in die untere Halle

Menschen; aber ein hochzeitliches Treiben schien es nicht; es war, als ob sie nur die Köpfe wandten und leise zu einander raunten.

Als die Reiter von ihren Rossen gesprungen und Diener vorgetreten waren, die ihnen die Thiere fortführten, stand ein großer Mann mit todtblassem Antlitz unter grauem Haupthaar vor dem Ritter; zwei Diener mit Windlichtern, deren Flammen im Nachtwind wehten, waren ihm zur Seite. Da die Herren sich im Fackelscheine sahen, stutzten sie einen Augenblick, ein jeder über des andern schwarze Tracht; dann sprach der graue Mann. „Nehmt Dank, Herr Ritter, von mir und für mein Kind! Ihr durftet heut’ nicht fehlen!“

„So dacht’ ich auch,“ erwiderte der andere beklommen. „Doch wollet mich nun führen, Herr Schloßhauptmann, auf daß ich Wunsch und Ehrerbietung der Braut zu Füßen lege!“

Der alte Ritter, der seinen Gast mit starrem Aug’ gemustert hatte, neigte das Haupt und faßte dessen Hand; die Diener mit den Lichtern schritten ihnen voran, durch die schweigenden Menschen dem Treppenthurm im Hochbau zu. Als sie hineintraten, blickte Gaspard, der mit dem Junker folgte, durch eine offene Thür, die seitwärts in die untere Halle

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[214/0218] Menschen; aber ein hochzeitliches Treiben schien es nicht; es war, als ob sie nur die Köpfe wandten und leise zu einander raunten. Als die Reiter von ihren Rossen gesprungen und Diener vorgetreten waren, die ihnen die Thiere fortführten, stand ein großer Mann mit todtblassem Antlitz unter grauem Haupthaar vor dem Ritter; zwei Diener mit Windlichtern, deren Flammen im Nachtwind wehten, waren ihm zur Seite. Da die Herren sich im Fackelscheine sahen, stutzten sie einen Augenblick, ein jeder über des andern schwarze Tracht; dann sprach der graue Mann. „Nehmt Dank, Herr Ritter, von mir und für mein Kind! Ihr durftet heut’ nicht fehlen!“ „So dacht’ ich auch,“ erwiderte der andere beklommen. „Doch wollet mich nun führen, Herr Schloßhauptmann, auf daß ich Wunsch und Ehrerbietung der Braut zu Füßen lege!“ Der alte Ritter, der seinen Gast mit starrem Aug’ gemustert hatte, neigte das Haupt und faßte dessen Hand; die Diener mit den Lichtern schritten ihnen voran, durch die schweigenden Menschen dem Treppenthurm im Hochbau zu. Als sie hineintraten, blickte Gaspard, der mit dem Junker folgte, durch eine offene Thür, die seitwärts in die untere Halle

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/218>, abgerufen am 22.11.2024.