Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887.eingetragen hatte; wenn Bälle oder andere Festlichkeiten in der Stadt waren, kammerjungferte sie auch jetzt noch bei den Töchtern der Beamten oder vornehmeren Bürger, und hatte dadurch noch eine hübsche Extra-Einnahme. Sie war klein und mager, und wenn sie aus einer Thür ein paar Stufen hinab ging, so war's, als wenn ein Vogel heraus hüpfte; "sie ist ein hüpfendes Gerippchen," hatte einmal ein kleines boshaftes Mädchen von ihr gesagt. Sie hatte nur ein winziges Stumpfnäschen; aber eine weitläufige Stirn darüber, daher sie denn auch, wenn die Schönheit eines jungen Mädchens vor ihr gelobt wurde, selten, wiewohl etwas zaghaft, zu bemerken unterließ: "Ja, hübsch, recht hübsch! Aber die Stirn, ist die nicht etwas unbedeutend?" Sie wurde dann meistens ausgelacht, und sie selber lachte mit; denn Neid und Bosheit waren nicht dahinter; sie wollte nur in Betreff der Schönheit sich doch auch ein wenig in Erinnerung bringen. Die niedrige Stirn ihres Miethsherrn pflegte sie stets voll wahren Mitleids zu betrachten, und erwähnte ihrer niemals gegen Andere. eingetragen hatte; wenn Bälle oder andere Festlichkeiten in der Stadt waren, kammerjungferte sie auch jetzt noch bei den Töchtern der Beamten oder vornehmeren Bürger, und hatte dadurch noch eine hübsche Extra-Einnahme. Sie war klein und mager, und wenn sie aus einer Thür ein paar Stufen hinab ging, so war’s, als wenn ein Vogel heraus hüpfte; „sie ist ein hüpfendes Gerippchen,“ hatte einmal ein kleines boshaftes Mädchen von ihr gesagt. Sie hatte nur ein winziges Stumpfnäschen; aber eine weitläufige Stirn darüber, daher sie denn auch, wenn die Schönheit eines jungen Mädchens vor ihr gelobt wurde, selten, wiewohl etwas zaghaft, zu bemerken unterließ: „Ja, hübsch, recht hübsch! Aber die Stirn, ist die nicht etwas unbedeutend?“ Sie wurde dann meistens ausgelacht, und sie selber lachte mit; denn Neid und Bosheit waren nicht dahinter; sie wollte nur in Betreff der Schönheit sich doch auch ein wenig in Erinnerung bringen. Die niedrige Stirn ihres Miethsherrn pflegte sie stets voll wahren Mitleids zu betrachten, und erwähnte ihrer niemals gegen Andere. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="49"/> eingetragen hatte; wenn Bälle oder andere Festlichkeiten in der Stadt waren, kammerjungferte sie auch jetzt noch bei den Töchtern der Beamten oder vornehmeren Bürger, und hatte dadurch noch eine hübsche Extra-Einnahme. Sie war klein und mager, und wenn sie aus einer Thür ein paar Stufen hinab ging, so war’s, als wenn ein Vogel heraus hüpfte; „sie ist ein hüpfendes Gerippchen,“ hatte einmal ein kleines boshaftes Mädchen von ihr gesagt. Sie hatte nur ein winziges Stumpfnäschen; aber eine weitläufige Stirn darüber, daher sie denn auch, wenn die Schönheit eines jungen Mädchens vor ihr gelobt wurde, selten, wiewohl etwas zaghaft, zu bemerken unterließ: „Ja, hübsch, recht hübsch! Aber die Stirn, ist die nicht etwas unbedeutend?“ Sie wurde dann meistens ausgelacht, und sie selber lachte mit; denn Neid und Bosheit waren nicht dahinter; sie wollte nur in Betreff der Schönheit sich doch auch ein wenig in Erinnerung bringen. Die niedrige Stirn ihres Miethsherrn pflegte sie stets voll wahren Mitleids zu betrachten, und erwähnte ihrer niemals gegen Andere.</p> </div> </body> </text> </TEI> [49/0049]
eingetragen hatte; wenn Bälle oder andere Festlichkeiten in der Stadt waren, kammerjungferte sie auch jetzt noch bei den Töchtern der Beamten oder vornehmeren Bürger, und hatte dadurch noch eine hübsche Extra-Einnahme. Sie war klein und mager, und wenn sie aus einer Thür ein paar Stufen hinab ging, so war’s, als wenn ein Vogel heraus hüpfte; „sie ist ein hüpfendes Gerippchen,“ hatte einmal ein kleines boshaftes Mädchen von ihr gesagt. Sie hatte nur ein winziges Stumpfnäschen; aber eine weitläufige Stirn darüber, daher sie denn auch, wenn die Schönheit eines jungen Mädchens vor ihr gelobt wurde, selten, wiewohl etwas zaghaft, zu bemerken unterließ: „Ja, hübsch, recht hübsch! Aber die Stirn, ist die nicht etwas unbedeutend?“ Sie wurde dann meistens ausgelacht, und sie selber lachte mit; denn Neid und Bosheit waren nicht dahinter; sie wollte nur in Betreff der Schönheit sich doch auch ein wenig in Erinnerung bringen. Die niedrige Stirn ihres Miethsherrn pflegte sie stets voll wahren Mitleids zu betrachten, und erwähnte ihrer niemals gegen Andere.
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887/49>, abgerufen am 04.07.2024. |