Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.sein Glas an den Mund. Auf deine schönen, sünd¬ Sie lachte, und warf den Kopf herum. Gieb! Heute, nur heute Während der Geigenspieler in raschem Tempo dasBin ich so schön ; Morgen, ach morgen Muß Alles vergehn! Nur diese Stunde Bist du noch mein; Sterben, ach sterben Soll ich allein. Nachspiel einsetzte, gesellte sich ein neuer Ankömmling zu der Gruppe. Ich wollte dich abholen, Reinhardt; sagte er. Du Das Christkind? sagte Reinhardt, das kommt nicht Ei was! Dein ganzes Zimmer roch nach Tannen¬ ſein Glas an den Mund. Auf deine ſchönen, ſünd¬ Sie lachte, und warf den Kopf herum. Gieb! Heute, nur heute Während der Geigenſpieler in raſchem Tempo dasBin ich ſo ſchön ; Morgen, ach morgen Muß Alles vergehn! Nur dieſe Stunde Biſt du noch mein; Sterben, ach ſterben Soll ich allein. Nachſpiel einſetzte, geſellte ſich ein neuer Ankömmling zu der Gruppe. Ich wollte dich abholen, Reinhardt; ſagte er. Du Das Chriſtkind? ſagte Reinhardt, das kommt nicht Ei was! Dein ganzes Zimmer roch nach Tannen¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="23"/> ſein Glas an den Mund. Auf deine ſchönen, ſünd¬<lb/> haften Augen! ſagte er, und trank.</p><lb/> <p>Sie lachte, und warf den Kopf herum. Gieb!<lb/> ſagte ſie; und indem ſie ihre ſchwarzen Augen in die<lb/> ſeinen heftete, trank ſie langſam den Reſt. Dann<lb/> griff ſie einen Dreiklang und ſang mit tiefer leiden¬<lb/> ſchaftlicher Stimme:<lb/><lg type="poem"><l>Heute, nur heute</l><lb/><l>Bin ich ſo ſchön ;</l><lb/><l>Morgen, ach morgen</l><lb/><l>Muß Alles vergehn!</l><lb/><l>Nur dieſe Stunde</l><lb/><l>Biſt du noch mein;</l><lb/><l>Sterben, ach ſterben</l><lb/><l>Soll ich allein.</l><lb/></lg> Während der Geigenſpieler in raſchem Tempo das<lb/> Nachſpiel einſetzte, geſellte ſich ein neuer Ankömmling<lb/> zu der Gruppe.</p><lb/> <p>Ich wollte dich abholen, Reinhardt; ſagte er. Du<lb/> warſt ſchon fort; aber das Chriſtkind war bei dir ein¬<lb/> gekehrt.</p><lb/> <p>Das Chriſtkind? ſagte Reinhardt, das kommt nicht<lb/> mehr zu mir.</p><lb/> <p>Ei was! Dein ganzes Zimmer roch nach Tannen¬<lb/> baum und braunen Kuchen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [23/0029]
ſein Glas an den Mund. Auf deine ſchönen, ſünd¬
haften Augen! ſagte er, und trank.
Sie lachte, und warf den Kopf herum. Gieb!
ſagte ſie; und indem ſie ihre ſchwarzen Augen in die
ſeinen heftete, trank ſie langſam den Reſt. Dann
griff ſie einen Dreiklang und ſang mit tiefer leiden¬
ſchaftlicher Stimme:
Heute, nur heute
Bin ich ſo ſchön ;
Morgen, ach morgen
Muß Alles vergehn!
Nur dieſe Stunde
Biſt du noch mein;
Sterben, ach ſterben
Soll ich allein.
Während der Geigenſpieler in raſchem Tempo das
Nachſpiel einſetzte, geſellte ſich ein neuer Ankömmling
zu der Gruppe.
Ich wollte dich abholen, Reinhardt; ſagte er. Du
warſt ſchon fort; aber das Chriſtkind war bei dir ein¬
gekehrt.
Das Chriſtkind? ſagte Reinhardt, das kommt nicht
mehr zu mir.
Ei was! Dein ganzes Zimmer roch nach Tannen¬
baum und braunen Kuchen.
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_immensee_1852/29>, abgerufen am 16.07.2024. |