Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Frau Wulfhild langte nach einer Schelle, die aus dem Tische stand.

"Was wollt Ihr, Fraue?" frug der Ritter.

"Euch den Schreiber rufen," sprach sie lächelnd, "denn einen Vater möcht' ich, wie Ihr seid, Ritter!"

"Dank, holde Fraue!" rief der Alte. "Nun, Rolf, willst Du dies Weib aus Deines Vaters Hand?"

Rolf hatte schon die schöne Frauenhand an seinen Mund gezogen und sein betheuernd "ja" gesprochen, als Claus Lembeck ein beschrieben Pergament hervorzog "Wir brauchen keinen Schreiber," sagte er, behaglich nickend; "ich geh nicht ohne Rüstung auf so zweifelhaftes Feld! Was Euch an Gütern eigen ist, Frau Wulfhild, weiß ich; was ich dem Sohne gebe, mögt Ihr hieraus sehen! Nun lest, ob ich nach Eurem Sinn geschrieben habe!"

Sie rollte das Blatt auf und sah hinein; gelesen hat sie nichts davon; es war auch nicht vonnöthen, denn Claus Lembeck suchte in derlei Dingen niemanden zu hintergehen. Sie tauchte eine Feder in ihr Tintenfaß und schrieb in großen Zügen das Schriftstück. "Wulfhild von Schauenburg, Hans Pogwisch' Wittib."

Und als zu zweit auch Rolf mit flüchtiger Hand

Frau Wulfhild langte nach einer Schelle, die aus dem Tische stand.

„Was wollt Ihr, Fraue?“ frug der Ritter.

„Euch den Schreiber rufen,“ sprach sie lächelnd, „denn einen Vater möcht’ ich, wie Ihr seid, Ritter!“

„Dank, holde Fraue!“ rief der Alte. „Nun, Rolf, willst Du dies Weib aus Deines Vaters Hand?“

Rolf hatte schon die schöne Frauenhand an seinen Mund gezogen und sein betheuernd „ja“ gesprochen, als Claus Lembeck ein beschrieben Pergament hervorzog „Wir brauchen keinen Schreiber,“ sagte er, behaglich nickend; „ich geh nicht ohne Rüstung auf so zweifelhaftes Feld! Was Euch an Gütern eigen ist, Frau Wulfhild, weiß ich; was ich dem Sohne gebe, mögt Ihr hieraus sehen! Nun lest, ob ich nach Eurem Sinn geschrieben habe!“

Sie rollte das Blatt auf und sah hinein; gelesen hat sie nichts davon; es war auch nicht vonnöthen, denn Claus Lembeck suchte in derlei Dingen niemanden zu hintergehen. Sie tauchte eine Feder in ihr Tintenfaß und schrieb in großen Zügen das Schriftstück. „Wulfhild von Schauenburg, Hans Pogwisch’ Wittib.“

Und als zu zweit auch Rolf mit flüchtiger Hand

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0118" n="114"/>
        <p>Frau Wulfhild langte nach einer Schelle, die aus dem Tische stand.</p>
        <p>&#x201E;Was wollt Ihr, Fraue?&#x201C; frug der Ritter.</p>
        <p>&#x201E;Euch den Schreiber rufen,&#x201C; sprach sie lächelnd, &#x201E;denn einen Vater möcht&#x2019; ich, wie Ihr seid, Ritter!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Dank, holde Fraue!&#x201C; rief der Alte. &#x201E;Nun, Rolf, willst Du dies Weib aus Deines Vaters Hand?&#x201C;</p>
        <p>Rolf hatte schon die schöne Frauenhand an seinen Mund gezogen und sein betheuernd &#x201E;ja&#x201C; gesprochen, als Claus Lembeck ein beschrieben Pergament hervorzog &#x201E;Wir brauchen keinen Schreiber,&#x201C; sagte er, behaglich nickend; &#x201E;ich geh nicht ohne Rüstung auf so zweifelhaftes Feld! Was Euch an Gütern eigen ist, Frau Wulfhild, weiß ich; was ich dem Sohne gebe, mögt Ihr hieraus sehen! Nun lest, ob ich nach Eurem Sinn geschrieben habe!&#x201C;</p>
        <p>Sie rollte das Blatt auf und sah hinein; gelesen hat sie nichts davon; es war auch nicht vonnöthen, denn Claus Lembeck suchte in derlei Dingen niemanden zu hintergehen. Sie tauchte eine Feder in ihr Tintenfaß und schrieb in großen Zügen das Schriftstück. &#x201E;Wulfhild von Schauenburg, Hans Pogwisch&#x2019; Wittib.&#x201C;</p>
        <p>Und als zu zweit auch Rolf mit flüchtiger Hand
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0118] Frau Wulfhild langte nach einer Schelle, die aus dem Tische stand. „Was wollt Ihr, Fraue?“ frug der Ritter. „Euch den Schreiber rufen,“ sprach sie lächelnd, „denn einen Vater möcht’ ich, wie Ihr seid, Ritter!“ „Dank, holde Fraue!“ rief der Alte. „Nun, Rolf, willst Du dies Weib aus Deines Vaters Hand?“ Rolf hatte schon die schöne Frauenhand an seinen Mund gezogen und sein betheuernd „ja“ gesprochen, als Claus Lembeck ein beschrieben Pergament hervorzog „Wir brauchen keinen Schreiber,“ sagte er, behaglich nickend; „ich geh nicht ohne Rüstung auf so zweifelhaftes Feld! Was Euch an Gütern eigen ist, Frau Wulfhild, weiß ich; was ich dem Sohne gebe, mögt Ihr hieraus sehen! Nun lest, ob ich nach Eurem Sinn geschrieben habe!“ Sie rollte das Blatt auf und sah hinein; gelesen hat sie nichts davon; es war auch nicht vonnöthen, denn Claus Lembeck suchte in derlei Dingen niemanden zu hintergehen. Sie tauchte eine Feder in ihr Tintenfaß und schrieb in großen Zügen das Schriftstück. „Wulfhild von Schauenburg, Hans Pogwisch’ Wittib.“ Und als zu zweit auch Rolf mit flüchtiger Hand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/118
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/118>, abgerufen am 24.11.2024.