Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.Draußen aber legte sich der Abend mehr und mehr Die Wälder standen schweigend und warfen ihr 4 *
Draußen aber legte ſich der Abend mehr und mehr Die Wälder ſtanden ſchweigend und warfen ihr 4 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0057" n="51"/> <p>Draußen aber legte ſich der Abend mehr und mehr<lb/> über Garten und See, die Nachtſchmetterlinge ſchoſſen<lb/> ſurrend an den offenen Thüren vorüber, durch welche<lb/> der Duft der Blumen und Geſträuche immer ſtärker<lb/> hereindrang; vom Waſſer herauf kam das Geſchrei der<lb/> Fröſche, unter den Fenſtern ſchlug eine Nachtigall,<lb/> tiefer im Garten eine andere; der Mond ſah über die<lb/> Bäume. Reinhardt blickte noch eine Weile auf die<lb/> Stelle, wo Eliſabeths feine Geſtalt zwiſchen den Laub¬<lb/> gängen verſchwunden war; dann rollte er ſein Manu¬<lb/> ſcript zuſammen, grüßte die Anweſenden, und ging<lb/> durchs Haus an das Waſſer hinab.</p><lb/> <p>Die Wälder ſtanden ſchweigend und warfen ihr<lb/> Dunkel weit auf den See hinaus, während die Mitte<lb/> deſſelben in ſchwüler Mondesdämmerung lag. Mit¬<lb/> unter ſchauerte ein leiſes Säuſeln durch die Bäume;<lb/> aber es war kein Wind, es war nur das Athmen der<lb/> Sommernacht. Reinhardt ging immer am Ufer ent¬<lb/> lang. Einen Steinwurf vom Lande konnte er eine<lb/> weiße Waſſerlilie erkennen. Auf einmal wandelte ihn<lb/> die Luſt an, ſie in der Nähe zu ſehen; er warf ſeine<lb/> Kleider ab, und ſtieg ins Waſſer. Es war flach, ſcharfe<lb/> Pflanzen und Steine ſchnitten ihn an den Füßen, und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">4 *<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [51/0057]
Draußen aber legte ſich der Abend mehr und mehr
über Garten und See, die Nachtſchmetterlinge ſchoſſen
ſurrend an den offenen Thüren vorüber, durch welche
der Duft der Blumen und Geſträuche immer ſtärker
hereindrang; vom Waſſer herauf kam das Geſchrei der
Fröſche, unter den Fenſtern ſchlug eine Nachtigall,
tiefer im Garten eine andere; der Mond ſah über die
Bäume. Reinhardt blickte noch eine Weile auf die
Stelle, wo Eliſabeths feine Geſtalt zwiſchen den Laub¬
gängen verſchwunden war; dann rollte er ſein Manu¬
ſcript zuſammen, grüßte die Anweſenden, und ging
durchs Haus an das Waſſer hinab.
Die Wälder ſtanden ſchweigend und warfen ihr
Dunkel weit auf den See hinaus, während die Mitte
deſſelben in ſchwüler Mondesdämmerung lag. Mit¬
unter ſchauerte ein leiſes Säuſeln durch die Bäume;
aber es war kein Wind, es war nur das Athmen der
Sommernacht. Reinhardt ging immer am Ufer ent¬
lang. Einen Steinwurf vom Lande konnte er eine
weiße Waſſerlilie erkennen. Auf einmal wandelte ihn
die Luſt an, ſie in der Nähe zu ſehen; er warf ſeine
Kleider ab, und ſtieg ins Waſſer. Es war flach, ſcharfe
Pflanzen und Steine ſchnitten ihn an den Füßen, und
4 *
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeTheodor Storms Novelle "Immensee" erschien zuerst… [mehr] Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |