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Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.

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"Doch nicht von Frau Senator ihrer Sonntagssuppe!"

"Ich darf nicht", sagte das Kind leise.

"Was?" rief die Alte. "Wer hat Dir das verboten?"

"Mein Vater", kam es ebenso von den Lippen des Kindes.

Wie Zornröthe flog es in das Gesicht der Alten. "So, so!" sagte sie und stemmte die Faust mit dem Löffel auf ihr Knie. "Ja, ja, ich glaub's: Du sollst nicht mit mir von meinen Bettelsuppen essen!" Aber sie drängte die Worte zurück, die noch über ihre Zunge wollten; das Kind durfte das nicht hören. "Komm", sagte sie und stellte ihren Topf bei Seite, "ich bin satt; wir wollen in den Garten, da find' ich Dir noch ein paar Stachelbeeren. Du bist ein braves Kind! Sei Deinem Vater allzeit so gehorsam; da wird's Dir wohlgehn!"

Und sie wanderten mit einander in den Garten, und so dürftig auch die Ernte ausfiel, die Alte erzählte so alles vergessen machende Geschichten von Prinzessin Pomphia's Großmutter, daß der

„Doch nicht von Frau Senator ihrer Sonntagssuppe!“

„Ich darf nicht“, sagte das Kind leise.

„Was?“ rief die Alte. „Wer hat Dir das verboten?“

„Mein Vater“, kam es ebenso von den Lippen des Kindes.

Wie Zornröthe flog es in das Gesicht der Alten. „So, so!“ sagte sie und stemmte die Faust mit dem Löffel auf ihr Knie. „Ja, ja, ich glaub’s: Du sollst nicht mit mir von meinen Bettelsuppen essen!“ Aber sie drängte die Worte zurück, die noch über ihre Zunge wollten; das Kind durfte das nicht hören. „Komm“, sagte sie und stellte ihren Topf bei Seite, „ich bin satt; wir wollen in den Garten, da find’ ich Dir noch ein paar Stachelbeeren. Du bist ein braves Kind! Sei Deinem Vater allzeit so gehorsam; da wird’s Dir wohlgehn!“

Und sie wanderten mit einander in den Garten, und so dürftig auch die Ernte ausfiel, die Alte erzählte so alles vergessen machende Geschichten von Prinzessin Pomphia’s Großmutter, daß der

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[88/0088] „Doch nicht von Frau Senator ihrer Sonntagssuppe!“ „Ich darf nicht“, sagte das Kind leise. „Was?“ rief die Alte. „Wer hat Dir das verboten?“ „Mein Vater“, kam es ebenso von den Lippen des Kindes. Wie Zornröthe flog es in das Gesicht der Alten. „So, so!“ sagte sie und stemmte die Faust mit dem Löffel auf ihr Knie. „Ja, ja, ich glaub’s: Du sollst nicht mit mir von meinen Bettelsuppen essen!“ Aber sie drängte die Worte zurück, die noch über ihre Zunge wollten; das Kind durfte das nicht hören. „Komm“, sagte sie und stellte ihren Topf bei Seite, „ich bin satt; wir wollen in den Garten, da find’ ich Dir noch ein paar Stachelbeeren. Du bist ein braves Kind! Sei Deinem Vater allzeit so gehorsam; da wird’s Dir wohlgehn!“ Und sie wanderten mit einander in den Garten, und so dürftig auch die Ernte ausfiel, die Alte erzählte so alles vergessen machende Geschichten von Prinzessin Pomphia’s Großmutter, daß der

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/88>, abgerufen am 22.11.2024.