Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.schein lag wie Schaum auf den Wäldern jenseit des Meine Mutter hat's gewollt, Den Andern ich nehmen sollt'; Was ich zuvor besessen, Mein Herz sollt' es vergessen; Das hat es nicht gewollt. Meine Mutter klag' ich an, Sie hat nicht wohlgethan; Was sonst in Ehren stünde, Nun ist es worden Sünde. Was fang' ich an! Für all mein Stolz und Freud' Gewonnen hab' ich Leid. Ach, wär' das nicht geschehen, Ach, könnt' ich betteln gehen Ueber die braune Haid ! Während des Lesens hatte Reinhardt ein unmer¬ ſchein lag wie Schaum auf den Wäldern jenſeit des Meine Mutter hat's gewollt, Den Andern ich nehmen ſollt'; Was ich zuvor beſeſſen, Mein Herz ſollt' es vergeſſen; Das hat es nicht gewollt. Meine Mutter klag' ich an, Sie hat nicht wohlgethan; Was ſonſt in Ehren ſtünde, Nun iſt es worden Sünde. Was fang' ich an! Für all mein Stolz und Freud’ Gewonnen hab' ich Leid. Ach, wär' das nicht geſchehen, Ach, könnt' ich betteln gehen Ueber die braune Haid ! Während des Leſens hatte Reinhardt ein unmer¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="50"/> ſchein lag wie Schaum auf den Wäldern jenſeit des<lb/> Sees. Reinhardt rollte das Blatt auf, Eliſabeth legte<lb/> an der einen Seite ihre Hand darauf, und ſah mit<lb/> hinein. Dann las Reinhardt:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Meine Mutter hat's gewollt,</l><lb/> <l>Den Andern ich nehmen ſollt';</l><lb/> <l>Was ich zuvor beſeſſen,</l><lb/> <l>Mein Herz ſollt' es vergeſſen;</l><lb/> <l>Das hat es nicht gewollt.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Meine Mutter klag' ich an,</l><lb/> <l>Sie hat nicht wohlgethan;</l><lb/> <l>Was ſonſt in Ehren ſtünde,</l><lb/> <l>Nun iſt es worden Sünde.</l><lb/> <l>Was fang' ich an!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Für all mein Stolz und Freud’</l><lb/> <l>Gewonnen hab' ich Leid.</l><lb/> <l>Ach, wär' das nicht geſchehen,</l><lb/> <l>Ach, könnt' ich betteln gehen</l><lb/> <l>Ueber die braune Haid !</l> </lg> </lg><lb/> <p>Während des Leſens hatte Reinhardt ein unmer¬<lb/> liches Zittern des Papiers empfunden; als er zu Ende<lb/> war, ſchob Eliſabeth leiſe ihren Stuhl zurück, und<lb/> ging ſchweigend in den Garten hinab. Ein Blick der<lb/> Mutter folgte ihr. Erich wollte nachgehen; doch die<lb/> Mutter ſagte: Eliſabeth hat draußen zu thun. So<lb/> unterblieb es.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [50/0056]
ſchein lag wie Schaum auf den Wäldern jenſeit des
Sees. Reinhardt rollte das Blatt auf, Eliſabeth legte
an der einen Seite ihre Hand darauf, und ſah mit
hinein. Dann las Reinhardt:
Meine Mutter hat's gewollt,
Den Andern ich nehmen ſollt';
Was ich zuvor beſeſſen,
Mein Herz ſollt' es vergeſſen;
Das hat es nicht gewollt.
Meine Mutter klag' ich an,
Sie hat nicht wohlgethan;
Was ſonſt in Ehren ſtünde,
Nun iſt es worden Sünde.
Was fang' ich an!
Für all mein Stolz und Freud’
Gewonnen hab' ich Leid.
Ach, wär' das nicht geſchehen,
Ach, könnt' ich betteln gehen
Ueber die braune Haid !
Während des Leſens hatte Reinhardt ein unmer¬
liches Zittern des Papiers empfunden; als er zu Ende
war, ſchob Eliſabeth leiſe ihren Stuhl zurück, und
ging ſchweigend in den Garten hinab. Ein Blick der
Mutter folgte ihr. Erich wollte nachgehen; doch die
Mutter ſagte: Eliſabeth hat draußen zu thun. So
unterblieb es.
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