Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.Es war die Wirthin. Ein Brief für Sie, Herr Reinhardt hatte seit seinem Besuche in der Heimath In deinem Alter, mein liebes Kind, hat noch Es war die Wirthin. Ein Brief für Sie, Herr Reinhardt hatte ſeit ſeinem Beſuche in der Heimath In deinem Alter, mein liebes Kind, hat noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="37"/> Es war die Wirthin. Ein Brief für Sie, Herr<lb/> Werner! Dann entfernte ſie ſich wieder.</p><lb/> <p>Reinhardt hatte ſeit ſeinem Beſuche in der Heimath<lb/> nicht an Eliſabeth geſchrieben und von ihr keinen<lb/> Brief mehr erhalten. Auch dieſer war nicht von ihr;<lb/> es war die Hand ſeiner Mutter. Reinhardt brach<lb/> und las, und bald las er Folgendes:</p><lb/> <p rendition="#et">In deinem Alter, mein liebes Kind, hat noch<lb/> faſt jedes Jahr ſein eigenes Geſicht; denn die Ju¬<lb/> gend läßt ſich nicht ärmer machen. Hier iſt auch<lb/> Manches anders geworden, was dir wohl erſtan<lb/> weh thun wird, wenn ich dich ſonſt recht verſtanden<lb/> habe. Erich hat ſich geſtern endlich das Jawort<lb/> von Eliſabeth geholt, nachdem er in dem letzten<lb/> Vierteljahr zweimal vergebens angefragt hatte.<lb/> Sie hat ſich immer nicht dazu entſchließen können;<lb/> nun hat ſie es endlich doch gethan; ſie iſt auch noch<lb/> gar ſo jung. Die Hochzeit ſoll bald ſein, und die<lb/> Mutter wird dann mit ihnen fortgehen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [37/0043]
Es war die Wirthin. Ein Brief für Sie, Herr
Werner! Dann entfernte ſie ſich wieder.
Reinhardt hatte ſeit ſeinem Beſuche in der Heimath
nicht an Eliſabeth geſchrieben und von ihr keinen
Brief mehr erhalten. Auch dieſer war nicht von ihr;
es war die Hand ſeiner Mutter. Reinhardt brach
und las, und bald las er Folgendes:
In deinem Alter, mein liebes Kind, hat noch
faſt jedes Jahr ſein eigenes Geſicht; denn die Ju¬
gend läßt ſich nicht ärmer machen. Hier iſt auch
Manches anders geworden, was dir wohl erſtan
weh thun wird, wenn ich dich ſonſt recht verſtanden
habe. Erich hat ſich geſtern endlich das Jawort
von Eliſabeth geholt, nachdem er in dem letzten
Vierteljahr zweimal vergebens angefragt hatte.
Sie hat ſich immer nicht dazu entſchließen können;
nun hat ſie es endlich doch gethan; ſie iſt auch noch
gar ſo jung. Die Hochzeit ſoll bald ſein, und die
Mutter wird dann mit ihnen fortgehen.
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