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Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.

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Elisabeth hatte von Erich den Auftrag erhalten, wäh¬
rend seiner und der Mutter Abwesenheit Reinhardt
mit den schönsten Aussichten der nächsten Umgegend,
namentlich von der andern Uferseite auf den Hof
selber, bekannt zu machen. Nun gingen sie von einem
Punkt zum andern. Endlich wurde Elisabeth müde,
und setzte sich in den Schatten überhängender Zweige,
Reinhardt stand ihr gegenüber an einen Baumstamm
gelehnt; da hörte er tiefer im Walde den Kuckuck rufen,
und es kam ihm plötzlich, dies Alles sei schon einmal
eben so gewesen. Er sah sie seltsam lächelnd an.
Wollen wir Erdbeeren suchen? fragte er.

Es ist keine Erdbeerenzeit, sagte sie.

Sie wird aber bald kommen.

Elisabeth schüttelte schweigend den Kopf; dann
stand sie auf, und beide setzten ihre Wanderung fort;
und wie sie so an seiner Seite ging, wandte sein Blick
sich immer wieder nach ihr hin; denn sie ging schön,
als wenn sie von ihren Kleidern getragen würde. Er
blieb oft unwillkürlich einen Schritt zurück, um sie
ganz und voll ins Auge fassen zu können. So kamen
sie an einen freien, haidebewachsenen Platz mit einer
weit ins Land reichenden Aussicht. Reinhardt bückte

Eliſabeth hatte von Erich den Auftrag erhalten, wäh¬
rend ſeiner und der Mutter Abweſenheit Reinhardt
mit den ſchönſten Ausſichten der nächſten Umgegend,
namentlich von der andern Uferſeite auf den Hof
ſelber, bekannt zu machen. Nun gingen ſie von einem
Punkt zum andern. Endlich wurde Eliſabeth müde,
und ſetzte ſich in den Schatten überhängender Zweige,
Reinhardt ſtand ihr gegenüber an einen Baumſtamm
gelehnt; da hörte er tiefer im Walde den Kuckuck rufen,
und es kam ihm plötzlich, dies Alles ſei ſchon einmal
eben ſo geweſen. Er ſah ſie ſeltſam lächelnd an.
Wollen wir Erdbeeren ſuchen? fragte er.

Es iſt keine Erdbeerenzeit, ſagte ſie.

Sie wird aber bald kommen.

Eliſabeth ſchüttelte ſchweigend den Kopf; dann
ſtand ſie auf, und beide ſetzten ihre Wanderung fort;
und wie ſie ſo an ſeiner Seite ging, wandte ſein Blick
ſich immer wieder nach ihr hin; denn ſie ging ſchön,
als wenn ſie von ihren Kleidern getragen würde. Er
blieb oft unwillkürlich einen Schritt zurück, um ſie
ganz und voll ins Auge faſſen zu können. So kamen
ſie an einen freien, haidebewachſenen Platz mit einer
weit ins Land reichenden Ausſicht. Reinhardt bückte

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[54/0060] Eliſabeth hatte von Erich den Auftrag erhalten, wäh¬ rend ſeiner und der Mutter Abweſenheit Reinhardt mit den ſchönſten Ausſichten der nächſten Umgegend, namentlich von der andern Uferſeite auf den Hof ſelber, bekannt zu machen. Nun gingen ſie von einem Punkt zum andern. Endlich wurde Eliſabeth müde, und ſetzte ſich in den Schatten überhängender Zweige, Reinhardt ſtand ihr gegenüber an einen Baumſtamm gelehnt; da hörte er tiefer im Walde den Kuckuck rufen, und es kam ihm plötzlich, dies Alles ſei ſchon einmal eben ſo geweſen. Er ſah ſie ſeltſam lächelnd an. Wollen wir Erdbeeren ſuchen? fragte er. Es iſt keine Erdbeerenzeit, ſagte ſie. Sie wird aber bald kommen. Eliſabeth ſchüttelte ſchweigend den Kopf; dann ſtand ſie auf, und beide ſetzten ihre Wanderung fort; und wie ſie ſo an ſeiner Seite ging, wandte ſein Blick ſich immer wieder nach ihr hin; denn ſie ging ſchön, als wenn ſie von ihren Kleidern getragen würde. Er blieb oft unwillkürlich einen Schritt zurück, um ſie ganz und voll ins Auge faſſen zu können. So kamen ſie an einen freien, haidebewachſenen Platz mit einer weit ins Land reichenden Ausſicht. Reinhardt bückte

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_immensee_1852/60>, abgerufen am 24.11.2024.