Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

"Segg mal, Fritz," sagte der Gesell, "wat is dat egentlich vör'n Vagel?"

"Das ist ein Dompfaff!" erwiderte Fritz stolz, "er hat Bürgermeisters fünf Thaler gekostet."

Daniel hatte bald seinen Jungen, bald den Vogel mit glücklichen Augen angesehen. "Fritz," sagte er, "wi wüll'n em beholen, tum Andenken an düssen Dag."

So war Alles wieder gut; aber bald geschah in der Schule etwas Merkwürdiges. Der alte Kollaborator, als er wieder seine Stunden hielt, und nun sogar Fritz Basch auch im Lateinischen ein Held wurde, vermochte offenbar die gewohnten kurzweiligen Neckereien der Jungen nicht mehr zu entbehren; ihm fehlte etwas, was zu seinem Leben gehörte; er fing nun selbst an zu necken und wurde bleich und elend bei diesem Frieden, der trotz alledem, als beschworen, nicht gebrochen wurde, so lange Fritz in der Klasse herrschte.



Aber der Dompfaff wollte nicht flöten; er hing oben in der Giebelstube, in welcher Fritz,

„Segg mal, Fritz,“ sagte der Gesell, „wat is dat egentlich vör’n Vågel?“

„Das ist ein Dompfaff!“ erwiderte Fritz stolz, „er hat Bürgermeisters fünf Thaler gekostet.“

Daniel hatte bald seinen Jungen, bald den Vogel mit glücklichen Augen angesehen. „Fritz,“ sagte er, „wi wüll’n em beholen, tum Andenken an düssen Dag.“

So war Alles wieder gut; aber bald geschah in der Schule etwas Merkwürdiges. Der alte Kollaborator, als er wieder seine Stunden hielt, und nun sogar Fritz Basch auch im Lateinischen ein Held wurde, vermochte offenbar die gewohnten kurzweiligen Neckereien der Jungen nicht mehr zu entbehren; ihm fehlte etwas, was zu seinem Leben gehörte; er fing nun selbst an zu necken und wurde bleich und elend bei diesem Frieden, der trotz alledem, als beschworen, nicht gebrochen wurde, so lange Fritz in der Klasse herrschte.



Aber der Dompfaff wollte nicht flöten; er hing oben in der Giebelstube, in welcher Fritz,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0034" n="34"/>
        <p> &#x201E;Segg mal, Fritz,&#x201C; sagte der Gesell, &#x201E;wat is dat egentlich vör&#x2019;n Vågel?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Das ist ein Dompfaff!&#x201C; erwiderte Fritz stolz, &#x201E;er hat Bürgermeisters fünf Thaler gekostet.&#x201C;</p>
        <p>Daniel hatte bald seinen Jungen, bald den Vogel mit glücklichen Augen angesehen. &#x201E;Fritz,&#x201C; sagte er, &#x201E;wi wüll&#x2019;n em beholen, tum Andenken an düssen Dag.&#x201C;</p>
        <p>So war Alles wieder gut; aber bald geschah in der Schule etwas Merkwürdiges. Der alte Kollaborator, als er wieder seine Stunden hielt, und nun sogar Fritz Basch auch im Lateinischen ein Held wurde, vermochte offenbar die gewohnten kurzweiligen Neckereien der Jungen nicht mehr zu entbehren; ihm fehlte etwas, was zu seinem Leben gehörte; er fing nun selbst an zu necken und wurde bleich und elend bei diesem Frieden, der trotz alledem, als beschworen, nicht gebrochen wurde, so lange Fritz in der Klasse herrschte.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Aber der Dompfaff wollte nicht flöten; er hing oben in der Giebelstube, in welcher Fritz,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0034] „Segg mal, Fritz,“ sagte der Gesell, „wat is dat egentlich vör’n Vågel?“ „Das ist ein Dompfaff!“ erwiderte Fritz stolz, „er hat Bürgermeisters fünf Thaler gekostet.“ Daniel hatte bald seinen Jungen, bald den Vogel mit glücklichen Augen angesehen. „Fritz,“ sagte er, „wi wüll’n em beholen, tum Andenken an düssen Dag.“ So war Alles wieder gut; aber bald geschah in der Schule etwas Merkwürdiges. Der alte Kollaborator, als er wieder seine Stunden hielt, und nun sogar Fritz Basch auch im Lateinischen ein Held wurde, vermochte offenbar die gewohnten kurzweiligen Neckereien der Jungen nicht mehr zu entbehren; ihm fehlte etwas, was zu seinem Leben gehörte; er fing nun selbst an zu necken und wurde bleich und elend bei diesem Frieden, der trotz alledem, als beschworen, nicht gebrochen wurde, so lange Fritz in der Klasse herrschte. Aber der Dompfaff wollte nicht flöten; er hing oben in der Giebelstube, in welcher Fritz,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • o über a wird als å dargestellt



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887/34
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Bötjer Basch. Berlin, 1887, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_basch_1887/34>, abgerufen am 21.11.2024.