Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.Hirn ihm friere und gössen Eisstrahlen sich hinab durch seinen Rücken. Nicht seines Weibes dachte er zunächst; nein, Dagmars; und daß zu ihr ein furchtbarer Rettungsweg sich aufgethan. Als er zu Dorning ins Gemach trat, kam Frau Wulfhild mit ausgestreckten Armen ihm entgegen; aber er griff sie an beiden Handgelenken und hielt sie von sich; mit entsetzten Augen sah er auf ihr Antlitz. Sie erschrak. "Was ist Dir?" rief sie auffahrend; "bist Du auch toll geworden?" Da ließ er schweigend ihre Hände fahren und schritt in den Hof hinab. Nach einigen Tagen stand der Schreiber in Frau Wulfhilds Kemenate. "Hast Du die Puppe?" frug sie hastig. Er wiegte seinen kleinen Kopf. "Ich habe sie und habe sie auch nicht." - "Das heißt?" "Ich wette, es ist das Fräulein von des Königs Burg." Hirn ihm friere und gössen Eisstrahlen sich hinab durch seinen Rücken. Nicht seines Weibes dachte er zunächst; nein, Dagmars; und daß zu ihr ein furchtbarer Rettungsweg sich aufgethan. Als er zu Dorning ins Gemach trat, kam Frau Wulfhild mit ausgestreckten Armen ihm entgegen; aber er griff sie an beiden Handgelenken und hielt sie von sich; mit entsetzten Augen sah er auf ihr Antlitz. Sie erschrak. „Was ist Dir?“ rief sie auffahrend; „bist Du auch toll geworden?“ Da ließ er schweigend ihre Hände fahren und schritt in den Hof hinab. Nach einigen Tagen stand der Schreiber in Frau Wulfhilds Kemenate. „Hast Du die Puppe?“ frug sie hastig. Er wiegte seinen kleinen Kopf. „Ich habe sie und habe sie auch nicht.“ - „Das heißt?“ „Ich wette, es ist das Fräulein von des Königs Burg.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0179" n="175"/> Hirn ihm friere und gössen Eisstrahlen sich hinab durch seinen Rücken. Nicht seines Weibes dachte er zunächst; nein, Dagmars; und daß zu ihr ein furchtbarer Rettungsweg sich aufgethan.</p> <p>Als er zu Dorning ins Gemach trat, kam Frau Wulfhild mit ausgestreckten Armen ihm entgegen; aber er griff sie an beiden Handgelenken und hielt sie von sich; mit entsetzten Augen sah er auf ihr Antlitz.</p> <p>Sie erschrak. „Was ist Dir?“ rief sie auffahrend; „bist Du auch toll geworden?“</p> <p>Da ließ er schweigend ihre Hände fahren und schritt in den Hof hinab.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Nach einigen Tagen stand der Schreiber in Frau Wulfhilds Kemenate.</p> <p>„Hast Du die Puppe?“ frug sie hastig.</p> <p>Er wiegte seinen kleinen Kopf. „Ich habe sie und habe sie auch nicht.“</p> <p>- „Das heißt?“</p> <p>„Ich wette, es ist das Fräulein von des Königs Burg.“</p> </div> </body> </text> </TEI> [175/0179]
Hirn ihm friere und gössen Eisstrahlen sich hinab durch seinen Rücken. Nicht seines Weibes dachte er zunächst; nein, Dagmars; und daß zu ihr ein furchtbarer Rettungsweg sich aufgethan.
Als er zu Dorning ins Gemach trat, kam Frau Wulfhild mit ausgestreckten Armen ihm entgegen; aber er griff sie an beiden Handgelenken und hielt sie von sich; mit entsetzten Augen sah er auf ihr Antlitz.
Sie erschrak. „Was ist Dir?“ rief sie auffahrend; „bist Du auch toll geworden?“
Da ließ er schweigend ihre Hände fahren und schritt in den Hof hinab.
Nach einigen Tagen stand der Schreiber in Frau Wulfhilds Kemenate.
„Hast Du die Puppe?“ frug sie hastig.
Er wiegte seinen kleinen Kopf. „Ich habe sie und habe sie auch nicht.“
- „Das heißt?“
„Ich wette, es ist das Fräulein von des Königs Burg.“
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/179>, abgerufen am 16.02.2025. |