Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.andern um; sie schien nur die Ueberschriften zu lesen. Gieb es mir nicht so zurück! sagte er. Sie nahm ein braunes Reis aus der Blechkapsel. Endlich kam der letzte Tag der Ferienzeit und der andern um; ſie ſchien nur die Ueberſchriften zu leſen. Gieb es mir nicht ſo zurück! ſagte er. Sie nahm ein braunes Reis aus der Blechkapſel. Endlich kam der letzte Tag der Ferienzeit und der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="34"/> andern um; ſie ſchien nur die Ueberſchriften zu leſen.<lb/> „Als ſie vom Schulmeiſter geſcholten war. Als ſie<lb/> ſich im Walde verirrt hatten. Mit den Oſtermärchen.<lb/> Als ſie mir zum erſten Mal geſchrieben hatte“; in der<lb/> Weiſe lauteten faſt alle. Reinhardt blickte forſchend<lb/> zu ihr hin, und indem ſie immer weiter blätterte, ſah<lb/> er, wie zuletzt auf ihrem klaren Antlitz ein zartes Roth<lb/> hervorbrach und es allmählig ganz überzog. Er wollte<lb/> ihre Augen ſehen; aber Eliſabeth ſah nicht auf, und<lb/> legte das Buch am Ende ſchweigend vor ihm hin.</p><lb/> <p>Gieb es mir nicht ſo zurück! ſagte er.</p><lb/> <p>Sie nahm ein braunes Reis aus der Blechkapſel.<lb/> Ich will dein Lieblingskraut hineinlegen; ſagte ſie,<lb/> und gab ihm das Buch in ſeine Hände. — —</p><lb/> <p>Endlich kam der letzte Tag der Ferienzeit und der<lb/> Morgen der Abreiſe. Auf ihre Bitte erhielt Eliſabeth<lb/> von der Mutter die Erlaubniß, ihren Freund an den<lb/> Poſtwagen zu begleiten, der einige Straßen von ihrer<lb/> Wohnung ſeine Station hatte. Als ſie vor die Haus¬<lb/> thür traten, gab Reinhardt ihr den Arm; ſo ging er<lb/> ſchweigend neben dem ſchlanken Mädchen her. Je<lb/> näher ſie ihrem Ziele kamen, deſto mehr war es ihm,<lb/> er habe ihr, ehe er auf ſo lange Abſchied nehme, etwas<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0040]
andern um; ſie ſchien nur die Ueberſchriften zu leſen.
„Als ſie vom Schulmeiſter geſcholten war. Als ſie
ſich im Walde verirrt hatten. Mit den Oſtermärchen.
Als ſie mir zum erſten Mal geſchrieben hatte“; in der
Weiſe lauteten faſt alle. Reinhardt blickte forſchend
zu ihr hin, und indem ſie immer weiter blätterte, ſah
er, wie zuletzt auf ihrem klaren Antlitz ein zartes Roth
hervorbrach und es allmählig ganz überzog. Er wollte
ihre Augen ſehen; aber Eliſabeth ſah nicht auf, und
legte das Buch am Ende ſchweigend vor ihm hin.
Gieb es mir nicht ſo zurück! ſagte er.
Sie nahm ein braunes Reis aus der Blechkapſel.
Ich will dein Lieblingskraut hineinlegen; ſagte ſie,
und gab ihm das Buch in ſeine Hände. — —
Endlich kam der letzte Tag der Ferienzeit und der
Morgen der Abreiſe. Auf ihre Bitte erhielt Eliſabeth
von der Mutter die Erlaubniß, ihren Freund an den
Poſtwagen zu begleiten, der einige Straßen von ihrer
Wohnung ſeine Station hatte. Als ſie vor die Haus¬
thür traten, gab Reinhardt ihr den Arm; ſo ging er
ſchweigend neben dem ſchlanken Mädchen her. Je
näher ſie ihrem Ziele kamen, deſto mehr war es ihm,
er habe ihr, ehe er auf ſo lange Abſchied nehme, etwas
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