Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

den Schrei: "Du lügst!" Nur sein Antlitz wurde braun und wieder blaß; aber der Bote sah es nicht, denn der Ritter saß im Lindenschatten. Mit trockener Stimme sprach er endlich. "So sag mir auch, wie heißt der Mann, dem solches Glück gefallen ist?"

"Herr," erwiderte der Alte, "ein schneller Freier ist's gewesen! Ich sah ihn nicht, und ward sein Nam' mir nicht genannt; doch soll er weit bekannt sein in der Welt. Es fehlt an ritterbürt'gen Zeugen; drum wollet der Jungfrau die erbetene Ehre anthun! Wenn Ihr mit Mondesaufgang kommet, wird es recht sein!"

Wieder schwieg der Ritter, und der Bote stand harrend vor ihm. Einzelne Knechte mit trüben Hornleuchten gingen über den Hof, und wenn im Flügel die Thür nach der Gesindestube aufging, flog ein Lichtschein durch die Mauerschatten; im Brunnen fielen die Tropfen von dem Eimer tönend in die Tiefe. Da kam ein junger Schritt vorüber. "Gehrt, bist Du es?" rief der Ritter.

- "Ich bin es, Herr!"

"So nimm den Boten mit Dir und laß ihm guten Trunk geben!"

"Und was für Kunde," frug dieser, "bring ich meinem Herrn?"

den Schrei: „Du lügst!“ Nur sein Antlitz wurde braun und wieder blaß; aber der Bote sah es nicht, denn der Ritter saß im Lindenschatten. Mit trockener Stimme sprach er endlich. „So sag mir auch, wie heißt der Mann, dem solches Glück gefallen ist?“

„Herr,“ erwiderte der Alte, „ein schneller Freier ist’s gewesen! Ich sah ihn nicht, und ward sein Nam’ mir nicht genannt; doch soll er weit bekannt sein in der Welt. Es fehlt an ritterbürt’gen Zeugen; drum wollet der Jungfrau die erbetene Ehre anthun! Wenn Ihr mit Mondesaufgang kommet, wird es recht sein!“

Wieder schwieg der Ritter, und der Bote stand harrend vor ihm. Einzelne Knechte mit trüben Hornleuchten gingen über den Hof, und wenn im Flügel die Thür nach der Gesindestube aufging, flog ein Lichtschein durch die Mauerschatten; im Brunnen fielen die Tropfen von dem Eimer tönend in die Tiefe. Da kam ein junger Schritt vorüber. „Gehrt, bist Du es?“ rief der Ritter.

- „Ich bin es, Herr!“

„So nimm den Boten mit Dir und laß ihm guten Trunk geben!“

„Und was für Kunde,“ frug dieser, „bring ich meinem Herrn?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0213" n="209"/>
den Schrei: &#x201E;Du lügst!&#x201C; Nur sein Antlitz wurde braun und wieder blaß; aber der Bote sah es nicht, denn der Ritter saß im Lindenschatten. Mit trockener Stimme sprach er endlich. &#x201E;So sag mir auch, wie heißt der Mann, dem solches Glück gefallen ist?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Herr,&#x201C; erwiderte der Alte, &#x201E;ein schneller Freier ist&#x2019;s gewesen! Ich sah ihn nicht, und ward sein Nam&#x2019; mir nicht genannt; doch soll er weit bekannt sein in der Welt. Es fehlt an ritterbürt&#x2019;gen Zeugen; drum wollet der Jungfrau die erbetene Ehre anthun! Wenn Ihr mit Mondesaufgang kommet, wird es recht sein!&#x201C;</p>
        <p>Wieder schwieg der Ritter, und der Bote stand harrend vor ihm. Einzelne Knechte mit trüben Hornleuchten gingen über den Hof, und wenn im Flügel die Thür nach der Gesindestube aufging, flog ein Lichtschein durch die Mauerschatten; im Brunnen fielen die Tropfen von dem Eimer tönend in die Tiefe. Da kam ein junger Schritt vorüber. &#x201E;Gehrt, bist Du es?&#x201C; rief der Ritter.</p>
        <p>- &#x201E;Ich bin es, Herr!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;So nimm den Boten mit Dir und laß ihm guten Trunk geben!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Und was für Kunde,&#x201C; frug dieser, &#x201E;bring ich meinem Herrn?&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0213] den Schrei: „Du lügst!“ Nur sein Antlitz wurde braun und wieder blaß; aber der Bote sah es nicht, denn der Ritter saß im Lindenschatten. Mit trockener Stimme sprach er endlich. „So sag mir auch, wie heißt der Mann, dem solches Glück gefallen ist?“ „Herr,“ erwiderte der Alte, „ein schneller Freier ist’s gewesen! Ich sah ihn nicht, und ward sein Nam’ mir nicht genannt; doch soll er weit bekannt sein in der Welt. Es fehlt an ritterbürt’gen Zeugen; drum wollet der Jungfrau die erbetene Ehre anthun! Wenn Ihr mit Mondesaufgang kommet, wird es recht sein!“ Wieder schwieg der Ritter, und der Bote stand harrend vor ihm. Einzelne Knechte mit trüben Hornleuchten gingen über den Hof, und wenn im Flügel die Thür nach der Gesindestube aufging, flog ein Lichtschein durch die Mauerschatten; im Brunnen fielen die Tropfen von dem Eimer tönend in die Tiefe. Da kam ein junger Schritt vorüber. „Gehrt, bist Du es?“ rief der Ritter. - „Ich bin es, Herr!“ „So nimm den Boten mit Dir und laß ihm guten Trunk geben!“ „Und was für Kunde,“ frug dieser, „bring ich meinem Herrn?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/213
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/213>, abgerufen am 22.11.2024.