Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887.Finger ihre Tasse vom Munde wieder auf die Unterschale setzte. Als er aber an die Stelle kam, wo Fritz für seine Heimkehr nur noch eine zweijährige Frist setzt, da schien plötzlich auf dem Antlitz der mit gefalteten Händen Horchenden die Theilnahme zu erlöschen. Sie räusperte sich ein wenig, und Meister Daniel sah sie an. "Ist Ihnen nicht wohl, Mamsellchen?" frug er heiter, "Ihre Äuglein sehen auf einmal so betrübsam!" Und Mamsell Riekchen sah ihn fast bittend an: "Ach, lieber Meister," flüsterte sie, "dann werd' ich wohl mein Stübchen und Ihr Haus verlassen müssen!" und sie seufzte, daß es ganz still in der Kammer wurde. Meister Daniel war schier bestürzt, so hatte er den Fall noch gar nicht angesehen, aber er faßte sich, da war ja noch die kleine Schlafkammer des Gesellen; er nahm ihre Hand: "Nein, nein, liebes Mamsellchen, Fritz wird Sie nicht verdrängen; er ist ein bescheidener Junge, seiner lieben Mutter guter Sohn! Sie sollen auch Ihre Finger ihre Tasse vom Munde wieder auf die Unterschale setzte. Als er aber an die Stelle kam, wo Fritz für seine Heimkehr nur noch eine zweijährige Frist setzt, da schien plötzlich auf dem Antlitz der mit gefalteten Händen Horchenden die Theilnahme zu erlöschen. Sie räusperte sich ein wenig, und Meister Daniel sah sie an. „Ist Ihnen nicht wohl, Mamsellchen?“ frug er heiter, „Ihre Äuglein sehen auf einmal so betrübsam!“ Und Mamsell Riekchen sah ihn fast bittend an: „Ach, lieber Meister,“ flüsterte sie, „dann werd’ ich wohl mein Stübchen und Ihr Haus verlassen müssen!“ und sie seufzte, daß es ganz still in der Kammer wurde. Meister Daniel war schier bestürzt, so hatte er den Fall noch gar nicht angesehen, aber er faßte sich, da war ja noch die kleine Schlafkammer des Gesellen; er nahm ihre Hand: „Nein, nein, liebes Mamsellchen, Fritz wird Sie nicht verdrängen; er ist ein bescheidener Junge, seiner lieben Mutter guter Sohn! Sie sollen auch Ihre <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="58"/> Finger ihre Tasse vom Munde wieder auf die Unterschale setzte.</p> <p>Als er aber an die Stelle kam, wo Fritz für seine Heimkehr nur noch eine zweijährige Frist setzt, da schien plötzlich auf dem Antlitz der mit gefalteten Händen Horchenden die Theilnahme zu erlöschen.</p> <p>Sie räusperte sich ein wenig, und Meister Daniel sah sie an. „Ist Ihnen nicht wohl, Mamsellchen?“ frug er heiter, „Ihre Äuglein sehen auf einmal so betrübsam!“</p> <p>Und Mamsell Riekchen sah ihn fast bittend an: „Ach, lieber Meister,“ flüsterte sie, „dann werd’ ich wohl mein Stübchen und Ihr Haus verlassen müssen!“ und sie seufzte, daß es ganz still in der Kammer wurde.</p> <p>Meister Daniel war schier bestürzt, so hatte er den Fall noch gar nicht angesehen, aber er faßte sich, da war ja noch die kleine Schlafkammer des Gesellen; er nahm ihre Hand: „Nein, nein, liebes Mamsellchen, Fritz wird Sie nicht verdrängen; er ist ein bescheidener Junge, seiner lieben Mutter guter Sohn! Sie sollen auch Ihre </p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0058]
Finger ihre Tasse vom Munde wieder auf die Unterschale setzte.
Als er aber an die Stelle kam, wo Fritz für seine Heimkehr nur noch eine zweijährige Frist setzt, da schien plötzlich auf dem Antlitz der mit gefalteten Händen Horchenden die Theilnahme zu erlöschen.
Sie räusperte sich ein wenig, und Meister Daniel sah sie an. „Ist Ihnen nicht wohl, Mamsellchen?“ frug er heiter, „Ihre Äuglein sehen auf einmal so betrübsam!“
Und Mamsell Riekchen sah ihn fast bittend an: „Ach, lieber Meister,“ flüsterte sie, „dann werd’ ich wohl mein Stübchen und Ihr Haus verlassen müssen!“ und sie seufzte, daß es ganz still in der Kammer wurde.
Meister Daniel war schier bestürzt, so hatte er den Fall noch gar nicht angesehen, aber er faßte sich, da war ja noch die kleine Schlafkammer des Gesellen; er nahm ihre Hand: „Nein, nein, liebes Mamsellchen, Fritz wird Sie nicht verdrängen; er ist ein bescheidener Junge, seiner lieben Mutter guter Sohn! Sie sollen auch Ihre
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887/58>, abgerufen am 20.02.2025. |