Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

wie Deine Mutter;" sprach er dann; "mein Vater, da ich zuerst die Braut ihm zuführte, weigerte mir lächelnd seinen Segen; die sei der Elbinnen eine und würd' nicht bei mir bleiben!" Und als er das gesagt hatte, riß er heftig das Kind an seine Brust.

Einer, der sie noch selbst gesehen hatte, soll einst geäußert haben, ihr Körper sei gewesen, als habe ihre anima candida ihn selber sich geschaffen.



Flitterwochen, in denen die Jungfrau sanft zum Weibe reift, hatte es auf Dorning nicht gegeben; die gehörten dem Todten, der mit zerhauenem Schädel in der Grube lag. Statt dessen war die Leidenschaft des Weibes; doch nur in den Stunden der Minne war sie dem Manne unterthan; zu anderer Zeit war ihr eigener Wille schwer zu beugen. Wie kampfgerüstet ging sie schon in der ersten Woche zwischen Gewappneten über alle Theile der Feste; dann schritt sie zu ihrem Eheherrn. "Traust Du dem Atterdag? Ich nicht!" und verlangte hier ein Thor oder Fallgitter, dort einen weiteren Graben.

wie Deine Mutter;“ sprach er dann; „mein Vater, da ich zuerst die Braut ihm zuführte, weigerte mir lächelnd seinen Segen; die sei der Elbinnen eine und würd’ nicht bei mir bleiben!“ Und als er das gesagt hatte, riß er heftig das Kind an seine Brust.

Einer, der sie noch selbst gesehen hatte, soll einst geäußert haben, ihr Körper sei gewesen, als habe ihre anima candida ihn selber sich geschaffen.



Flitterwochen, in denen die Jungfrau sanft zum Weibe reift, hatte es auf Dorning nicht gegeben; die gehörten dem Todten, der mit zerhauenem Schädel in der Grube lag. Statt dessen war die Leidenschaft des Weibes; doch nur in den Stunden der Minne war sie dem Manne unterthan; zu anderer Zeit war ihr eigener Wille schwer zu beugen. Wie kampfgerüstet ging sie schon in der ersten Woche zwischen Gewappneten über alle Theile der Feste; dann schritt sie zu ihrem Eheherrn. „Traust Du dem Atterdag? Ich nicht!“ und verlangte hier ein Thor oder Fallgitter, dort einen weiteren Graben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0142" n="138"/>
wie Deine Mutter;&#x201C; sprach er dann; &#x201E;mein Vater, da ich zuerst die Braut ihm zuführte, weigerte mir lächelnd seinen Segen; die sei der Elbinnen eine und würd&#x2019; nicht bei mir bleiben!&#x201C; Und als er das gesagt hatte, riß er heftig das Kind an seine Brust.</p>
        <p>Einer, der sie noch selbst gesehen hatte, soll einst geäußert haben, ihr Körper sei gewesen, als habe ihre <hi rendition="#aq">anima candida</hi> ihn selber sich geschaffen.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Flitterwochen, in denen die Jungfrau sanft zum Weibe reift, hatte es auf Dorning nicht gegeben; die gehörten dem Todten, der mit zerhauenem Schädel in der Grube lag. Statt dessen war die Leidenschaft des Weibes; doch nur in den Stunden der Minne war sie dem Manne unterthan; zu anderer Zeit war ihr eigener Wille schwer zu beugen. Wie kampfgerüstet ging sie schon in der ersten Woche zwischen Gewappneten über alle Theile der Feste; dann schritt sie zu ihrem Eheherrn. &#x201E;Traust Du dem Atterdag? Ich nicht!&#x201C; und verlangte hier ein Thor oder Fallgitter, dort einen weiteren Graben.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0142] wie Deine Mutter;“ sprach er dann; „mein Vater, da ich zuerst die Braut ihm zuführte, weigerte mir lächelnd seinen Segen; die sei der Elbinnen eine und würd’ nicht bei mir bleiben!“ Und als er das gesagt hatte, riß er heftig das Kind an seine Brust. Einer, der sie noch selbst gesehen hatte, soll einst geäußert haben, ihr Körper sei gewesen, als habe ihre anima candida ihn selber sich geschaffen. Flitterwochen, in denen die Jungfrau sanft zum Weibe reift, hatte es auf Dorning nicht gegeben; die gehörten dem Todten, der mit zerhauenem Schädel in der Grube lag. Statt dessen war die Leidenschaft des Weibes; doch nur in den Stunden der Minne war sie dem Manne unterthan; zu anderer Zeit war ihr eigener Wille schwer zu beugen. Wie kampfgerüstet ging sie schon in der ersten Woche zwischen Gewappneten über alle Theile der Feste; dann schritt sie zu ihrem Eheherrn. „Traust Du dem Atterdag? Ich nicht!“ und verlangte hier ein Thor oder Fallgitter, dort einen weiteren Graben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/142
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/142>, abgerufen am 24.11.2024.